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Yondr gegen Handys bei Konzerten:
Kurze Vokabel-Info zum Einstieg: Im Englischen gibt es seit kurzem den Ausdruck "going all Adele on someone". Natürlich steht diese Redewendung in keinem Wörterbuch, man sollte sie sich aber trotzdem merken. Sie beschreibt nämlich, was passiert, wenn ein Künstler keine Lust hat, für Tausende Smartphones zu singen. Wie Adele eben. Die Sängerin reagiert ziemlich rabiat auf das um sich greifende Phänomen der Smartphone-Hochhalterei bei Konzerten. Das kann man als kleiner Mensch zwar ziemlich gut finden, es kann einen aber nicht nur als Künstler, sondern auch als Besucher nerven, wenn keiner mehr tanzt, singt, zuhört und zuguckt, sondern nur noch Videos und Fotos für sein Facebook-Profil und ein paar Likes macht.
Der 29-jährige Graham Dugoni aus den USA hat etwas erfunden, dass das leidige Problem des Smartphone-Hochhaltens löst, auch wenn sein Ursprungsproblem ein ganz anderes war: Dugoni war selbst als Zuschauer bei einem Konzert, als er einen offensichtlich sehr betrunkenen Mann tanzen sah. Andere Konzertbesucher machten sich einen Spaß aus dem armen Kerl, filmten ihn und stellten den Clip auf YouTube. Dugoni hatte was dagegen, konnte aber wenig tun. Also erfand er: Yondr.
Komischer Name, einfaches Prinzip - eine Neopren-Hülle mit Schloss. Am Einlass bekommt jeder Konzert-Besucher eine, steckt sein Handy rein und macht die Hülle zu. Selbst kann man das Schloss danach nicht wieder öffnen; nur im Bereich vor der Location lässt es sich entsperren, ähnlich wie die Diebstahl-Sicherungen von Klamotten an der Kasse entfernt werden.
Erste prominente Kunden hat Dugoni schon gewonnen. Chris Rocks Warm-up-Shows vor seiner Oscar-Moderation zum Beispiel oder die überraschende Guns N'Roses-Wiedervereinigung waren beides "phone-free"-Veranstaltungen. Für die Künstler ergibt sich neben der Tatsache, dass ihnen aufmerksamer zugehört wird, ein weiterer Mehrwert: Sie können neue Songs oder Gags ausprobieren, ohne dass diese aufgezeichnet und sofort verbreitet werden.
Wesley Schultz, Sänger und Gitarrist der Lumineers, sagte der Washington Post: "Ich habe alles mögliche ausprobiert. Wenn du dein Publikum anschreist oder wie Kinder behandelst, benehmen sie sich wie Kinder. Du willst, dass die Leute ihre Handys stecken lassen, aber wie schaffst du das?" Yondr sei da die beste Methode, die er bislang gesehen habe. "Weil die Leute wissen, sie haben ihr Baby immer noch im Arm. Es mag ein bißchen sperrig sein, aber es ist sinnvoller, als ihnen zu sagen, sie sollen die Handys im Auto lassen oder als Handys ganz zu verbieten."
Dugoni preist sein Produkt damit an, das Konzerterlebnis dadurch total zu verändern. Besucher würden schnell feststellen, dass sie ohne ihr Handy ganz anders genießen könnten. "Wenn du noch nie bei einer phone-free Veranstaltung warst, weißt du einfach nicht, was du verpasst", sagt er. "Das gibt dir etwas im echten Leben, das nicht kopiert werden kann."
Auch Alicia Keys hat neulich bei einem Konzert Yondrs verteilen lassen. Sie habe neue Songs uraufführen wollen, erklärt ihr Manager, DJ Walton. "Wir wollten nicht, dass Leute diese Songs zum ersten Mal in einer lausigen Version als MP3 oder YouTube-Clip hören", sagt er. "Wir haben eine zehn Meter große Bühne und die Leute schauen nur durch einen paar Zentimeter großen Bildschirm drauf. Wir wollen, dass die Leute für einen Moment ihre Handys vergessen." Im inoffiziellen Englisch-Wörterbuch könnte dieser Wunsch als "going all Yondr" aufgenommen werden.
max