- • Startseite
- • O-Ton
-
•
Was darf Satire?
Robert Gernhardt im Interview auf tagesschau.de. Eine einzige Grenze (bei der Satire) gibt es da, wo ich mich nicht auskenne. Ich wäre deshalb nie auf die Idee gekommen, eine Mohammed-Karikatur zu zeichnen, oder Witze über den jüdischen Gott zu machen. Aber den "Stasi-Gott" meiner Kindheit, der alles sieht und nichts verzeiht, habe ich immer wieder bearbeitet. Unter anderem mit dem Gebet "Lieber Gott, nimm es hin, dass ich was Besonderes bin". Bei uns gab es in den 20er Jahren ein Reichsgerichtsurteil, das die Sache gut auf den Punkt bringt. Es besagt: Die Satire hat eine gewisse Sonderrolle. Sie darf übertreiben, denn der Käufer eines satirischen Produkts weiß, worauf er sich einlässt. Mittels einer gewissen Intelligenzleistung kann er die Übertreibung der Satire erkennen und zum Kern der Darstellung vorstoßen. Zu dieser Leistung sind aber die Muslims, die sich jetzt so schrecklich aufregen, offenbar nicht fähig. Harald Schmidt im Interview mit der taz, 8.2. Können Sie uns einen schönen Islamwitz erzählen? Nein. Davon lasse ich die Finger. Das ist mir zu heikel. Auch wenn Sie selbst keine solchen Witze machen – würden Sie wenigstens sagen, dass man solche Witze machen dürfen muss? Aus dieser Diskussion halte ich mich vollkommen raus, weil ich mir nicht ein Problem auf den Tisch ziehen möchte, das ich zum Glück nicht habe. Kann man denn sagen, dass es diese Karikaturen geben dürfen muss – auch ohne sie abzudrucken? Das ist Filigran-Analyse. Die nutzt Ihnen nichts, wenn Sie Leute gegen sich aufgebracht haben, von denen Sie vorher noch gar nicht wussten, dass es die gibt. Sie diskutieren auf Salon-Niveau. Wir reden hier aber von der Möglichkeit: Kawumm neben der Küche. Deswegen sage ich auch: Vorsicht mit glorreichen Selbsteinschätzungen. Frank-Walter Steinmeier im Interview mit dem Deutschlandfunk, 5.2. Wir müssen darauf bestehen, dass der grundrechtlich geschützte Raum von Meinungsfreiheit, Kunstfreiheit auch hier gewährleistet bleibt. Aber man vergibt sich nichts, daneben zu sagen, dass Karikaturen wie diese natürlich wenig Rücksicht nehmen auf die religiöse Vorstellung in der islamischen Welt und sicherlich ihren Beitrag dazu leisten, in einer Situation, in der nach Instrumentalisierung auch gesucht wird, als ein solches Instrument nutzbar gemacht zu werden. Trotzdem, man darf nicht versuchen, sich selbst zurück zu nehmen und zu sagen, deshalb darf Berichterstattung, darf Satire, darf Karikatur nicht sein, sondern mein Anspruch ist es, dafür einzutreten, dass wir uns wieder verständlich machen, dass dies zur Konstituierung der westlichen Demokratie gehört und wir uns auch in der islamischen Welt wieder verständlich machen. Friedrich Küppersbusch in der taz, 6.2. Der wohlfeile Gratismut mancher Nachdrucker ödet mich an. Er folgt der alten Melodie "Skandal! Immer mehr nackte Weiber in den Zeitungen! Sehen Sie dazu unsere Fotostrecke von Seite 2-143!" Man nehme den Generalverdacht des Westens gegen alles Muslimische seit dem 11. 9., die Pariarolle der Türkei gegenüber der EU, den völkerrechtswidrigen Irakkrieg mit dänischer Beteiligung - dann reicht schon wenig, um dumme Menschen froh zu machen. Der iranische Spitzenkomiker Ahmadinedschad hat ja neulich auch sehr lustig den Holocaust geleugnet. Auf beiden Seiten finden sich Kampfdeppen, die lustvoll und mit dem Furor gottgeschenkten Heldenmuts vor allem sich selbst erhöhen wollen. Seriöse Satiriker und erfahrene Gotteslästerer wissen: Es ist ein schmutziger Job, aber einer muss es machen. Auch wenn die Mode durch und die nächste Sau im Dorf sein wird. Bestrafung wäre also durchaus nur in Betracht zu ziehen, da die in Rede stehenden Zeichnungen wirklich null lustig sind. Gerhard Haderer, Karikaturist im Interview mit der Deutsche Welle, 7.2. Meiner Meinung nach geht es darum, religiöse Gefühle zu respektieren, dazu habe ich mich immer bekannt. Seit 20 Jahren zeichne ich in dieser Auffassung. Was ich aber nicht akzeptieren und auch nicht verstehen kann, ist der Griff der Religionsgemeinschaften nach der Staatsmacht. In meinem Fall wurde eine Verurteilung zu sechs Monaten Haft ausgesprochen - und das muss man sich im 21. Jahrhundert wirklich auf der Zunge zergehen lassen. Für mich ändert sich überhaupt nichts. Es kann sich nichts ändern. Ich kann auf 20 Jahre zurückblicken und sagen, dass immer dann, wenn sich Menschen ganz besonders absurd benehmen - egal, aus welchem Anlass - dies ein Thema für die Karikaturisten ist. Dass es zwischen den extremen Randgruppen einen großen Bereich derer gibt, die die aktuellen Ereignisse (so wie auch in meinem Fall vor wenigen Jahren) mit Kopfschütteln kommentieren, das muss man verstehen. Aber man muss sich darum kümmern, dass die Randgruppen wieder miteinander kommunizieren. DJV-Vorsitzender Michael Konken im Interview Deutschlandfunk, 3.2. Wenn wir diese Karikaturen so gebracht hätten, wie sie in Dänemark gebracht worden sind, dann wäre das mit dem Pressekodex, mit dem deutschen Pressekodex, nicht vereinbar gewesen, weil wir hier an eine Grenze der Ehrverletzung stoßen, die das religiöse Empfinden der Moslems beeinträchtigt, und insofern wäre das, glaube ich, auch nach deutschem Presserecht nicht zulässig gewesen. Der österreichische Karikaturist Manfred Deix im Interview mit der ZEIT, 9.2. Mir war ja Mohammed immer egal. Aber er kriegt langsam die Übermacht über mich. Er entscheidet, was ich zeichnen darf. Hallo! Aufwachen! Islamisten wollen nun den Krieg gegen Dänemark! Und die Botschafter arabischer Staaten fordern die harte Bestrafung von Zeichnern! Ein dänischer Karikaturist lebt nun im Untergrund, er hat die Haare gefärbt, und seine Mutter weiß nicht mehr, wie er heißt. Die Islamisten sagen: »He, Deix, ich muss dir den Bleistift zerbrechen!« Ich sage: »Nein, Burli, das darfst du nicht. Lass mich in Ruhe!« Wenn ich heute zeichnen würde, was ich will, würde ich mit einem Kopfschuss verbluten. Es ist ärgerlich, das zu bemerken. Mehr zum Thema: Im Ressort „Macht“ gibt es ein Interview zum Thema "Kampf der Kulturen" außerdem ein Porträt des Königreichs Dänemark