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Die Hölle, das sind die anderen
Der Name ist vielleicht etwas hochgegriffen. „Hell Is Other People“. Sartre-Zitat – schnell ein schwieriges Metier. Zumal für eine App. Wer versteht heute schließlich noch den Existenzialismus? Andererseits: Es gibt sie ja da draußen noch, die Steppenwölfe, die Larry Davids, diejenigen, die dem Sozialen etwas skeptisch begegnen. Denen es bei Menschen manchmal völlig reicht, wenn sie sie nicht sehen müssen. Die Hölle, das sind für dich die anderen? Dann naht die Rettung – ausgerechnet aus dem Social-Network. „Hell Is Other People“ hilft nämlich, zufällige Begegnungen auf der Straße zu vermeiden.
Das Internet hält – sieht man mal von der Kommentarfunktion ab – für Misanthropen und andere Menschenmeider sonst ja eher wenig bereit. Das liegt etwas in seiner Natur, mehr aber noch in der Art, wie wir es nutzen: Das Netz soll Einsame zweisam machen, Zweisamen die Kommunikation über weite Strecken ermöglichen und auch die übrige Welt möglichst umfassend verbinden – virtuell, im zweiten Schritt aber auch in echt.
„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.
Wir nutzen das Internet, soll das heißen, eher als Ort oder Mittel der Begegnung, des Sozialen: Community, Gruppe, Netzwerk, Crowd – das sind die Schlagwörter. Jetzt, endlich, sind wir im Stadium der reflektierten Ablehnung angekommen, dem Post-Rock des Community-Gedanken. Die App „Hell Is Other People“ verkehrt den zusammenführenden Ansatz des Netzes nämlich in sein Gegenteil. Und schlägt die Netzwerker und Freundes-Tracker dafür mit ihren eigenen Waffen: Foursquare.
Nutzer müssen sich dafür nur mit ihrem Foursquare-Account einloggen. Die App zeigt ihnen dann die letzten 20 Orte ihrer „Freunde“ an – und dazu noch die „optimally distanced safe zones“, Bereiche also, in denen man ihnen garantiert nicht über den Weg läuft. Nie wieder das, was Larry David als „Stop and Chat“ bezeichnet und verabscheut: langatmige Gespräche mit Halbbekannten und Zufallsbegegnungen. Nie wieder gequälte Themensuche, nie wieder „Und wie läuft’s mit dem Studium?“, „Richtig, Ausbildung, ich erinnere mich“. Das spart Nerven und Zeit, die sich gut für anderes nutzen lässt. Sartre-Lesen vielleicht. Oder eben Facebook.
Text: jakob-biazza - Foto: Screenshot