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Donald Trump plagiiert angeblich Abschlussrede aus "Natürlich Blond"

Foto: dpa

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In den USA verschwimmen gerade die Grenzen zwischen Tatsachen und Lügen – dafür ist Donald Trump selbst verantwortlich. Er hat den Begriff „alternative Fakten“ geprägt, er spricht bei allen Meldungen, die ihm nicht passen von „Fake News“. Doch nun scheint ihn diese Entwicklung irgendwie selbst einzuholen.

„Krass, wie dreist ist Trump eigentlich?“ – das dachten wir uns, als heute morgen ein Video von Jimmy Fallon auf Facebook auftauchte. Darin sind Ausschnitte einer Rede Donald Trumps, die er am Wochenende auf der Abschlussfeier an einer Uni in Virginia gehalten hatte, mit Ausschnitten der Abschlussrede der Hauptfigur aus „Natürlich Blond“, Elle Woods (Reese Witherspoon), zusammengeschnitten. Resultat: Trump nutzt die gleichen Phrasen und Floskeln wie das Blondchen aus dem Kinofilm. Zumindest sieht es danach aus.

Na klar, es sind nur Ausschnitte, kurze Sequenzen. Aber nach den Plagiatsvorwürfen gegen seine Frau Melania, die große Teile einer Rede von Michelle Obama übernommen hatte und nachdem er letzte Woche in einem Interview mit dem Economist behauptete, einen Ausdruck erfunden zu haben, der in den USA bereits seit den 1930er Jahren verwendet wird, traut man diesem Kerl ja irgendwie alles zu.

Wir haben uns Trumps Rede nochmal genauer angeschaut – das Time Magazine hat sie hier abgetippt. Und auch die Rede von Elle Woods findet man im Netz. Schon wenn man die Videos beider Reden vergleicht fällt auf: Es gibt recht große Unterschiede in der Länge.

Während die Rede von Trump etwa eine halbe Stunde lang ist, spricht Elle Woods im Film „Natürlich Blond“ etwa eine Minute. Hätte Trump im großen Stil bei ihr geklaut, wäre das wohl ein sehr viel kürzerer Auftritt geworden.

Dass das Wort „Leidenschaft“ in wahrscheinlich jeder Abschlussrede der Welt einmal vorkommt, wird dabei ignoriert

Außerdem: Die Sequenzen, die das Fallon-Team hintereinander zusammengeschnitten hat (jeweils sechs aus Trumps Rede und sechs aus der Rede von Elle Woods) sind extrem kurz und völlig zusammenhanglos. Hier wurden, um des Witzes willen, bereits einzelne Wörter wie „passion“ (deutsch: Leidenschaft), die in beiden Reden vorkommen, als Plagiat gebrandmarkt. Dass das Wort „Leidenschaft“ aber genau wie „Zukunft“ oder „Mut“ wahrscheinlich in so ungefähr jeder Abschlussrede der Welt einmal vorkommt, wird dabei einfach ignoriert. Auch die anderen Phrasen, die das Video als „Plagiate“ brandmarkt, sind eigentlich gar keine: Elle Woods fordert ihre Mitstudenten auf: „Have faith in yourself!“ (deutsch: Glaubt an euch selbst!), Trump sagt: „Be true to yourself“ (deutsch: Sei dir selbst treu!) – klar, klingt irgendwie ähnlich, aber das Gleiche ist es dann eben auch nicht.

Jimmy Fallon ist Komiker, schon klar. Wahrscheinlich ist dieses Video also alles andere als ernst gemeint, im besten Fall ist es sogar selbstironisch. Liest man aber die Kommentare unter dem geposteten Video merkt man, dass das keineswegs allen bewusst ist. Kommentare wie „He's such a jackass. Ashamed he's our President. The dumbing down of America.“ („Er ist so ein Idiot. Ich schäme mich, dass er unser Präsident ist. Die Verblödung Amerikas.“) bekommen über 500 Likes.

Das Fallon-Video wirkt bemüht und angestrengt, als würde der Late-Night-Moderator verbissen versuchen, einen neuen Trump-Skandal zu konstruieren. Dabei macht er es leider nicht besser als der umstrittene Präsident: Mit konstruierten Fakten ein Gerücht als Tatsache verkaufen. Das ist besonders gefährlich in einer Zeit, in der die amerikanischen Late-Night-Moderatoren als neue politische Opposition gefeiert werden.

tam

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