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„Ich bin keine Popsängerin, die schöne Lieder für kleine Kinder schreibt“

Foto: Giulia McGauran

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Vor weniger als zwei Jahren hat die Australierin Toni Watson, heute bekannt als Tones and I, noch Straßenmusik gemacht, mittlerweile haben ihre Musikvideos Milliarden Klicks. 

Über ihren rasanten Weg zum Erfolg ist sie nicht immer glücklich. Im Interview mit jetzt erzählt Toni, was sich in ihrem Leben verändert hat, seit sie berühmt ist, und was sie dazu motiviert hat, politische Songs zu schreiben.

jetzt: „The kids are coming“ von deinem aktuellen Album ist ein sehr politischer Song. Was hat dich dazu motiviert ihn zu schreiben?

Tones and I: Ich glaube, dass die junge Generation heute sehr viel mehr Motivation, Energie und auch Einfluss hat die Welt zu verändern als noch die Generation unserer Eltern. Deshalb wollte ich ein Lied schreiben, dass die jungen Leuten motiviert und bestärkt. Ich habe auch meine erste EP so genannt. Die Leute sollen wissen, dass ich keine Popsängerin bin, die schöne Lieder für kleine Kinder schreibt, sondern, dass ich eine Botschaft habe, die mir sehr wichtig ist.

 

Bist du politisch?

 Ich habe auf jeden Fall eine starke Meinung und ich stehe hinter meiner politischen Meinung. Wenn ich nicht einverstanden bin mit einer Meinung, dann sag ich das auch. Ich trete ein für Antirassismus, Anti-Bullying, für die Ehe für Alle, für LGBTQ-Rechte. Und natürlich ist der Klimaschutz mir ein großes Anliegen. Es gibt so viele Themen über die ich reden möchte, der Fokus soll dabei aber auf den jungen Menschen liegen.

„Es ist wie auf TikTok. Wenn ein Thema trendet, dann folgen alle diesem einen Thema“

Sind wir auf dem richtigen Weg? Wird die Zukunft besser?

Es ist wie auf TikTok. Wenn ein Thema trendet, dann folgen alle diesem einen Thema. Am Anfang des Jahres haben wir noch ganz viel über Klimaschutz geredet. Dann kam die Corona-Krise und das einzige Thema war Covid-19. Seit einiger Zeit ist Rassismus das herrschende Thema. Doch Klimawandel, Rassismus - all diese Probleme gibt es schon länger als seit ein paar Monaten. Ich finde das echt abgefahren, wie schnell sich der Fokus verändert und wie schnell Themen vergessen werden. Das ist doch krass. Natürlich ist es gut, dass überhaupt über diese Themen gesprochen wird. Wir dürfen nur nicht vergessen, dass es noch so viele andere, wichtige Themen gibt. Doch ich glaube wir sind auf dem richtigen Weg. Es wird einfach immer Menschen geben, die in die entgegengesetzte Richtung laufen. Doch sie können all die anderen Menschen nicht stoppen. 

„Social Media nervt, ich finde es total ätzend“

Welche Rolle nimmst du dabei ein? Siehst du dich als Vorbild?

Ich denke, dass ich eine sehr große Verantwortung trage, weil meine Fans so jung sind. Und junge Menschen sind so leicht beeinflussbar. Ich möchte meine Fans nicht manipulieren. Aber das heißt nicht, dass ich mich zensiere. Fluchen gehört zum Leben dazu. Ich achte einfach darauf, dass ich mich so verhalte und so rede wie ich wirklich bin. Ich will mich nicht verstellen. Ich will authentisch sein. Deshalb mache ich auch alles selbst. Ich treffe alle Entscheidungen, ich schreibe meine Lieder, ich produziere meine Lieder, ich habe die Ideen für meine Videos und für meinen Merchandise.Für mich ist das selbstverständlich: Ich bin eine Künstlerin, also mache ich auch alles  selbst, sonst wäre ich doch nur eine Puppe. 

 

Social Media nutzt du nur sehr wenig. Warum?

