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Neuseeeland in 14 Tagen. Heute: Nur heiße Luft
Tag 8
„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.
Ein artiges Propellerflugzeug bringt uns von Nelson wieder zurück nach Auckland, dem Ausgangspunkt unserer Reise. Zwischen Wellington und Auckland herrscht übrigens ein schwelendes Streitchen darum, wer toller ist. Auckland ist größer und eleganter, Wellington Hauptstadt und netter. Zwischen Neuseeland und Australien gibt es so ungefähr den gleichen Streit. Wir scheren uns nicht darum, steigen wieder ins Mietauto und haben heute ein Ziel mit sehr schönem Namen: Coromandel Peninsula! Diese Halbinsel liegt nur eine Stunde von Auckland weg und soll trotzdem von gepriesener Schönheit sein. Der Weg dorthin führt zur Abwechslung nicht über kurvige Bergstraßen, sondern schnurgerade durch Farmland, so dass wir „in Texas sein“ spielen. Wird aber auch schnell langweilig. Nach einer Stunde kommt das Städtchen Te Aroha, in dem es heiße Quellen gibt und den einzigen Geysir Neuseelands. Weil wir nicht sicher wissen, ob wir's an diesem Tag noch nach Island schaffen, wollen wir den natürlich sehen. Im Reiseführer steht etwas von drei Meter Spritzhöhe, was uns ganz manierlich vorkommt. Wir sind die einzigen die vor dem einbetonierten Becken des Geysirs eine halbe Stunde bis zum nächsten Ausbruch warten. Überall stehen tolle Warnschilder mit „Caution! Hot Water!“ und unsere Spannung wächst hoch wie der Münchner Obelisk. Dann, ein Spotzen, ein Gurgeln aus der Tiefe, ein Rauschen und Sprudeln und pfft, da spritzt was. Etwas sehr kleines. Wir geben unseren Sicherheitsabstand auf und gehen näher ran. Ein Strählchen gockelt vor sich hin, nicht höher als ein Springbrunnen für Bienen. „Kommt noch!“ schreien wir und „Gleich geht’s los!“ Wir warten zehn Minuten, dann versiegt auch das letzte Rülpsen wieder. Der Peak war bei 20 Zentimetern erreicht. Am Parkplatz sagt uns eine alte Frau, ihr Geysir wäre auch nicht mehr das, was er früher mal war, und schüttelt traurig den Kopf. Tsss, diese Erde - lässt’s einfach schleifen.
„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.
Bitte treten Sie nicht auf den Geysir! Unser Zielort auf Coromandel ist Hahei, ein nettes kleines Stranddorf wie man es haben will: Am Strand stehen hübsche Surfer, eine Tankstelle verkauft kaltes Bier und Angelköder und der Rest ist friedlich verschlafen. In unserer Unterkunft wartet am Eingang eine Tonne voll mit Spaten. Das rührt daher, dass es wenige Kilometer von hier eine Top-Touristenattraktion gibt, die auch wieder mit heißem Wasser zu tun hat: der fast weltberühmte „Hot Water Beach“. Die Reiseführer widmen ihm Extrakapitel und die Backpacker meiden ihn, weil „da alle hingehen“. Wir gehen natürlich auch hin, bewaffnet mit Strandspaten und Strandhandtüchern. Die Sache soll so funktionieren: An einer gewissen Stelle an einem bestimmten Strand, gibt es zu einem bestimmten Stand der Ebbe warmes Wasser zu finden. Dort gräbt man mit dem Spaten Löcher und setzt sich dann in den eigenen kleinen Pool. Soweit die Theorie, klingt das nicht nett und romantisch?
„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.
Max Scharnigg gräbt ein Loch ins Meer, um sich anschließend warm reinzusetzen.
In echt stehen wir, auf Geheiß unseres Hoteldirektors, gegen sechs Uhr abends vor einem wildtosenden Pazifik und sind etwas verzagt. Wo jetzt graben? Die nähere Umgebung ist bevölkert von Menschen, die mit Schaufeln kniehoch im Wasser stehen und ihre Zehen in den Sand bohren - ob es da warm ist? Gegenseitig brüllt man sich an: "Ist es bei dir warm?" "Nö!" Bald wird klar, dass alle möglichen Nationalitäten hier auf der Suche nach warmem Wasser sind, nur keine Neuseeländer. Und niemand, der es vielleicht schon mal erlebt hätte. Manche graben aus Verzweiflung auch auf der Wiese hinterm Parkplatz, andere beginnen waghalsige Tauchaktionen, um dann prustend aufzutauchen und zu rufen: „Ich glaub, hier war es grade ein bisschen wärmer!“
Es wird dann auch schnell dunkel. Ich grabe wie ein Angeber-Maulwurf alle drei Meter ein Loch, das Fräulein bohrt ihre schönen Zehen gewissenhaft in den kalten Sand. Nichts! Auch von Ebbe keine Spur, das Meer wird immer wilder und jedes gegrabene Loch wird von der nächsten Welle wieder überschwemmt. Zwischendurch denke ich kurz, dass das jetzt vielleicht das Seltsamste ist, was ich je gemacht habe. Schließlich ist es ganz dunkel, wir hören nur noch wie andere Schaufelträger zwischen Klippe und Düne herumirren und „Hot Water“ wimmern. Wir gehen. In unserem Zimmer kommt heißes Wasser aus der Dusche, und zwar sofort und ohne Spaten. Manchmal haben Backpacker eben doch recht.
Text: max-scharnigg - Fotos: Julia Strauß