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Neuseeeland in 14 Tagen. Heute: Auf Pferden Beatles hören

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Tag 6.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Die Nacht im Backpacker-Palast ging ganz manierlich rum. Beim Blick aus dem Fenster gibt es am nächsten Morgen erstens: schönes Wetter, und zweitens: baumelnde Unterhosen an der Gemeinschaftswäscheleine zu sehen. Als ich dann mit der dicken Tasche aus der sehr engen Zimmertür rumple, sitzen direkt davor zwei chilenische Damen auf dem Boden und machen…nichts. Sie rollen sich aber immerhin chilenisch zur Seite und geben den Gang frei - der Tag kann endlich super werden. Mit einem etwas asthmatischen Ford kurven wir nach Golden Bay, lassen die Fenster runter und hören Beatles, die kommen hier sehr oft im Radio. Als ich einen Taxifahrer deswegen mal fragte, ob sie die Beatles hier gerade erst entdeckt hätten, tat der so, als hätte er mein Englisch nicht verstanden. Das kann freilich auch gut sein - auf dem Flug hat mir eine Stewardess zum Frühstück statt der bestellten Bloody Mary eine Diät-Fanta eingeschenkt und behauptet, sie hätte genau das verstanden. Nun, die Beatles passen in das Gebiet der Golden Bay, hier gibt es lange Retro-Sandstrände, goldige Dörfer mit vielen Aussteigern und den berühmten Abel Tasman Nationalpark. Abel Tasman war ein Holländer, der Neuseeland noch vor James Cook anschiffte. Er ist aber damals gar nicht ausgestiegen, weil ein paar seiner Matrosen schon im Wasser von den Maori zermatscht wurden, daraufhin hat sich Herr Tasman nicht mehr getraut und ist wieder heim. Er gilt deswegen nicht richtig als der Oberentdecker hier, aber kommt einem trotzdem immer wieder über den Weg. Die Superliste navigiert uns auf eine Ranch mit echten Pferden, kurz bevor die Straße ganz aufhört. Wir sollen hier reiten, das wussten wir schon. Ich dachte, es wird wie im Tierpark Hellabrunn als Fünfjähriger: Schön Pony im Kreis, bis man pinkeln muss. Tatsächlich stehen aber sehr große Pferde und schauen mich doof an und Don, ein kurzer Cowboy, komplimentiert uns gleich hinauf. Da auch das Fräulein eines von den wenigen ist, die Pferde nur aus Westernfilmen kennen, haben wir relativ bald hübsch Angst. Schließlich sollen wir einen amtlichen Berg erklimmen, Don hatte so was angedeutet.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Bitte achten Sie nur auf die Landschaft! Der Mensch auf dem Pferd im Vordergrund erlag nämlich gleich mehreren Irrtümern. Erstens dachte er, der weiße Reithelm wäre irgendwie lässiger, als die schwarzen Kappen. Zweitens ging er davon aus, dass er wie alle anderen Menschen auch auf einem Pferd irgendwie automatisch flott aussieht. Und drittens war er sicher, nie ein peinliches Bild von sich ins Internet laden zu müssen - macht es nun aber doch, wg. Dokumentationspflicht. Zum Glück bewegen sich die Tiere erstmal von alleine, hinter Don her. Es wackelt genau so, wie ich es mir auf einem Kamel vorgestellt habe. Weil ich den Namen meines Pferdes nach der Vorstellung gleich wieder vergessen habe (das geht mir bei Menschen auch so), ist unsere Kommunikation von Anfang an gestört. Don doziert von seinem Ross herab die Grundzüge des Reitens: "Be the master! The horse is a creature! Kick it hard! " Letzteres wiederholt er unablässig, weil unsere Gäule nur müde schlappen. Wir kicken uns also die Kicken wund, aber nichts tut sich - die Pferde haben längst auf Standby geschaltet. Zumindest bis wir eine Schafweide queren, da ist es dann auf einmal so, als hätte jemand am Pferdehintern einen Außenbordmotor angestellt – ich fliege über die Weide, die Schafe gucken und ich zähle die Sekunden, die ich mich noch halten kann, von fünf runter. Bei eins bleibt das Pferd wieder stehen, mit einer richtigen Quietsch-Bremsung. „Das war Trab.“, sagt Don und weist sämtliche Klagen zurück. Es wird dann noch ein sehr schöner Ausflug, die Pferde tragen uns schwitzend auf eine Bergkuppe und von dort oben zeigt sich das Panorama des Monats: Farewell Spit, eine kilometerlange Sandzunge, die auf der einen Seite ins Meer und auf der anderen nahtlos in grüne Hügel übergeht. Der Rückweg ist lang und beschwerlich, der prophezeite Muskelkater setzt schon vor dem Absteigen ein und alles riecht nach Pferd. Wir freuen uns trotzdem – wieder etwas, das wir noch nie gemacht haben. Jetzt fehlt uns auf der ewigen To-Do-Liste eigentlich nur noch: Die abgezogene Haut eines schädlichen Beuteltiers anfassen. So ein Zufall, dass das für morgen auf dem Plan steht.

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