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„Ich finde es gut, wenn sich diese Menschen ärgern“

Foto: Antilopen Gang

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Danger Dan, einer der drei Köpfe der Antilopen Gang, spricht über den Versuch der FPÖ, ein Konzert in Linz verbieten zu lassen, über Atombomben auf Deutschland und warum er sich als linksradikal bezeichnet. 

jetzt: Am 18.6. sollt Ihr beim Festival „Bubbledays" in Linz spielen. Darüber musste der Gemeinderat aber erstmal beraten. Warum?

Danger Dan: Wir wurden von einem FPÖ-Gemeinderat namens Peter Stumptner in einem offiziellen Antrag an den Gemeinderat als „linksradikale Hass-Band“ bezeichnet. Die nicht bei einem Festival mitten in Linz auftreten sollte, da dieses mit öffentlichen Geldern gefördert wird. Dem Herrn Stumptner würde ich gerne, nach meiner Rap-Karriere, eine Ideologieschulung anbieten. Denn allein der fragwürdige Umkehrschluss, dass man nach seiner Auffassung linksradikale Hass-Botschaften verbreiten darf, so lange man nur nicht mit öffentlichen Geldern unterstützt wird – an der Stelle kann er offensichtlich argumentative Nachhilfe gebrauchen.

Hat er denn Erfolg damit?

Bis jetzt nicht. Der Linzer Bürgermeister Klaus Luger (SPÖ) spielte im Gemeinderat unseren Song „Pizza". Der Refrain: "Oh, ich glaube fest daran, dass uns Pizza retten kann! Jeder Revolutionär braucht nur Pizza und Gewehr!“ Mit diesen doch eher lustig klingenden Zeilen wollte er zeigen, dass nicht alles, was der FPÖ nicht taugt, gleich extremistisch ist. 

Sonstige Reaktionen?

Wir haben verschiedenste „Fanpost“ bekommen. Ein Christian schrieb: „Es wäre so schön, wenn ihr linken Mistratten Deutschland für immer verlassen würdet. Noch schöner wäre es, wenn ihr alle Fake-Refugee-Schmarotzer mitnehmen würdet, und all eure feinen Bambi-Freunde gleich mit.“ Das zeigt mal wieder, wie viele hohle Leute es da draußen gibt, die unsere Musik vermutlich wirklich verbieten würden, wenn sie könnten. Und Lutz Bachmann hat sich auf Facebook auch ein bisschen aufgeregt. Aber andererseits wurden manche Fans so erst auf uns aufmerksam. Ein paar hundert Likes mehr auf Facebook am Tag – das freut uns natürlich. 

Aber was hat den FPÖ-Mann an eurer Musik so gestört?

Er bezieht sich unter anderem auf unsere Idee, Deutschland mit Atombomben auszulöschen, um einen riesigen Baggersee anzulegen. Der Song dazu geht so: „Atombombe auf Deutschland, dann ist Ruhe im Karton. Komm wir bomben einen Krater und dann fluten wir das Loch.“ Die wenigsten haben wohl verstanden, dass das ein konstruktiver Akt sein soll, um ein Badeparadies zu errichten. Bürgermeister Luger jedenfalls hat dazu angemerkt, dass die Idee ironisch zu verstehen sei. 

 

Ist das so?

Ich habe sofort versucht gegenzusteuern, indem ich mich als eindeutig linksradikal bezeichnet habe. Denn auch wenn manche unserer Texte ironisch gemeint sind, bin ich grundsätzlich der Meinung, dass Deutschland, wie es auch im Song heißt, ein historischer Fehler ist, weil von Deutschland eigentlich noch nie irgendwas Gutes ausgegangen ist. Aktuell gefällt mir Deutschland nicht. Von mir aus kann Deutschland weg. Und wenn uns ein SPÖ-Bürgermeister jetzt zur Seite gesprungen ist, was ja quasi das Pendant zur SPD ist – auch diese SPDisierung unserer Band mag ich nicht. Mit der SPÖ oder SPD will ich nichts zu tun haben. 

 

Also hat Herr Stumptner gar nicht so Unrecht? Oder was bedeutet für dich linksradikal genau? 

Dass man gesellschaftliche Probleme in ihrer ganzen Komplexität betrachtet. Und nicht nur die Symptome. Probleme eher an der Wurzel anzupacken und nicht an den Blättern. Einfachstes Beispiel: Geflüchteten helfen, aber vor allem Fluchtursachen beseitigen. Und zwar radikal.  Nicht so wie die CDU, die das zwar auch verspricht, aber gleichzeitig Deals mit Regimen wie Saudi-Arabien macht, vor denen die Leute dann zu uns fliehen. 

 

Was ist also euer Auftrag als Band?

Gar keiner. Wir drei haben nicht viele gemeinsame politische Positionen. Selbst, wenn einer von uns sagt „Nazis sind doof“, könnten wir uns im Detail nicht einigen, weil wir erstmal „Nazi“ und „doof“ definieren müssten. Wir haben keinen gemeinsamen Plan, wie wir die Welt retten könnten – oder zerstören. Das reicht nicht für eine politische Positionierung. Also verstehen wir uns einfach als Rap-Crew. 

 

Ihr rappt: „Deutschland muss sterben“ – das könnte auch auf einer Antifa-Demo skandiert werden. Oder „Ihr seid 80 Millionen, die man abschlachten muss.“ Na gut, das vielleicht nicht.

Vieles von dem, was wir so rappen, passt zur Antifa. Ich war und bin selber bei Antifa-Veranstaltungen. Wir kommen alle drei aus dieser linken Suppe. Aber jetzt zu erklären, was genau wir ernst meinen, was Polemik ist und was, wie die 80 Millionen, die abgeschlachtet gehören, auch der extremste Linke nicht wirklich fordern würde – das will ich nicht. 

 

Aber es provoziert viele Leute offensichtlich.

Ich finde das immer gut, wenn sich diese Menschen ärgern. Wenn ich einem Typ wie Ken Jebsen – der unseren Song „Beate Zschäpe hört U2" verbieten lassen wollte, weil er scheinbar denkt, dass wir ihn darin als "Hetzer in deutscher Tradition“ bezeichnen – wenn ich so jemandem den Tag oder sogar mehrere Wochen versauen kann, finde ich das sehr gut. Und ich halte es für ein Erfolgserlebnis, wenn ein FPÖ-Politiker sich über uns aufregt und schlechte Laune bekommt.

 

Aber widerspricht das nicht deinem Ansatz, an die Wurzel der Probleme zu gehen? 

Das eine schließt das andere ja nicht aus. Am Bahnhof stehen und klatschen, wenn Geflüchtete ankommen, ist ja auch eine gute Sache. Also, um Menschen ein gutes Gefühl zu geben, nicht um Deutschland ganz toll darzustellen. Und trotzdem müssen die Fluchtursachen behoben werden. Wenn ich also die Rechten ein bisschen nerve, weil ich sage, dass ich aus Deutschland einen Baggersee machen will, müssen natürlich trotzdem die Experten sich fragen, wie man die Leute mit Argumenten erreicht. Wer das genau ist, warum die so sind. Nur sind wir da als Rap-Combo die falschen Adressaten. 

 

Ihr kümmert euch derweil um den Baggersee.

Ja, das wird toll! Am Rand des Sees würde ich dann gerne wohnen, an der Ostseite, weil die Sonnenuntergänge über dem See sicher toll wären. 

 

 

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