Angriff auf Moscheen in Neuseeland: Ein junger Imam im Interview
„Wir dürfen Extremisten nicht helfen, Menschen gegeneinander auszuspielen“
Wie Imam Ahmad Popal (29) beim Freitagsgebet über den Anschlag in Neuseeland sprechen will, ohne Salafisten zu bestärken.
Interview von Sophie Aschenbrenner
Ahmad Popal sagt: „Wir müssen solidarisch sein.“
Foto: Jan A. Staiger/SZ
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Bei einem Anschlag auf zwei Moscheen in Neuseeland sind am Freitag mindestens 49 Menschen gestorben. Wie wirkt sich das Attentat auf Muslime in Deutschland aus? Ahmad Popal ist 29 und Imam in einer kleinen muslimischen Gemeinde, die im Münchner Hansahaus betet. Er hat uns erzählt, was er den Gläubigen beim heutigen Freitagsgebet mitgeben möchte.
jetzt: Ahmad, wie geht es dir gerade?
Ahmad Popal: Ich bin aufgewühlt, schockiert und sehr verletzt. Heute früh kam meine Mutter zu mir, sie hatte auf Youtube das Video gesehen, das einer der Täter online gestellt hatte. Ich konnte es nicht glauben und habe sofort den Fernseher eingeschaltet. Es ist schrecklich. Am meisten wird wie nach jedem Anschlag die friedliche Gesellschaft leiden. Die Rechten profitieren.
Inwieweit wird der Anschlag heute in deiner Predigt eine Rolle spielen? Eigentlich hatte ich die Predigt für heute schon vorbereitet. Es sollte um die Rolle der deutschen Sprache bei uns in der Moschee gehen. Jetzt habe ich alles umgeschrieben. Aus den Moscheen muss meiner Meinung nach ein klares Zeichen kommen. Man muss auf den Anschlag eingehen und darauf, was er mit unserer Gesellschaft macht. Das werde ich tun.
Was wirst du den Menschen sagen?
Dass wir uns nicht auseinanderbringen lassen dürfen durch Extremisten. Ich werde über Hass sprechen und darüber, was er mit Menschen macht. Wir müssen solidarisch sein. Die mutmaßlichen Attentäter, von denen ja mindestens einer Australier ist, stehen nicht für die offene und friedliche Gesellschaft in Australien. Im Gegenteil. Wir dürfen den Extremisten nicht helfen, die Menschen gegeneinander auszuspielen. Ihr Ziel ist es, ein Verhältnis von „wir“ und „ihr“ zu schaffen. Aber dieses Verhältnis gibt es nicht in einer gesunden Gesellschaft.
Was denkst du, wie sich der Anschlag auf die Stimmung in der Gemeinde auswirken wird?
Es wird wie immer Menschen geben, die damit sehr sachlich umgehen werden und sagen: Das waren Rechtsradikale, die nicht für die Meinung aller Menschen stehen. Aber auch unter Muslimen gibt es verschiedene Ansichten. Das spielt natürlich in die Hände der Extremisten und der Salafisten, die sagen werden: Seht ihr, die sind alle gegen uns.
Auf Facebook hast du vorhin geschrieben: „An die Rechten: Wir lassen uns nicht verjagen“.
Ja, mir ist es wichtig, auch politisch ein Zeichen zu setzen. Die AfD schweigt ja gerade noch zu dem Thema. Die Rechtspopulisten müssten ganz klar Farbe bekennen und den Anschlag verurteilen, wenn sie wirklich keine rechtsradikalen Tendenzen haben. Das passiert aber nicht. Und, was mich sehr geschockt hat: In Neuseeland wurde Muslimen jetzt geraten, auf keinen Fall in eine Moschee zu gehen. Das tut mir innerlich weh.