In den sozialen Medien gibt es sehr viel Mobbing. Aber Mobbing ist nicht der einzige Grund, warum ich kaum Social Media nutze. Social Media nervt, ich finde es total ätzend. Es ist ätzend und langweilig. Geh raus in die echte Welt und erleb was. Auf den Social Media wiederholt sich alles und es gibt kaum neue Informationen.

Anfangs war es mir sehr wichtig, was Menschen online von mir denken. Vergangenen November, als zum ersten Mal ein Lied von mir gepostet wurde von einer Seite mit Followern, wollte ich unbedingt wissen, was die Leute online von meinem Song denken. Das war total aufregend damals, aber irgendwann hat es mich ganz panisch gemacht und ich konnte es nicht mehr ertragen über mich im Internet zu lesen.

Ich kenne total viele Künstler*innen, die nicht mehr auf sozialen Netzwerken unterwegs sind. Social Media ist für die Fans, nicht für die Musiker*innen. Poste, was du posten musst, dann geh wieder.

In deinem neuesten Lied You´re so fucking cool erzählst du von einer Party in LA, die du total schrecklich fandst. Wolltest du einfach nur eine persönliche Erfahrung erzählen oder steckt mehr dahinter?

Am Anfang wollte ich wirklich nur über die Party singen, aber mit der Zeit wurde mir klar, dass es um mehr geht als nur um meine persönliche Erfahrung. Uns wird häufig vermittelt, dass berühmte Menschen ein perfektes Leben führen, was nur aus prunkvollen Partys, Geld und Ruhm besteht. Das stimmt aber gar nicht. Vieles davon ist total fake. Ich bin jetzt ein Teil von dieser Welt, aber ich möchte es nicht unbedingt sein. Ich möchte Konzerte geben und Live-Musik machen. Denn Musik machen, macht mich glücklich. Es war nie mein Ziel berühmt zu werden, ich wollte einfach nur performen. Dieses Leben, was man in dem Video sieht, ist nicht normal. Ich bin ein Teil davon, aber ich werde nicht so sein. Ich will ein bisschen Normalität in die Verrücktheit bringen.

Du erzählst oft in Interviews, dass du am glücklichsten warst, als du Straßenmusik gemacht hast. Warum?

Es war das erste und einzige Mal in meinem Leben, dass ich genau das gemacht habe, was ich wollte. Ich habe in meinem Van gelebt und Straßenmusik gemacht. Für mich war das der Inbegriff von Freiheit. Trotzdem bereue ich es nicht jetzt berühmt zu sein. Ich bin sehr glücklich und dankbar über die Zeit in meinem Van, deshalb sage ich wohl so oft, dass ich die Zeit so liebe.

Eines Tages werde ich an die Zeit jetzt zurückdenken und sagen wie toll es doch war.  

 

Trotzdem klingt es so, als seist du jetzt unglücklicher. Was hat sich denn in deinem Leben verändert?

Ich verbringe viel weniger Zeit mit Konzerten und Auftritten als früher. Die Live-Musik ist der Grund, warum ich das alles mache. Doch heute nehmen die Live-Auftritte meistens nur ein oder zwei Stunden meines Tages ein. Dazwischen verbringe ich ganz viel Zeit mit Dingen, die ich einfach tun muss. Presseterminen oder Besprechungen zum Beispiel. Früher habe ich jeden Tag Stunden am Strand verbracht und Musik gemacht. Danach habe ich mit meinen Freunden ein paar Bier getrunken oder Basketball gespielt. Das könnte ich heute nicht mehr machen.

„Wenn ich neue Leute kennenlerne, dann haben sie oft Angst vor mir oder sind nicht ehrlich“

Behandeln dich die Leute anders seit du berühmt bist?

Ich kann keine neuen Freunde mehr finden. Ich möchte ich selbst sein können, wenn ich neue Menschen kennenlerne und echte, ehrliche Beziehungen aufbauen. Doch wenn ich neue Leute kennenlerne, dann haben sie oft Angst vor mir oder sind nicht ehrlich. Die einzigen echten Freunde, die mir bleiben, sind die, die ich schon vorher hatte.

  

 

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