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So (schlimm) wird der Sound zur Fußball-WM

Fotos: dpa / youtube / Collage: jetzt.de

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Im Fußballverein war Smudo, genau wie seine drei Bandkollegen, zeitlebens nicht, es fehlte an Neigung und Begabung. „Wenn wir mal im Hinterhof gekickt haben, dann stand ich immer im Tor“, erinnert sich der Rapper. „Und auch dort war ich nicht besonders gut.“

Im reifen Alter von 50 Jahren kommt nun trotzdem noch zusammen, was nie zusammengehörte: Die Fantastischen Vier und Clueso liefern mit, genau, „Zusammen“ den offiziellen WM-Song des DFB, und auch die ARD schnappte sich die flockig-fröhliche Freundschaftsnummer („Wir sind zusammen groß / wir sind zusammen eins“), um sie in ihren Übertragungen so lange durchzunudeln, bis Doktor Müller-Wohlfahrt kommt. „Bei jedem großen Turnier träumt man davon, einen Fußballhit zu haben“, lässt Smudo durchblicken, schon vor über zehn Jahren bei „Troy“ habe die Band ein bisschen darauf spekuliert. Dass es jetzt endlich so weit ist, findet Smudo gar nicht so überraschend. „Die Nummer passt. Wir sind glücklich, dass wir auf unsere alten Tage noch zu einer Fußballhymne kommen.“

Wer zu „The Bravest“ auf den Platz läuft, dürfte umgehend einschlafen

Glücklich kann sich auch der WM-Zuschauer schätzen, denn „Zusammen“ ist unbestritten ein Lied, dem niemand böse sein kann, hier gibt es nichts zu lästern. Woanders schon. Beim ZDF dudelt eine lahme Truppe namens Sir Rosevelt, hinter der US-Countrysänger Zac Brown steckt, die Bon-Jovi-für-Bettelarme-Nummer „The Bravest“. Das heißt eigentlich „Der Mutigste“, der Song klingt aber wie „Der Bravste“. Lyrisch direkt aus der „You can be Champion“-Phrasenhölle und mit klischeetropfendem „Ohohohoh“ unterlegt, fehlt der Nichthymne jeglicher Charme. Wer zu „The Bravest“ auf den Platz läuft, schläft umgehend ein.

Ganz tief in die Kiste mit den „ooohh ohhhs“ hat auch Adel Tawil gegriffen. „Fluchtlicht“ heißt der wenig weltmeisterliche, weil klischeetropfende Beitrag des Berliners. Hell wird einem dabei nicht ums Herz. Mit dem üblichen Pathos in der Stimme knödelt sich Tawil durch einen seltsamen Refrain: „Das Fluchtlicht um uns brennt, denn das ist unsere Zeit / Wir werden zu Helden, sind stark in Einigkeit/ Wir feiern den Moment, denn das ist, was bleibt.“ Alles an diesem Song wirkt klebrig. Und durchkalkuliert. Und brechstangig. „Fluchtlicht“ ist sogar so flach, dass man sich Mark Forster („Wir sind groß, EM 2016“), Andreas Bourani („Auf uns“, WM 2014) und die Toten Hosen („Tage wie diese“, EM 2012) herbeiwünscht. Und das will wirklich was heißen.

Stattdessen grinst aber schon wieder Max Giesinger ums Eck. Wie schon mit „80 Millionen“ vor zwei Jahren grätscht der 29-Jährige von hinten in die Beine der offizielleren Beiträge. Giesingers neue Single „Legenden“ ist nämlich gar kein offizieller WM-Song, er wird nur ganz zufällig kurz vorm Turnier veröffentlicht und ist nur ganz zufällig voller Traumtor-in-der-119.-Minute-Sätze wie „Suchen den Moment, wo alles stimmt/ Wir für einen Augenblick Legenden sind“. Ein Schelm, dieser Giesinger Max. Er sagt: „Ich hätte nichts dagegen, wenn die Leute meinen Song zu ihrem WM-Soundtrack machen“.

