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Warum die Serie "Tote Mädchen Lügen Nicht" sehenswert ist

Foto: Netflix

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Typisch Highschool-Serie: Der eher unbeliebte Clay Jensen ist in das hübsche und coole Mädchen Hannah Baker verliebt, die beliebten Schüler sind die Sportler und Cheerleader und fühlen sich besser als die anderen. Typisch Highschool-Serie? Nein. Tote Mädchen Lügen Nicht wirkt nur auf den ersten Blick so. Aber eigentlich sind die Themen dieser Serie viel düsterer. Denn Hannah Baker ist zu Beginn der ersten Folge schon tot. Sie hat sich umgebracht.

Seit dem 31. März gibt es auf Netflix die Serie Tote Mädchen Lügen Nicht.  Sie basiert auf dem Bestseller von Jay Asher aus dem Jahr 2007, der mittlerweile sogar an manchen amerikanischen Schulen gelesen wird.

Worum geht es dann in der Serie? Im Original lautet der Titel 13 Reasons Why. Das kommt daher, dass Hannah vor ihrem Ableben sieben Hörkassetten aufgenommen hat und auf jeder Seite von jeweils einem Grund, der später auf irgendeine Weise zu ihrem Suizid geführt hat, erzählt. Nur die B-Seite der siebten Kassette bleibt dabei leer. Die Kassetten schickt sie dann nach ihrem Tod an die verschiedenen Personen, die auf ihnen erwähnt sind. Durch diese Tapes und ergänzende Flashbacks erfährt der Zuschauer dann ihre komplette Geschichte. Die Serie beginnt damit, dass das Mauerblümchen Clay ebendiese Kassetten bekommt. 

Aber wieso Clay? Das fragt er sich selbst, das fragen sich die Zuschauer – und das ist wohl der Grund, warum man einfach nicht aufhören kann, weiterzuschauen. Clay wirkt auf den ersten Blick unschuldig. Man kann sich nicht vorstellen, dass der schüchterne Junge, der Hannah Baker geradezu vergöttert hat, aus irgendeinem Grund an ihrem Suizid schuld gewesen sein könnte.

Doch das ist genau der Punkt der Serie. Sie versucht zu verdeutlichen, dass wir andere Menschen immer beeinflussen. Dass wir, wenn wir etwas tun, nie wissen, wie der andere Mensch es aufnehmen wird. Dinge, die wir nicht weiter schlimm finden, können für andere Menschen das kleine Detail sein, das alles zu viel werden lässt. Jemandem nicht zu vertrauen. Ihn, wenn er nach Hilfe fragt, abzuwimmeln. Ein kleines Gerücht zu starten, um sich selber zu schützen. Und wie Clay, dem extreme Selbstzweifel aufkommen, sagt: „What if I am the bully?“ Denn wie ihm ist vielen anderen in der Serie nicht bewusst, was sie falsch gemacht haben könnten. Eben weil ihnen die Dinge, die sie getan haben, nicht so schlimm vorkommen.

Die Serie thematisiert neben Suizid aber auch noch andere Tabus. Es geht um psychische Probleme, Drogen- und Alkoholprobleme, Coming Outs und Vergewaltigung. Manche von ihnen sind die Gründe für Hannahs Entscheidung, andere die Folgen, die wir bei den Zurückgelassenen beobachten können. Während ein Großteil der Serie sich um die Jugendlichen dreht und wir sehen, wie sie mit ihren Schuldgefühlen umgehen – falls sie überhaupt welche haben – sehen wir auch, wie Hannahs Eltern unter dem Tod ihrer Tochter leiden. Und das ist wichtig. Denn ohne diese Szenen, in denen man die verzweifelten Eltern sieht, deren Leben um sie herum einstürzt, würde die Serie nur auf das Mobbing und die Gerüchte fokussieren und zu wenig darauf, die Botschaft rüberzubringen, dass Suizid nicht durch Schuldzuweisungen gerechtfertigt werden kann und was er für die Hinterbliebenen bedeutet. Trotzdem hat die Serie einige Schwachpunkte, denn verpasst es Depressionen und psychische Probleme zu thematisieren und manche der teils schockierenden Szenen könnten einen Trigger-Effekt auf Zuschauer, die selber psychische Probleme haben oder Opfer einer Sexualstraftat waren, haben.

Auch im Buch wird das Thema psychische Probleme kaum behandelt, weshalb es häufig kritisiert wurde. Andere Thematiken, die auch hier ausgelassen wurde, behandelt die Serie dafür schon. Produktionsleiterin Mandy Teefey erklärt, dass sie gerade deswegen das Format der Serie statt eines Filmes gewählt hatte: Sie wollte mehr Zeit, um diese Themen intensiver zu behandeln und mehr auf die einzelnen Charaktere einzugehen. Denn spätestens nach der ersten Folge weiß man, dass es sich bei keinem der Charaktere wirklich um einen Stereotypen handelt. Sie alle sind vielschichtig und es wird auf die Dinge eingegangen, die sie zu ihren Handlungen motivieren. Außerdem hat die Serie ein breiteres Spektrum an Charakteren. Hier sind verschiedene Ethnien und sexuelle Orientierungen repräsentiert, was im Buch nicht der Fall ist. Auch Hannah, das eigentliche „Opfer“, wird nicht als das perfekte Mädchen dargestellt, das nichts falsch gemacht hat.

Teilweise ist die Serie etwas verwirrend, da Szenen aus dem Jetzt einfach wie aus dem Nichts in Flashbacks übergehen. Der einzige Hinweis ist dabei meist, dass kühle Farben in warme übergehen oder Clay plötzlich keine Wunde mehr am Kopf hat. Auch stellen sich sowohl Clay, als auch Hannah häufig vor, wie sie Dinge hätten anders machen können oder was sie gerne tun würden oder getan hätten, weshalb man sich teilweise nicht sicher ist, ob man gerade etwas Reales oder einen Wunschgedanken sieht. Diese Wunschvorstellungen der beiden sorgen außerdem dafür, dass die Serie nicht nur düster ist und nicht nur aus Schockmomenten besteht.

Davon hat sie aber trotzdem immer noch genügend. Viele Szenen sind gerade deswegen so schockierend, weil sie nicht erfunden sind. Sondern weil sie so oder so ähnlich immer noch an Schulen überall auf der Welt vorfallen. Und das macht die Botschaft der Serie nur noch umso wichtiger. Sie zeigt uns, wie viel Negatives wir bei einem Menschen ohne nachzudenken anrichten können, aber auch wie viel ein einziger positiver Kommentar oder auch nur ein wenig Aufmerksamkeit einem Menschen helfen kann. Und das ist eine wichtige Sache, die viele Menschen noch lernen könnten.

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