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Herr Heesters, 103, spendet der Jugend sein Wissen. Ein Ortstermin
Johannes Marius Nicolaas Heesters redet sehr kräftig und laut und so selbstverständlich ist das nicht. Er sitzt auf einer Couch in einer Privatwohnung in München-Schwabing und donnert sein Wissen in die Wohnung, Kameras klicken, ein Moderator nickt beflissen. Die Internetfirma Yahoo macht einen Jahrhundertclub auf, in dem jung und alt sich Fragen stellen, sich Fragen beantworten sollen. Heesters ist Schirmherr. Er wollte mal Priester werden, gestaltete einst Werbeplakate, versuchte sich als Bänker, arbeitete in einer Süßwarenfabrik, wurde Sänger und Schauspieler und alt. Am 5. Dezember feiert Heesters seinen 104. Geburtstag. Er kennt sehr viele Antworten. Auch ohne Internet.
„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.
Sinnierend: Herr Heesters im Sofa. „Herr Heesters, wie werde ich Schauspieler?“ So steht eine Frage auf www.yahoo.de/clever und der Moderator stellt sie noch einmal in den Raum. Heesters donnert: „Leicht ist es nicht, ein Schauspieler zu sein.“ Holländischer Dialekt. „Zum Beispiel, wenn Du keine Lust hast! Das Publikum merkt, wenn Du keine Lust hast! Immer seriös bleiben im Theaterberuf!“ Heesters donnert Ausrufezeichen in die Luft, ein Yahoo-Mitarbeiter hält ein Fragezeichen aus Pappe in die Luft, Symbol der Webseite. Wenn wir alle zusammen helfen, dann wissen wir alles, was man wissen kann. Das ist das Versprechen von Wikipedia, das ist im Grunde auch das Yahoo-Versprechen. Du stellst eine Frage und es sind irgendwann genug Leute eingeloggt, dass eine Sinn gebende Antwort zu erwarten ist. Dieses Prinzip adelt den Einzelnen, egal mit welcher Ausbildung, dieses Prinzip adelt das Erfahrungswissen, wie tauglich es auch immer sein mag. Vielleicht ist eine Frage-Antwort-Seite deshalb auch so attraktiv: Sie steigert die eigene Bedeutung. Da steht zum Beispiel ein Buchhändler neben Johannes Heesters` Sofa, der schon 8.000 Antworten gegeben hat. Nicht schlecht. Aber er wirkt ein wenig blass um die Nase. „Herr Heesters, wie hält man sich fit?“ Fragen der Moderator und die Webseite und Herr Heesters verweist auf seine beiden Fitnessstudio-Besuche je Woche und sagt: „Danach fühlt man sich glücklich und gesund.“ Nicht jede Antwort ist eine Bereicherung und auch nicht jede Frage. Aber aus Heesters Mund ist sie charmant, weil sie dem Mund eines Orakels entkommt. Er symbolisiert eine heute antiquierte Vorstellung von Wissen. Wissen, das sich ganz automatisch in den Hirnen von Menschen ballt, die sehr lange gelebt haben. Die Erfahrungswissen gesammelt haben. Herr Heesters hat bald 104 Jahre gelebt und weißes Haar. Er besteht eigentlich nur noch aus Antworten.
„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.
Generationenteam: Antworter Heesters mit Computer, Frau und jungen Fragern. Im "Generationenclub" auf der Webseite fragt „Nick“ nach guten Hausmitteln gegen eine sich anbahnende Grippe. In den Antworten ist von Zink, Vitamin C oder Meditonsin die Rede. Johannes Heesters gibt zu Protokoll: „Wenn die Erkältung naht, braut man sich einen Grog aus Whiskey, Honig und Zitrone!“ Einen Moment lang muss man beim Anblick Johannes Heesters` an Peter Lustig denken. Der wirkte nie so, als sei er ein großer Freund des Fernsehens. Am Ende seiner Sendungen forderte er notorisch zum Abschalten auf. Zum Rausgehen. Zum selber Wissen erfahren. Heesters hat das sein ganzes Leben gemacht. Und scheinbar keinen Computer dafür gebraucht. „Meine Frau arbeitet jeden Tag an diesem ... wie heißt das Ding?“ Und dann assistiert seine Frau und sagt „Computer“.
„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.
Wollen nichts wissen, nur Bilder: Heesters mit Fotografen.
Yahoo handelt auf der Frage-Antwort-Seite recht viel mit Erfahrungswissen. Das muss man aber erst mal einsammeln, dort draußen, im Leben. Vielleicht lässt sich Herrn Heesters` Schirmherrschaft auch als Aufforderung interpretieren:
Ausloggen! Raus gehen!
Text: peter-wagner - Fotos: pw