Jérôme Boateng tritt im männerhumorigen „Mannschaft“ als ulkiger Gastrapper „The Notorious JB“ auf

Wer nach Geheimtipps für den diesjährigen WM-Hit sucht, der landet zunächst bei Nackt-DJane Micaela Schäfer („Deutschland Olé“) und der sehr seltsamen Zeile „Es ist Russlands große Seele, die uns irgendwie bewegt“. Wenigstens wird hier das Gastgeberland, das seinerseits übrigens die vom ESC bekannten Folklore-Omas von Buranowo mit „Football 2018“ ins Rennen schickt, überhaupt mal erwähnt. Der englische Komiker Jack Whitehall konnte für sein männerhumoriges „Mannschaft“ etwas überraschend unseren Jérôme Boateng als ulkigen Gastrapper „The Notorious JB“ gewinnen. Und ein gewisser, auf Youtube halbprominenter Benjamin Scholz kapert Billy Joels „We Didn’t Start The Fire“, macht daraus „Wir werden wieder Meister“ und schafft es, „Jogi, der am Sack rumspielt“ im Text unterzubringen. Dass Löw auch mal in der Nase gepopelt hat, scheint er allerdings vergessen zu haben.

Aber immer noch besser stumpf-lustig als gar nicht lustig. International sehnt man sich nämlich sehr nach Shakira („Waka Waka“, 2010) oder wenigstens Ricky Martin („La Copa de la Vida“, 1998) zurück, denn dieses Mal bleiben die Beiträge aus der US-Unterhaltungsmaschinerie besonders blass. „Colors“, die von Jason Derulo lieblos runtergesungene Hymne des Hauptsponsors Coca-Cola, gewinnt auch durch Latino-Popstar Maluma nicht wesentlich an Kontur. Auch der offiziellste aller offiziellen Songs, das von der FIFA in Auftrag gegebene „Live It Up“ von Nicky Jam (Reggaetontyp aus Puerto Rico), Era Istrefi (Popsternchen aus dem Kosovo) und Will Smith (Man In Black) wirkt, als wäre er nicht von lebenden und fühlenden Menschen, sondern von einer frühen Form der Künstlichen Intelligenz auf größtmögliche Banalität programmiert worden („One Life, live it up, cause we got one life“). Der von DJ Antoine gelieferte Beitrag aus der Schweiz heißt „Ole Ole“ und klingt zu hundert Prozent so geistreich, wie der Titel vermuten lässt.

Kaum zu glauben, aber es ist wirklich der uralte Ralph Siegel, der den Song liefert, zu dem man sich in den kommenden Wochen am besten betrinken kann. Er schickt mal wieder seine Allzweckwaffe Dschingis Khan ins Rennen, natürlich mit „Moskau Moskau“, und ob man will oder nicht, das Ding sorgt für Laune. „Wirf die Gläser an die Wand /Russland ist ein schönes Land/ Ho ho ho ho ho, hey“ wird dieses Mal allerdings nicht von Leslie Mandoki gesungen, sondern von Ex-Boybandmitglied und Dschungelcamper Jay Khan. Oliver Khan, pardon Kahn, hatte leider keine Zeit, er muss ja kommentieren. Und, wenn alles gut geht, darf er nach dem Turnier Clueso und die Fantas auf der Fanmeile begrüßen. „Ich gucke Fußball wie ein Mädchen“, sagt der hochgradig gelassene Smudo, dessen Lieblingsspieler natürlich Manuel Neuer ist. „Das heißt, Drama und Spannung sind mir wichtiger als die tatsächliche Entscheidung, aber ich würde mich schon freuen, wenn Deutschland als Meister zurückkommt. Oder als Vizemeister. In beiden Fällen hätten wir Grund zu feiern.“

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