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Silicon Valley in Hösbach

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Als Revolution in der Computertechnologie stellte Microsoft zu Beginn der Cebit, die derzeit in Hannover stattfindet, den neuen „Surface-Computer“ vor. Immerhin fünf Jahre hatten sich Forscherteams von Microsoft für die Entwicklung von „Surface“ Zeit genommen – herausgekommen ist ein tischgroßer Bildschirm, auf dem man unter anderem mit mehreren Händen gleichzeitig Bilder verschieben kann, ganz ohne Maus und Tastatur. Zu kaufen gibt es das Gerät im Handel noch nicht. Aber Pascal, 19, hat eines zu Hause stehen. Naja, ein Ähnliches. Er wollte das gleiche Spielzeug haben, das auch Tom Cruise im Film "Minority Report" hat. Herausgekommen ist ein Mehrfinger-Touchscreen, der auf demselben Konzept beruht wie Microsofts „Surface“. Ein Besuch bei Klein-Microsoft in Hösbach. Pascal wächst im beschaulichen Örtchen Johannesberg an der hessisch-bayerischen Grenze auf. Alle drei Monate gibt es für ihn einen Tag, auf den er sich besonders freut, nämlich den Tag, an dem die Anwohner ihren Schrott und ihren Sperrmüll vor die Haustür stellen, um ihn von der Müllabfuhr abholen zu lassen. Pascal schnappt sich dann seinen Rollerwagen und marschiert durch die Straßen. Er erbeutet Monitore, Fernseher und Computer, fährt sie nach Hause und zerlegt sie dort. Mit elf Jahren liest er in der Zeitung, dass die Schüler vom örtlichen Hanns-Seidel-Gymnasium bei Jugend forscht immer sehr gut abschneiden. Deshalb will er auf diese Schule. „Das war sehr ungewöhnlich“, erinnert sich sein Betreuungslehrer Claus-Peter Horn. „Normalerweise treten Eltern an mich heran, mit dem Wunsch, ich solle doch ihre Kinder für Jugend forscht begeistern. Aber Pascal kam von selbst. Mir war sofort klar, dass er etwas Besonderes ist“. An einem Wochenende, Pascal ist gerade in der sechsten Klasse, erklärt Horn ihm die Winkelfunktionen Sinus und Cosinus – eigentlich Stoff der zehnten Klasse. Eine Woche später setzt Pascal das neu erlernte Wissen in einem selbstgeschriebenen Computerprogramm um. Es vergeht kaum ein Tag, an dem Pascal keine neue Ideen hat. Vor allem Roboter faszinieren ihn. 2003 stellt er bei Jugend forscht einen Kaminputzroboter vor. Bei der Präsentation klettert der Roboter allerdings so hoch, dass er vom oberen Rand des Kamins wieder herausfällt – der Abschaltmechanismus ist defekt. Das Gerät kracht auf den Boden, bleibt aber unversehrt. „Wenn Pascal etwas baut, dann hat das eben Hand und Fuß“, sagt Claus-Peter Horn und lacht väterlich. Pascal ist Horn so etwas wie ein Ziehsohn geworden. Er fördert ihn, kann ihm aber nicht immer helfen: Pascal engagiert sich nur für Dinge, die ihm Spaß machen. In der Schule kann er zum Beispiel mit puren Lernfächern nichts anfangen und bleibt in der zehnten Klasse sitzen.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Dafür wird Pascal Regional- und Landessieger bei „Jugend forscht“. Horn ist stolz auf ihn. „Er hat damals ein neuronales Netz entwickelt“, sagt er. Pascal korrigiert ihn im Gespräch im Physiksaal des Gymnasiums: „Eher ein einzelnes Neuron“. Pascal ist bescheiden. „Von Gefühlen wie Stolz“, sagt er etwas umständlich, „nehme ich lieber Abstand“. Das neuronale Netz wurde zum Patent angemeldet. Wissenschaft dient heute nicht mehr nur der Wissenserweiterung. Die Bundesregierung zum Beispiel fördert Wissenschaftler heute besonders gern, wenn sie aus ihren Ideen Produkte machen, die man auch verkaufen kann. Wissen ist ein Rohstoff, der Geld wert sein kann, den