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AfD instrumentalisiert verhinderte Vergewaltigung

Die Freundinnen Karolina (l.) und Linda forderten die AfD schriftlich auf, ihre Tat nicht weiter für Hetze zu nutzen.
Foto: Privat; Screenshot/Facebook

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Vor einigen Tagen verhinderten zwei junge Frauen eine Vergewaltigung. Der 20-jährigen Linda und ihrer 21-jährigen Freundin Karolina fielen am Bahnhof in Bielefeld merkwürdige Geräusche auf. Daraufhin erblickten sie einen Mann im Gebüsch, der auf einer Frau lag und sie offensichtlich zum Sex zwingen wollte. Die beiden Frauen schubsten den Angreifer von der Frau herunter und riefen die Polizei. Während eine den flüchtenden Täter noch ein Stück weit verfolgte, bis die Polizei ihn festnehmen konnte, kümmerte sich die andere um das Opfer.

Über ihre Heldentat sprachen Linda und Karolina danach mit einigen Medien. „Wir wollten anderen zeigen, dass man immer etwas tun sollte, wenn etwas Schreckliches um einen herum passiert“, sagt Linda jetzt am Telefon. Da ahnten die beiden aber noch nicht, dass sie dadurch zu den „Heldinnen der Woche“ gekürt werden sollten. Und zwar auf der Facebookseite der AfD.

„Es ist nicht in unserem Sinne, die AfD mit unseren Taten für sie werben zu lassen“

„Die haben uns vorher natürlich nicht gefragt“, sagt Linda. „Wir wurden darauf aufmerksam, nachdem uns einige Leute, vor allem Fremde, auf Facebook deswegen angeschrieben hatten.“

Mit dem Post der Partei sind weder Karolina noch Linda einverstanden. Denn er konzentriert sich auf die marokkanische Herkunft des Täters, und ruft Frauen dazu auf, sich vor Asylbewerbern in Acht zu nehmen. „Die wollen damit ja nur gegen Ausländer hetzen. Das unterstützen wir nicht“, sagt Linda. „Das wäre ja auch unlogisch – weil wir selbst beide Migrationshintergrund haben.“

Aus diesem Grund bat die 20-jährige Auszubildende die AfD vor drei Tagen in der Kommentarspalte auf Facebook, den Post über sie und ihre Freundin zu löschen. Sie schreibt darin unter anderem, dass es nicht in ihrem Sinne sei, dass diese Partei mit der Zivilcourage der beiden Werbung mache. 

Screenshot Facebook AfD

Lindas Kommentar stößt bei AfD-Anhängern auf Unverständnis.

Foto: Screenshot/Facebook

Auch viele weitere Kommentare greifen die Bitte der beiden jungen Frauen auf und fordern von der AfD, endlich darauf einzugehen. Der Post ist trotz allem noch immer online (Stand Freitagnachmittag), die AfD ist auf die Forderung der beiden bisher nicht eingangen. Stattdessen wurde Lindas Kommentar verborgen. So konnten zwar Linda und ihre Facebook-Freunde die Forderung noch sehen – allen anderen Besucher der Seite bleibt sie allerdings vorenthalten.

Lindas Kommentar sei aufgrund unzutreffender Unterstellungen verborgen worden

Ein Sprecher der AfD erklärte das jetzt gegenüber damit, dass sie die Identität der beiden Frauen habe schützen wollen. Bei einer von beiden handele es sich außerdem „ausweislich der Interessenbekundungen auf (...) ihrer Facebook-Seite um eine Sympathisantin eines politischen Mitbewerbers“. Zusätzlich sei der Kommentar von Linda aufgrund der „unzutreffenden Unterstellungen“ verborgen worden. Auf die Nachfrage, welche Unterstellungen denn nicht zuträfen, hat die AfD bislang nicht reagiert.

Stattdessen möchte der AfD-Sprecher festhalten, dass die beiden Frauen vom Sachverhalt abgewichen seien und sich selbst in den Vordergrund gestellt hätten. Ein solches Verhalten läge der AfD allerdings fern – also der Partei, die die beiden im Post ausdrücklich als „Heldinnen der Woche“ feiert.

Karolina und Linda haben sich gerade in einem Video zu all dem geäußert. Sie sprechen die AfD darin direkt an und sagen noch einmal, dass sie deren Auftreten auf Facebook nicht gutheißen können und wollen.

Die AfD ist in der Vergangenheit bereits öfter mit dem Vorgehen aufgefallen, die Nationalität von Menschen irrelevanterweise hervorzuheben oder gar Ereignisse auf Social Media in irreführende Kontexte einzuordnen und so für ihre eigenen Zwecke zu nutzen. Das jüngste Beispiel dürfte ein Post der AfD sein, in dem sie den Dreh zu einem Satirevideo als Fake-Propaganda des öffentlich-rechtlichen Fernsehens bezeichnete.

lath

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