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Karriere mit Kind – wie können Mütter das schaffen?

Illustration: Daniela Rudolf-Lübke

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In dieser Kolumne geht es um Schwangerschaft und Eltern-Sein, um die Hürden, das Glück, die Mythen rund ums Thema Baby. Unsere Autorin ist Mutter einer dreijährigen und einer einjährigen Tochter. Folge 23: Wie Eltern trotz Kindern Karriere machen können. 

„Kinder sind Karrierekiller.“ Mit diesem Satz warnte mich vor einigen Jahren ein Arbeitskollege davor, schon am Anfang meines Berufslebens Mutter zu werden. Mit Gehaltssprüngen sei es dann nämlich erstmal vorbei, mit Beförderungen sowieso. Seine Warnung fand ich übergriffig, denn ich hatte ihn nicht um einen Rat gebeten. Faktisch gesehen hatte er allerdings Recht.  

Studien zeigen, dass Frauen mit Beginn ihrer Mutterschaft einen Einkommenseinbruch erleben, den sie oft auch Jahre später nicht aufholen. Bei Vätern gibt es diesen Effekt nicht, sie verdienen tendenziell sogar etwas mehr als zuvor. Nur für Frauen seien Kinder beim Gehalt eine Strafe, fasst Josef Zweimüller zusammen. Er hat im Rahmen einer dieser Studien ausgerechnet: Durchschnittlich kommen Mütter in Deutschland auch zehn Jahre nach der Geburt ihres ersten Kindes nur noch auf 40 Prozent ihres vorherigen Einkommens. Nun wird Frauen nicht der Großteil ihres Gehalts gestrichen, schlicht, weil sie Mütter sind. Gut die Hälfte des Einbruchs erklärt sich Zweimüller dadurch, dass Mütter häufiger als Väter lange Babypausen machen und eher in Teilzeit arbeiten. 

Ich habe Karriere gemacht. Nicht vor den Kindern, nicht nach den Kindern, sondern mit den Kindern

Um den Gehaltseinbruch kommt man als Mutter eigentlich nicht herum, so habe ich es auch erlebt. Im Geburtsjahr meiner ersten Tochter war ich in Elternzeit, verdiente dementsprechend weniger. Nach einem halben Jahr kehrte ich dann aber an meinen Arbeitsplatz zurück – mit einer Gehaltserhöhung, bald darauf folgte eine Beförderung. Ein „Bätsch“ geht raus an den ehemaligen Arbeitskollegen. Denn ich habe Karriere gemacht. Nicht vor den Kindern, nicht nach den Kindern, sondern mit den Kindern. 

Man könnte diesen Erfolg nun allein meinem Talent zuschreiben, meinen Leistungen. Aber zur Wahrheit gehört: Mein beruflicher Aufstieg parallel zur Mutterschaft war nur möglich, weil bei mir drei entscheidende Rahmenbedingungen stimmen.

Nummer 1: ein engagierter Partner. Mein Mann übernahm die Hälfte der Elternzeit, später reduzierte er seine Arbeitszeit und übernahm mehr Care-Arbeit als ich. Kinderkrankentage teilen mein Mann und ich uns gleichmäßig auf. Als Lehrer hat er einen familienfreundlichen Job, er arbeitet vor allem vormittags und hat die Schulferien frei. Auch die Arbeit in Teilzeit ist in diesem Beruf nichts Ungewöhnliches.

Ich hingegen kehrte in Vollzeit in den Job zurück, während ich noch stillte. Das wiederum war möglich durch Rahmenbedingung Nummer zwei: die Möglichkeit zu flexibler Arbeit. Als Ressortleitung bei der Süddeutschen Zeitung habe ich zwar viele Aufgaben, aber ich kann bei Bedarf Home Office machen und auch mal früher heim. Dann arbeite ich erst weiter, wenn die Kinder im Bett sind. Diese Kolumne entsteht beispielsweise meistens auf meinem Sofa, mit Laptop auf dem Schoß und dem Babyphon vor mir auf dem Couchtisch. Wenn die Kita zu hat, übernehme ich die Betreuung am Morgen und fahre erst in die Redaktion, wenn mein Mann aus der Schule kommt. Und da schwingt auch Rahmenbedingung Nummer 3 mit: Unsere Töchter werden nicht nur von uns, sondern auch in Einrichtungen wie Kita und Kindergarten betreut. Angesichts eines Mangels an Plätzen keine Selbstverständlichkeit.  