man nach Meinung von vielen Politikern verkaufen können muss. Deswegen müssen sich heute auch Wissenschaftler verkaufen können. Das war immer Pascals Schwäche. „Meine Präsentationen bei Jugend forscht sind meistens unterirdisch“, sagt er. Nach einer „Jugend forscht“-Präsentation legt ihm ein Jurymitglied nahe, einen Rhetorikkurs zu besuchen. Pascal besucht einen Kurs. „Präsentieren ist für einen Wissenschaftler leider sehr wichtig“, sagt er und Lehrer Horn nickt eifrig. Er überzeugt Pascal sogar, die orange Stoffhose, die er früher auf Preisverleihungen trug, gegen einen Anzug zu tauschen. Das macht sich besser. Horn gewann mit seinen Schülern zwanzig unterfränkische und sechs bayerische „Jugend forscht“-Titel – er weiß, wovon er spricht. Er ist ehrgeizig und er opfert viel Zeit. „An den Wochenenden reise ich oft wie ein Landarzt von Schüler zu Schüler, um deren Projekte zu betreuen“, sagt er. Wenn seine Schüler gewinnen, gewinnt er immer ein Stück mit. Pascals größtes Werk begeistert Horn besonders. Fasziniert blickt er auf ihn, als der im Physiksaal auf einem Touchscreen mit beiden Händen gleichzeitig Bilder verschiebt, dreht, streckt und staucht. Der Schirm erinnert an das iPhone von Apple, das auch auf Fingerdruck reagiert. Pascal schaltet eine Strömungssimulation ein, die aussieht, als würde ein Fluß über den Bildschirm fließen. Dann stellt er ein Wasserglas auf den Touchscreen - und der virtuelle Fluß weicht dem Wasserglas aus. Die Idee ist nicht neu, aber sie begeistert Forscher auf der ganzen Welt seit über zwanzig Jahren: Bill Buxton, Forscher bei Microsoft Research, berichtet von Multitouch-Projekten, die bis auf das Jahr 1982 zurückgehen. Es folgten weltweit unzählige Versuche, Oberflächen zu schaffen, die Digitales mit den Händen greifbar machen. Der Oberflächen-Computer wird, so heißt es bei Microsoft, die Art ändern, wie wir einkaufen und essen, wir wir uns unterhalten und wie wir leben. Tatsächlich wird es in Zukunft möglich sein, Playlisten auf der Multitouch-Platte zu durchstöbern und Songs per Hand auf einen MP3-Spieler zu ziehen, der auf der Platte liegt. Oberflächen-Computer als Restaurant-Tische könnten leere Weingläser erkennen und zum Wiener Schnitzel den passenden Rotwein vorschlagen. „Das sollte genau so ein Bildschirm werden wie der, vor dem Tom Cruise im Film Minority Report steht“, sagt Pascal über seinen eigenen Multitouch-Screen. „Nur günstiger und für Jeden leicht nachzubauen sollte er sein“. Cruise kann im Film Bilder und Daten mit bloßen Händen auf einem Schirm verschieben. Ein Wunderwerk. Pascal brauchte ein Jahr und 50.000 Programmzeilen, um es nachzubauen: Er kaufte zwei Plexiglasscheiben aus dem Baumarkt, eine Infrarotlichtkamera und einen Beamer. Vereinfacht ausgedrückt erkennt die Infrarotkamera Berührungen auf der oberen Plexiglasscheibe und gibt die Punkte der Berührung an einen Computer weiter. So wird aus den Scheiben ein Werkzeug, mit dem Pascal zum Beispiel Bilder mit beiden Händen gleichzeitig auf dem Touchscreen verschieben kann. „Pascals Projekt klingt sehr interessant“, sagt eine Sprecherin von Microsoft Deutschland zu jetzt.de. Bislang aber hat noch kein Microsoft-Mitarbeiter Pascals Entwicklung zu Gesicht bekommen. Die Möglichkeit hätte das Softwareunternehmen jetzt, denn Pascals Multifinger-Touchscreen wird derzeit am Stand des Bundesministeriums für Bildung und Forschung auf der Cebit ausgestellt. Nur zwei Hallen entfernt vom Microsoft-Stand.

Text: sascha-chaimowicz - Foto: sascha-chaimowicz

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