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Die Pärchenkolumne. Heute: Im Supermarkt

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Dominic sagt: Meine liebe Freundin gibt sich ja gerne als Rebell. Im Grunde tut Michèle das nur, um nicht als Klassenstreberin erkannt und gepiesackt zu werden, wenn sie sich mal wieder besonders gut auskennt. Besonders gerne mies gelaunt ist Michèle im Supermarkt, ich vermeide es nach Möglichkeit, mich gleichzeitig mit ihr an einem solchen Ort aufzuhalten. Komme ich doch einmal nicht aus, löst sie in mir regelrechte Prüfungsangst aus: Beim ersten Schritt durch die Ladentür heißt es für mich gewissermaßen „Hefte raus, Klassenarbeit!“ oder im Wortlaut: „Na, hast du dir schon überlegt, was du am Wochenende kochst?“ Nein, denke ich mir und ärgere mich, wo doch jetzt klar ist, dass ich mal wieder nicht fehlerfrei einkaufen werde. Währendessen ist Michèle längst traumwandlerisch zwischen den Regalen entschwunden, ich nehme mit dem Einkaufswagen Vorlieb und verschaffe mir in großen, konzentrischen Kreisen erst mal einen Überblick: Wo ich noch Lebensmittel in Kisten sehe, hat Michèle schon wieder Hors d'Oeuvres zusammenklaubt. Besser gesagt, ich kaufe Tomaten und Mozzarella, Michèle gleich Caprese. Hin und wieder prescht sie dann mit lauter Sachen hervor, die den Kühlschrank voll machen, ohne dass etwas zu essen da wäre und platziert sie im Tetrisverfahren neben meine Spaghettischachtel, das Pestoglas und die Milchtüte. Am besten spricht man sie dabei nicht an, denn Michèle jongliert im Kopf ständig mit Zwischensumme samt Haltbarkeitsdaten. Sie findet dabei allerdings noch Zeit, auch noch mir beim Denken zu helfen und fragt Sachen wie „Warum hast du denn nicht die billigere Milch genommen?“ Endlich an der Kasse, ergreife ich dort die Tütenpackerinitiative. Das mache ich tatsächlich gerne, nur leider nicht so effizient wie Michèle, die penibel jede Preisanzeige auf dem Kassenbildschirm kontrolliert und mich deswegen nur von der Seite darauf hinweisen kann, dass der Salatkopf nicht ganz unten rein gehört. Spätestens dann würde ich am liebsten mit dem Salatkopf tauschen und mich ganz tief in der Tüte verkriechen. dominic-holzer

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Michèle sagt: Unter den Top 5 meiner Spießigkeiten rangiert definitiv mein Einkaufsverhalten. Wie eine Ilse Kling schreibe ich mir fein säuberlich einen Einkaufszettel, während ich hektisch durch die Küche tigere, um zu kontrollieren, was ich dringend später in meinen großen Oma-Einkaufskorb packen muss. Um meinen Supermarktausflug zu optimieren, beziehe ich auch ungefähr 500 Newsletter und weiß immer, wann Aldi und Co. italienische Wochen haben oder die Klorollen im Angebot sind. Peinlich ist das, aber jetzt ist es raus. Sind also noch genug Zeilen übrig, um mich über Dominics seltsamen Einkaufsstil auszulassen. Dominic ist ein typischer Jäger, geht also nur dann einkaufen, wenn er Hunger hat und der Kühlschrank leer ist, somit täglich. Dann trabt er los und kapert den nächstbesten Supermarkt. Wo die Urzeitmenschen früher einen Speer brauchten, ist Dominics Waffe heute der Einkaufswagen. Der muss sein, auch wenn der Supermarkt nur vier Quadratmeter groß ist. Damit pirscht er elfengleich durch die Reihen, aber nichts scheint eine zufriedenstellende Beute zu sein, der Wagen bleibt nämlich leer. Mir ist das nach zwei Minuten zu blöd und ich mache mich selbst ans Lebensmittel Zusammenrotten. Spätestens wenn der Turm aus Grundnahrungsmitteln auf meinem Arm zu groß ist, halte ich dann aber doch wieder nach Dominic Ausschau und vor allem nach dem Wagen. Was ein guter Jäger ist, muss sich aber auch gut im Chipsregalunterholz tarnen können und so haste ich verzweifelt suchend durch den blöden Supermarkt. Die Butter und die Milchtüten werden immer schwerer auf meinem Unterarm und mein Puls durchschlägt fast die 200-Schallmauer. Wo ist Dominic? Die Antwort ist eigentlich ganz einfach: dort wo etwas herunterfällt, umgeworfen wird oder Scherben klirren, kann nur mein Tollpatschfreund sein. Beim Lärm angekommen, sehe ich dann nicht die erwartete, erlegte Herde Schafe, sondern Dominic, einen Haufen Dosen, die früher einmal eine schicke Pyramide geformt haben, einen entnervten Verkäufer und den Einkaufswagen. „Lass mich raten, die hast du umgeschmissen.“ „Ja, also eigentlich...so nah war ich gar nicht dran...vielleicht war da ein Windstoß...“ „Dominic, ein Windstoß wirft nicht 150 Dosen Ravioli um.“ „Aber hier ziehts´ echt.“ Weil mein Arm fast abbricht, widme ich mich lieber dem inmitten von einem Dosenmeer stehenden Einkaufswagen und siehe da, was sind Dominics einzige Jagderfolge: eine Maxipackung Milchschnitte und ein Sixpack Bier. Super, das wird ein Abendessen.

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