(Foto: Dirty Pretty Things)
Und das passiert schnell, sehr schnell, nachdem Carl Barat, Anthony Rossamondo, Didz Hammond in schwarzen Lederjacken und Gary Powell mit nacktem Oberkörper die Bühne betreten. Die Jugend tobt, die jungen Mädchen singen jede Zeile der unveröffentlichten Lieder mit, lassen die handgroßen Lederrucksäckchen auf dem Rücken springen und das rückenlange Pferde-Mädchen-Haar herumwirbeln, während die älteren Herren in den hinteren Reihen gefällig auf das Treiben blicken. Die Dirty Pretty Things bestehen ihre Feuerprobe vor den kritischen Augen der alten Fans und den euphorischen Blicken der jungen Mädchen.
Die Band, die aus den Trümmern, in denen Pete Doherty die Libertines hinterlassen hatte, auferstanden ist, hatte von Anfang an mit Skepsis und Abneigung der Libertines-Fans zu kämpfen. Vor allem natürlich, weil die Herzen an Pete Doherty hängen, an diesem gefallenen und gefallenden Helden, an seinem schwankenden Genius und seiner ungesunden Uneinsichtigkeit, die ein gerüttelt Maß an Pathos, Romantik und Scheitern mit sich trägt. Die Band hatte aber auch zu kämpfen, weil Carl Barat, der alte Freund, die undankbare Rolle zu spielen hatte, Doherty zu verstoßen. Dass die Dirty Pretty Things ihre ersten Auftritte weitgehend aus dem Repertoire der Libertines bestritten, war manchem brennenden Fan bereits Verrat.
Nichts davon an diesem Abend. Die Dirty Pretty Things spielen sich einmal durch die Lieder ihres Anfang Mai erscheinenden Albums „Waterloo To Anywhere“: die bald erscheinende Single „Bang, Bang, You’re Dead“ tragen sie ebenso vor wie den weitgehend ähnlich gestrickten, euphorisch-rabiaten Rock’n’Roll namens „Deadwood“, „If You Were Wondering“ oder, bezeichnend, „You Fucking Love It“. Erst in den Zugaben traut sich Barat, der McCartney der Libertines, an alte Stücke heran, allesamt aus seiner Feder.
Später am Abend werden die Dirty Pretty Things im Magnet, einer Berliner Indie-Rock-Institution, aufkreuzen, werden dort die Bühne stürmen und die spielenden The Paddingtons begleiten. Und da steht dann die Liebe zur Musik, die Größe von Freundschaft und all dieser pathetische Mist im Raum, der die Libertines einst ausgezeichnet hat und den anwesenden Fans öffnet ein bißchen das kleine Fan-Herz.
Allein: Wenn die Dirty Pretty Things so auf der Bühne stehen und eins nach dem anderen ihre handwerklich zwar soliden, doch absehbaren Gassenhauer zum Besten geben, wird offenbar, dass dieser Band doch etwas fehlt. Etwas, das sie aus der Menge der umherschwirrenden Rock-Bands herausheben würde, etwas Geniales, Einzigartiges.
Es fehlt: Pete Doherty.
Doch der irrlichtert weiter durch eine andere Welt. Nachzulesen in der Klatschpresse.