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Zehn Minuten wüste Beschimpfungen: Ein MeinProf.de-Macher erzählt

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Auf die Idee mit MeinProf.de kamen wir, als ein Kommilitone in den USA die Seite "RateMyProfessors.com" entdeckte. Wir dachten, so ein Angebot fehle in Deutschland noch und wir könnten dadurch auch Aufmerksamkeit für unsere studentische IT-Beratung Juniter wecken. Wir haben sehr schnell begonnen, unsere Idee umzusetzen und nach ein paar Wochen eine erste Version der Seite online gestellt. Erst später haben wir entdeckt, dass schon vorher versucht worden ist, eine ähnliche Plattform in Deutschland aufzubauen. Die Versuche sind aber alle so gut wie gescheitert, bis heute stehen dort nur 50 Bewertungen. Auf MeinProf.de wurden inzwischen über 140.000 Bewertungen zu etwa 40.000 Lehrveranstaltungen abgegeben.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Uns war von Anfang an klar, dass das Projekt entweder floppt oder total durchstartet. Bei den Studenten ist es durchgestartet, nur bei dem einen oder anderen Professor nicht. Dann gibt es Ärger. Heute vormittag zum Beispiel hat sich zum ersten Mal ein Professor persönlich bei uns gemeldet. Er hat ungefähr zehn Minuten lang wüste Beschimpfungen auf unseren Anrufbeantworter gebrüllt. Als wir dann auf der Website nachschauten, welche Noten er bekommen hat, stellte sich heraus, dass er nur drei Bewertungen hatte: Zwei Einser und eine Zwei. Wir haben auch schon Beschwerden von Profs erhalten, die nicht mal bei MeinProf.de registriert sind. Manche lassen direkt eine Unterlassungserklärung von ihrem Anwalt schicken. Sowas unterschreiben wir nie, wir löschen nur den jeweiligen Dozenten. Es ist kurios, dass die meisten der wütenden Professoren uns vorwerfen, ihre Bewertung könne von fremden Leuten gefälscht werden. Dabei haben wir schon über zwanzig Profs erwischt, die sich unter verschiedenen Accounts einloggten und sich selbst Einser gaben. Dabei haben sie aber immer dieselbe Emailadresse angegeben – den Mailaccount ihrer Fakultät mit ihrem eigenen Namen. Anhand der IP-Adresse haben wir auch entdeckt, dass viele Dozenten ihre Mitarbeiter beauftragen, sie zu benoten. Bei fast 1000 neuen Bewertungen pro Tag können wir natürlich nicht alles überprüfen. Oft kommen aber Hinweise aus der Community. Zum Beispiel, wenn es den Studenten verdächtig vorkommt, dass die Kommentare über eine Vorlesung genau nach der Wortwahl des jeweiligen Profs klingen. Bei genauerer Überprüfung stellt sich dann oft heraus, dass der Dozent sich da selbst kommentiert und seine Vorlesung lobt. Von der FH München kamen zuerst Beschwerdebriefe und später die Bitte, die FH doch wieder in die Bewertungen zu nehmen. Die Dozenten der Fachhochschule München haben uns alle den gleichen Beschwerdebrief geschickt. Der Musterbrief wurde an der Hochschule an alle Professoren verteilt. In dem Schreiben drohen die Profs mit einer einstweiligen Verfügung. Nachdem ein Dozent mit einem "ö" im Namen nach dem Löschen von Usern mit "oe" wieder neu eingetragen wurde, kündigte er wütend harte rechtliche Konsequenzen an. Weil wir uns aber einen Rechtsstreit nicht leisten können, haben wir die gesamte FH München aus der Datenbank gelöscht. Das wiederum löste einen Proteststurm von Studenten aus, die Presse berichtete groß darüber. Und siehe da: Kurz darauf bat uns die Leitung der FH München, sie wieder auf die Seite aufzunehmen. Es seien nicht alle Profs gegen die Bewertung und man fürchte jetzt um den Ruf der Hochschule. Deshalb ist die FH inzwischen wieder online. Ein Bremer Medienjurist hat ein Gutachten über unsere Seite erstellt, das zu dem Ergebnis kommt, dass MeinProf.de rechtlich in Ordnung ist. Einerseits schützt uns, solange niemand beleidigt wird, das Recht auf freie Meinungsäußerung. Andererseits wird von Seiten der Profs mit dem Datenschutz argumentiert. Das stimmt teilweise auch: Man darf nicht ohne persönliche Einwilligung einer Person Daten über sie