Süddeutsche Zeitung

Unsere Kernprodukte

Im Fokus

Partnerangebote

Möchten Sie in unseren Produkten und Services Anzeigen inserieren oder verwalten?

Anzeige inserieren

Möchten Sie unsere Texte nach­drucken, ver­vielfältigen oder öffent­lich zugänglich machen?

Nutzungsrechte erwerben

Aktivisten benennen Straßen nach NSU-Opfern, um rassistische Gewalt sichtbar zu machen

Foto: IL / Facebook

Teile diesen Beitrag mit Anderen:

„Habil-Kılıç-Platz“, „Enver Şimşek-Straße“ oder „İsmail Yaşar-Platz“: Einen Tag vor der Urteilsverkündung im NSU-Prozess haben Aktivisten der „Interventionistischen Linken“ (IL) bis zu 200 Straßen in über 20 Städten nach den Opfern des NSU-Terrors benannt. Dafür überklebten sie hauptsächlich Straßen, die NS-belastete Namen tragen. Die Aktion, die bereits zum wiederholten Mal stattfindet, soll das Ausmaß rassistischer Gewalt sichtbar machen und den Angehörigen der Opfer Respekt erweisen.

Die Aktion der vom Verfassungsschutz als linksextrem eingestuften IL bekam auch auf Social Media große Aufmerksamkeit. Der Pressesprecher der IL, der anonym bleiben möchte und sich zu diesem Zweck „Frank Gerber“ nennt, erklärte gegenüber Watson: „Anfeindungen hat es bisher nicht gegeben. Aber die Menschen reden darüber“. Es sei wichtig, dass die Aktion im Gedächtnis bleibe, um an die NSU-Opfer zu erinnern. Er hofft, dass die Anwohner die Umbenennung bemerken und sich dann mit dem Thema auseinandersetzen.

Laut dpa kritisiert die IL zudem Behörden und Bundesanwaltschaft, die die Aufklärung der Taten des Terrornetzwerks verhindert haben sollen, indem Aussaggenehmigungen für Geheimdienstler fehlten oder Akten geschreddert wurden.

Zwischen den Jahren 2000 und 2007 hatte die Terrorzelle „nationalsozialistischer Untergrund“ (NSU) zehn Morde verübt. Es handelte sich bei den Opfern fast ausschließlich um Menschen mit Migrationshintergrund. Motive für die Taten sollen Fremdenhass und Hass auf den Staat gewesen sein. Am Mittwoch wurde das Urteil gegen Beate Zschäpe verkündet. Sie erhält eine lebenslange Freiheitsstrafe. Ihre Partner Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt hatten sich 2011 das Leben genommen. Kurz darauf wurde Zschäpe gefasst.

Mit dem heutigen Urteil ist der Fall nach fünf Jahren und 437 Verhandlungstagen zumindest auf dem Papier abgeschlossen. Für die IL ist das jedoch nicht genug. Im Interview erklärte der Pressesprecher der IL, dass man nicht sagen könne, das Problem sei damit gelöst, dass Zschäpe ins Gefängnis gehe. „Denn Rechtsterrorismus hat es ja auch nach dem NSU noch weiter gegeben.“

Damit das Ende des NSU-Prozesses nicht auch das Ende der Aufklärung in Bezug auf Rechtsterrorismus und Rassismus ist, haben die Aktivisten der IL für den heutigen Mittwoch und kommenden Samstag Demonstrationen angekündigt.

Einige Städte haben bereits selbst dafür gesorgt, dass die NSU-Opfer nicht in Vergessenheit geraten. Dazu wurden langfristig Straßen nach ihnen benannt. So gibt es in Hamburg-Bahrenfeld unter anderem die Taşköprüstraße. Der Gemüsehändler Süleyman Taşköprü war im Jahr 2001 in seinem Geschäft von Mitgliedern des NSU erschossen worden. In Kassel gibt es den Halitplatz, in Gedenken an den 21-jährigen Halit Yozgat, der 2006 durch Schüsse in seinem Internetcafé starb. Der Platz wurde auf Initiative seines Vaters nach ihm benannt.

mfry

Mehr Politisches:

  • teilen
  • schließen