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Neuseeeland in 14 Tagen. Heute: Abschiedsabend mit Toilettensex
Tag 9.
„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.
Also, ein paar Tage haben wir die Superliste jetzt auf dem Küchenschrank unseres Dschungelhäuschens in Hahei liegen gelassen. Pause. Uns selbst haben wir dafür an den Strand gelegt, ich habe dort enorme Talente in der Wellenreit-Häschenschule offenbart und wir hatten endlich eine eigene Küche, um dort die riesigen Steaks zu braten, die es hier an jedem Kiosk gibt. Schweinefleisch ist in Neuseeland übrigens eher Luxus, Rindfleisch sehr günstig – genau umgekehrt wie in Deutschland, äh, wegen der südlichen Hemisphäre? Quatsch. Die mögen hier nur nicht so gern das Geräusch "Grunzen". Wegen der Hemisphäre und der ganzen Kopfstand-Geographie geht hier aber die Sonne falschrum auf und unter, was uns irgendwie erst jetzt so richtig aufgefallen ist. Genau wie der erstaunliche Sternenhimmel, der sich zwar allen Fotografierversuchen scheu entzieht, trotzdem ganz vorzüglich funkelt. Es ist, als wäre man nachts in die Svarowski-Welt eingebrochen. Leider rückt unser Abflug schon wieder näher, das ist doppelt gemein. Erstens weil es so schön ist und zweitens ist die Aussicht auf 26 Stunden Heimflug mit dreimal Umsteigen etwa so verlockend wie die Aussicht, gleich eine Bratpfanne mit sattem „Doing“ auf den Kopf zu kriegen. Immerhin gibt es bei Emirates aber ein TV-Unterhaltungsprogramm, mit dem man auch zum Mond fliegen könnte – zumindest, wenn es Wirbelsäulen zum Auswechseln geben würde. Für den letzten Tag, den wir wieder in Auckland verbringen, hat sich die Superliste noch etwas ganz besonderes ausgedacht: Wir gehen an Bord der Pride Of Auckland! Ja, meine Damen und Herren, das ist ein Segelboot. Es kreuzt jeden Abend vor der Stadt auf und ab und dann gibt es dabei noch was zu essen. Die ganze Reise überlegen wir schon, wie dieser Ausflug wird - Referenz ist natürlich das Traumschiff-Abschlussdinner mit Eisbombe und Wunderkerzeneinmarsch! Das Fräulein wollte sich zwischenzeitlich dafür neu einkleiden, ich hatte extra schon zu Hause die lässige Obermaat-Mütze und die braungebrannten Barfüsse eingepackt, mit denen ich gut auf dem Teakholzdeck sitzen könnte.
„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.
Vor Ort am Hafen dann ist es schon irgendwie weniger feierlich - mit uns warten drei komische Paare und eine japanische Kleinfamilie auf das Boot, das unfein knatternd einfährt. Die Paare zipfen schon am Ufer nervig verliebt herum, die Frauen tragen dazu Stilettos, die Männer Türsteher-Unterhemden oder Schlägervisagen. Leider ist kein Wind. Deswegen knattern wir mit den Verlobungskandidaten und den Japanern im mäßig romantischen Benzinnebel des Außenborders durch Aucklands Hafenstraßen und schießen sehr viele verwackelte Fotos der hübschen Skyline.
„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.
Dann wird es kalt. Dann bestellen die Paare beim Käpt’n Weinflaschen und trinken sie sofort aus. Dann küssen sie sich weinbefeuert, während wir frieren und versuchen woanders hinzuschauen, ist aber ja nur ein Segelboot. Endlich sucht der Käpt’n im Volldunkel einen Ankerplatz, während seine Matrosin die Mikrowelle anwirft. Wir dürfen in die Kajüte und kriegen einen aufgewärmten Lachs. Unter unserem Tisch liegt ein Paar alter Schuhe. In meinem Plastik-Trinkbecher ist ein Loch, aus dem es richtig stark rauspieselt. Der Käpt’n spült direkt neben uns das Geschirr ab und pfeift. Eine der betrunkenen Verlobten fällt durch die Kajütentür drei Stufen runter und bleibt erstmal liegen. Später gibt es Nachtisch aus dem Becher, im Radio läuft Rock. Die Paare sind’s aber zufrieden, was die japanische Familie denkt, wissen wir nicht. Es geht heim, leider immer noch ohne Wind. Segeln soll ja sehr schön sein. Der eine Türsteher-Typ besucht nach dem Essen die sehr kleine Segelboot-Toilette. Nach zwei Minuten geht seine sehr betrunkene Verlobte hinterher. Sie sind jetzt beide auf der kleinen Segelboot-Toilette. Drumherum sitzen wir alle und wollen an was anderes denken. Nach zwanzig Minuten laufen wir im Hafen ein, die Beiden sind immer noch nicht wieder aufgetaucht. Der Käpt’n räuspert sich und sieht uns verlegen an, was Neuseeländer nicht sehr gut können. Wir gehen von Bord. Das also ist das, was man einen komischen Abend nennt.
Text: max-scharnigg - Fotos: Julia Strauß