veröffentlichen. Wenn die Daten aber aus einer frei zugänglichen Quelle gewonnen werden können, zum Beispiel aus einem Vorlesungsverzeichnis, ist die Veröffentlichung der Daten erlaubt. Außerdem werden die Dozenten auf unserer Website ja nicht als Privatperson bewertet und kritisiert, sondern ausschließlich in ihrer Funktion als Beamte. Deshalb überwiegt juristisch das Recht auf Meinungsäußerung gegenüber den Persönlichkeitsrechten der Professoren. Die Datenschutzbehörde untersucht den Fall gerade. Das Urteil kommt bald. Rechtlich stehen wir zwar auf der sicheren Seite, aber es ist trotzdem möglich, dass wir nach dem Urteil bestimmte Dinge ändern müssen. Vielleicht werden wir einen Datenschutzbeauftragten für die Seite anstellen müssen. Das wäre kein großes Problem. Viel schlimmer wäre es, wenn wir die Website so programmieren müssten, dass nur ein Student des jeweiligen Kurses die Bewertungen einsehen kann. Das würde die Benotung sinnlos machen, genau wie wenn man nur die Bewertungen der eigenen Uni anschauen dürfte. Denn genau darin liegt der Reiz der bisherigen Website: Dass man sich vor der Entscheidung für eine bestimmte Uni oder einen bestimmten Kurs die Bewertungen der jeweiligen Dozenten angucken kann. Für den Fall, dass uns von der Datenschutzbehörde solche tiefgreifenden Änderungen auferlegt werden, haben wir schon einen Plan: Wir schalten die Seite einfach eine Woche ab. Das wird die Studenten so aufheizen und einen solchen Medienrummel verursachen, dass der Fall noch mal ausgerollt wird. Besonders dreist ist übrigens der Hochschullehrerbund (HLB) gegen uns vorgegangen. Dort hatte man einen Anwalt engagiert, der zu dem Ergebnis kam, dass MeinProf.de zulässig ist. Nach diesem Gutachten aber schickte der HLB eine Mail an alle Professoren, in der erklärt wurde, dass MeinProf.de im Recht ist. Im Anhang der Mail befand sich auch das Gutachten des Anwalts. Jedoch: Für alle, die sich dennoch aus der Datenbank löschen lassen wollen, war ein Musterbeschwerdebrief angehängt. Darin wird auf den Schutz der Persönlichkeit gepocht, der, wie im Gutachten in der selben Mail erwiesen, in diesem Fall gar nicht greift. Viele Dozenten machen Werbung für meinprof.de Inzwischen haben wir ungefähr 300 Profs aus der Liste entfernt – das sind zwar nur 1,2 Prozent aller benoteten Dozenten, aber es ist schade um jeden, der nicht bewertet wird. Vor allem, weil die meisten gelöschten Profs diejenigen sind, die sehr schlechte Noten für ihren Unterricht bekommen. So vehement sich manche Dozenten gegen uns wehren und so frech die Fälschungsversuche mancher Professoren auch sind: Der Großteil der Hochschullehrer findet MeinProf.de gut. Viele Dozenten machen inzwischen auf ihren Homepages Werbung für uns. Ein Dekan war besonders begeistert und hat vorgeschlagen, MeinProf.de für die Dozentenevaluation seiner Fakultät zu übernehmen. Die Evaluation ist ja eigentlich Pflicht, aber die Ergebnisse werden meist nicht veröffentlicht und können sehr leicht manipuliert werden. Deshalb hat er die Studenten seiner Fakultät aufgefordert, zu MeinProf.de zu gehen und dort die Dozenten zu bewerten. Das ist auch unser großes Ziel: Irgendwann soll die gesamte Lehrevaluation offiziell auf MeinProf.de stattfinden. Das Problem mit den Fremdbewertern werden wir bald in den Griff bekomen. Zum Beispiel könnte jeder Prof eine bestimme Anzahl an Passwörtern bekommen, die er an seine Studenten ausgibt. Nur mit dem Passwort könnte man dann die Vorlesung bewerten. Dass der Großteil der bewerteten Veranstaltungen aus technischen Fächern, aber kaum aus den Geisteswissenschaften kommt, liegt wahrscheinlich daran, dass die Seite nur im Internet über verschiedene Blogs promotet wurde. Das Medium Internet spricht wohl im Schnitt eher Studenten von technischen Fächern an. Das wird sich aber hoffentlich bald ändern: Demnächst wird es an den Unis Flyer und Werbeplakate für MeinProf.de geben. Protokoll: Jan Stremmel; Illustration: Hanna Fiegenbaum

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