Unser Lebensmodell ist eher Ausnahme als Regel. Zwar zeigen Daten vom Statistischen Bundesamt, dass auch immer mehr Männer in Elternzeit gehen. Im Schnitt beziehen sie aber nur 3,8 Monate Elterngeld, während Mütter mehr als ein Jahr lang dem Arbeitsmarkt fernbleiben. Danach kehren viele Frauen nur in Teilzeit zurück in den Job, um die weitere Kinderbetreuung zu gewährleisten. Die in dieser Zeit verpassten Karrierechancen könnten sie oft auch langfristig nicht mehr aufholen, sagt Zweimüller in einem Interview zu seiner Studie.  

Zwar geben viele Väter bei einer Befragung an, sich die Care-Arbeit gerechter aufteilen zu wollen. Aber nur 21 Prozent der Elternpaare setzen das auch so um. Das kann an unflexiblen Arbeitszeiten liegen, an Berufen oder Vorgesetzen, die ein Arbeiten in Teilzeit erschweren – oder an traditionellen Rollenbildern. Doch für viele Paare ergibt es auch rein finanziell Sinn, dass die Mutter zuhause bleibt, während der Vater weiter Karriere macht. In den allermeisten Paarhaushalten ist der Mann der Hauptverdiener. Würde er seine Arbeitszeit zugunsten der Kinder reduzieren, würde dem Haushalt viel mehr Geld fehlen. Also reduziert die Frau ihre Arbeitszeit – und in Teilzeit lässt sich hierzulande nur in wenigen Unternehmen Karriere machen.  

Eine Freundin von mir hat das erlebt. Sie hatte Teams geleitet, trug viel Verantwortung, bevor sie schwanger wurde. Nach ihrer Elternzeit kam sie in Teilzeit zurück, um genau das wieder aufzunehmen – stattdessen bekam sie keine wichtigen Aufgaben mehr, fühlte sich aufs Abstellgleis befördert. Auch das ist Realität für viele Mütter: Sie werden nach ihrer Rückkehr vom Arbeitsgeber ausgebremst.  

Aber doch sicher nur wegen der Teilzeit? Eine Erhöhung ihrer Arbeitsstunden auf den Vor-Baby-Stand wurde im Fall meiner Freundin abgelehnt. Erst, als sie sich bei ihrem Chef beschwerte (und nebenbei erwähnte, dass sie kein weiteres Kind plane), änderte sich etwas. Ein Einzelfall ist sie damit nicht, wie die Frankfurter Karrierestudien belegen. Bei den Befragungen gaben etliche Frauen an, aufgrund ihrer Mutterschaft diskriminiert, bei Beförderungen kategorisch übergangen zu werden. 

Karriere und Kind? Einige Frauen wollen gar nicht beides

Die Autor:innen der Studie fordern ein Umdenken in den Unternehmen und regen unter anderem den Ausbau von flexiblem Home Office und qualifizierten Teilzeittätigkeiten an. Auch das Jobsharing in Führungspositionen werde in Deutschland noch zu selten ermöglicht. Ohne solche Maßnahmen sei die Vereinbarkeit von Karriere und Familie für viele Frauen noch immer eine enorme Herausforderung. 

Gleichzeitig ist auch wahr: Einige Frauen wollen gar nicht beides – Mutter sein und Karriere machen. Eine meiner Freundinnen zum Beispiel hat sich aktiv gegen ihre Karriere entschieden, weil sie gerne Hausfrau und Mutter ist. Weil ihr Mann sehr gut verdient, kann sie sich das leisten. Als Ausgleich für ihre unbezahlte Care-Arbeit zahlt er in ihre Rentenkasse ein.  

Für mich steht fest: Bevor Paare eine Familie gründen, sollten sie offen über ihre Wünsche in Sachen Aufgabenteilung und Karriere sprechen und einen Plan machen. Mein Mann und ich haben uns auch bei Arbeitskolleg:innen, die bereits Kinder hatten, über die Vereinbarkeit und Möglichkeiten bei unseren Arbeitgebern erkundigt. Als ich dann schwanger wurde, haben wir auch klar und frühzeitig mit unseren Vorgesetzten darüber gesprochen, wie wir uns die Rückkehr an den Arbeitsplatz vorstellen.  

Für uns hat das gut geklappt: Nur in acht Prozent der Paarhaushalte mit Kind ist die Frau die Hauptverdienerin. Meine Familie gehört dazu.  

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