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Wer sich über die #FreeMelania-Gags aufregt, hat das Prinzip Meme nicht verstanden

Foto: Chip Somodevilla

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Fremdschämen kann Spaß machen, besonders im Netz. Und die Vereidigung von Donald Trump gab am vergangenen Wochenende ja auch wirklich genug Anlässe. Vor allem der gefühlt, naja, stümperphafte Umgang des US-Präsidenten mit seiner Frau Melania:

 Wie er da aus dem Auto steigt, ohne auf sie zu warten:

Wie hölzern das Paar nebeneinander auf diesem Bild wirkt:

Und wie vergleichsweise liebevoll die Obamas im Vergleich dazu doch erscheinen:

..oh, und natürlich der Tanz, den man sich nur mit maximaler Fremdscham-Toleranz überhaupt bis zum Ende ansehen kann:

Und wie das Netz eben so ist, brauchte es zu all diesen Stümper-Fremdscham-Wahrnehmungen gleich mal einen passenden Rahmen, eine Erzählung. Schnell etablierte sich der Spaß-Hashtag #FreeMelania, laut dem sich das Unschuldslamm Melania Trump unfreiwillig in den Fängen des frauenverachtenden Scheusals Donald befände und der Öffentlichkeit doch bitte möglichst schnell ein Signal zu ihrer Befreiung geben solle. Auch auf Schildern beim "Women's March" wurde der Gag aufgegriffen, der in ähnlicher Form bereits im Vorwahlkampf auf Trumps Tochter Ivanka angewendet worden war.

Dabei wurde meme-typisch gnadenlos überdreht, verwurstet und zusammengeschnipselt, was irgendwie in diesen Kontext zu passen schien:

Was aber nun, ein paar Tage später, aus einem halbwegs witzigen Hashtag herausgelesen wird, ist schon beachtlich:

Sie wurde also gar nicht gekidnappt? Sie ist fähig zu eigenen Gedanken, obwohl sie ein weibliches Ex-Model ist? Unglaubliche Neuigkeiten

Die einen glaubten erklären zu müssen, dass Melania Trump nicht gerettet werden müsse und kein Mitleid verdiene. Sie sei tatsächlich freiwillig verheiratet und stehe hinter den Positionen ihres Mannes. Ach nein, wer hätte das gedacht? Sie wurde also gar nicht gekidnappt? Sie ist fähig zu eigenen Gedanken, obwohl sie ein weibliches Ex-Model ist? Unglaubliche Neuigkeiten.

Andere erklärten uns, dass die vielen Bilder und Gifs nur Momentaufnahmen seien, die man in ihrem Kontext sehen müsse und nicht auf diese wenige Sekunden verkürzt betrachten dürfe. Melania Trump sei gar nicht bedrückt gewesen, sie habe aus Anstand aufgehört zu lächeln, weil gerade ein Geistlicher sprach. Es handele sich also um ein "Fake-Meme", das gar nicht die Wirklichkeit abbildet. Aha!  Hat da jemand das Prinzip eines Memes nicht verstanden? Oder versucht, an einen billigen Internet-Witz dieselben Maßstäbe anzulegen, wie an eine seriöse Berichterstattung? Das "Help"-Schild in der Geschenkbox war gar nicht echt? Biden hat Trump gar kein Furzkissen auf den Schreibtischstuhl gelegt? Confused Travolta ist gar nicht confused?

Natürlich kann man darüber streiten, ob die #FreeMelania-Gags, die der neuen First Lady ja durchaus eine Unmündigkeit unterstellen und satireartig mit dem Motiv des gewalttätigen Kidnappers spielen, auf einem Marsch für Frauenrechte so viel verloren haben.  Darum schien es den Kritikern aber gar nicht zu gehen: Sie nahmen den Spaß-Hashtag #FreeMelania für bare Münze, interpretieren in Memes einen ernsten Hintergrund hinein, den es natürlich nicht gibt. 

Zur Aufklärung also hier noch unsere Einschätzung der Dinge: Es ist nicht anzunehmen, dass besorgte Frauenrechtlerinnen gerade die Rettung der gekidnappten Melania Trump planen, weil sie einem "Fake-Meme" zum Opfer gefallen sind. Aber gut, warten wir's ab.

qli

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