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Portrait über die Künstlerin Zardulu
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Eine Ratte, die auf den Schoß eines betrunkenen Mannes klettert, der an einer Haltestelle in New York eingeschlafen ist. Die Ratte nähert sich dem Smartphone und schießt ein Foto von sich: Die Medien geben ihr den Nicknamen "Selfie-Rat".
Eine Ratte, die sich in New York ein Stück Pizza schnappt und die Treppe hinunterbefördert, Stufe um Stufe. Das amerikanische Internet erhebt das Tier zu einem modernen (okay, einem sehr modernen) Sisyphos. Aktuell fast zehn Millionen Klicks. Spitzname: Pizza-Rat. Oder eine Taube, die einen Bagel um den Hals trägt wie eine Goldkette: #onlyinnewyork.
In New York sind offenbar Tiermonate. Noch mehr als sonst – und vor allem, noch ein bisschen erstaunlicher als sonst. Denn dass all die hungrigen Tiere dieser Stadt in den vergangenen Monaten von einer Smartphone-Linse zur nächsten unterwegs waren, das wirkt – zumindest in Summe – zu inszeniert, zu schön, zu aaawwww, zu omg, um wahr zu sein, richtig?
Vermutlich leider wirklich. Denn wahrscheinlich steckt eine Künstlerin dahinter, die sich "Zardulu" nennt. Und die die dröge Realität um ein paar magische Momente erweitern will. Anonym. Eigentlich. Denn Zardulu wurde vor ein paar Monaten, vermutlich gegen ihren Willen, enttarnt. Womöglich. Wirklich sicher, das werden die Versuche zeigen, Kontakt mit ihr aufzunehmen, kann man sich bei ihr schließlich nicht sein.
Es sind Stunts geplant, "wie sie die Welt noch nie gesehen hat"
Los gingen die Gerüchte schon im Januar. Damals berichtete das Lokalblog Gothamist zum ersten Mal über die Künstlerin – und den Verdacht, dass sie hinter dem Tier-Hype stecke. Denn der Mann im Video mit der Selfie-Ratte ist ein Schauspieler. Eric Yearwood heißt er. Und er teilte Gothamist mit, dass er von Zardulu 200 Dollar bekommen habe, um in dem Video mitzuspielen.
Also am besten bei ihm die Suche beginnen. Per Mail und mit der Frage, ob er an weiteren Stunts teilgenommen hat. Er verneint. Aber er rede weiterhin mit Zardulu, schreibt er. Es seien Stunts geplant, "wie sie die Welt noch nie gesehen hat".
Weiter geht es im Netz mit einem neuen Tier: Ein Katzenfisch mit drei Augen – ja, wie der bei den "Simpsons" – wird aus einem dreckigen Kanal in New York geangelt. Das Video verunsichert viele.
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Die New York Times bleibt skeptisch, aber diskutiert immerhin, wie wahrscheinlich das alles sein kann. Der Gowanus-Kanal in Brooklyn, das muss man wissen, ist so verdreckt, dass die Anwohner die Konsistenz als "schwarze Mayonnaise" bezeichnen. Das dürfte einer der Gründe sein, weshalb weiterhin wenigstens mit einer gewissen Ernsthaftigkeit gerätselt wurde. Zu unrecht.
Wie sich herausstellt, stand auf der Unterseite des Fisches ein Name: Zardulu. Der Mann, dem die Fische übereicht wurden (nicht der, der im Video auftaucht), ist auch Schauspieler. Und der Mann, der die Pizza-Ratte gefilmt hat? Yup, auch der ist Schauspieler. Er schwört aber, dass er nichts von Zardulu wusste.
Zardulu selbst äußert sich nur kryptisch, spricht von magischen Momenten – und von Mythen. Schwer zu sagen also, ob sich ein paar Comedians einen guten Witz erlauben, oder ob da tatsächlich eine Künstlerin in New York lebt, die konzertiert Aktionen mit Tieren startet, über die die Stadt spricht. Und heute, dank des Internets, eben die Welt.
Also die Frage doch einfach ganz direkt an sie gestellt – über den Twitter-Account, der angeblich ihrer ist: Kommen die Ratten von ihr? Und natürlich wieder keine klare Antwort. Ihr gefalle es, dass alles unklar ist. Sie sagt aber, dass es zwei Jahre dauert, Ratten so zu trainieren – und dass sie mehrere Tiere trainiert. Die Aktionen führe sie mit Unterbrechungen seit einem Jahrzehnt durch.
Der Twitter-Account, den sie nutzt, ist neu. Das zumindest ist sicher.
Also noch ein Versuch. Noch eine Frage: "Warum?" Was sind also ihre Motive? Und noch eine kryptische Antwort: "Historisch gesehen haben Mythen mehrere Lebzeiten gebraucht, bis sie sich in unser kollektives menschliches Bewusstsein eingebettet haben. Irgendjemand hat eine Geschichte über die Götter erzählt und es wurde über mehrere Generationen hinweg als wahre Begebenheit verbreitet."
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In einem früheren Tweet hatte Zardulu den "Cardiff Giant" als "Meisterwerk" bezeichnet. Ein Tabakpflanzer hatte im 19. Jahrhundert eine Riesen-Statue aus Gips gebaut und vergraben, um sich über einen Pfarrer lustig zu machen. Die Statue wurde ein Jahr später ausgegraben und zunächst für echt befunden. Die Aktion gilt als vielleicht größter Wissenschafts-Hoax in der Geschichte der USA.
Und dann wird Zardulu doch noch konkreter – und politischer. Das Wissen, das heute verbreitet werde, sagt sie, werde nur aus einem Grund produziert: "Wir sollen ausgebeutet werden." Zardulu beruft sich auf Surrealisten wie André Breton. Der beklagte bereits 1924, dass die Menschheit sich zu sehr von Logik leiten lasse. Auch ein Manifest hat die Künstlerin natürlich geschrieben. Es besteht zu weiten Teilen aus unentwirrbaren Codes. Sie sagt, es seien verschlüsselte Botschaften. Was man aber lesen kann, ist unter anderem dieser Satz: "Im Zardulismus strömt das Imaginäre in das Aktuelle und überschwemmt es, bis es vereinnahmt wurde."
Kaum zu entwirren. Und trotzdem (oder gerade deshalb) ist das Phänomen hinter Zardulu derart überzeugend, dass es mittlerweile an der Universität in Stanford gelehrt wird – neben den „Yes Men“, die unter anderem mit einer Fälschung der Website der WTO berühmt geworden sind. „Es ist erstaunlich, wie meisterhaft und schadenfroh sie mit den Medien spielt“, sagt Jenny Odell, die den Kurs über Zardulu leitet. Die Künstlerin zeige, dass man das Internet als künstlerisches Medium nutzen könne. „Die Arbeit ist Grund für uns, innezuhalten und zu überlegen, was generell hinter der Produktion von Medien steckt.“
Jetzt, da sie bekannter ist, seien einige ihrer Pläne in der Zwischenzeit vereitelt worden, schreibt Zardulu auch noch. Die Tiere, die in New York ihr Essen suchen, gibt es weiterhin. Sie gab es auch vorher. Doch jetzt fällt relativ schnell eine Frage: Steckt Zardulu dahinter? Und wenn ja: Wie, zum Teufel?! Sie schweigt.