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Das ModeABC. Heute: M wie Möchtegernmannequin
Anfang nächsten Jahres beginnt die vierte Staffel von „Germany’s Next Topmodel“ – neben „Popstars“ und „Singing Bee“ das dritte Glied in der Castingshow-Reihe von ProSieben, in dem Möchtegernmannequins von der omnipräsenten Moderatorin Heidi Klum zu C&A-Models gemacht werden. Der Name der Sendung ist spätestens seit Ende der ersten Staffel irreführend. Seitdem ist klar, dass sich aus den ehrgeizigen Kandidatinnen unter Heidi Klums Fuchtel alles andere als ein sogenanntes Topmodel herauskristallisiert. Lena Gercke, blonde Siegerin von Staffel eins, durfte nach ihrem Heldensieg als Hostess bei Autoschauen neue Modelle vorstellen, dreimal lichthupen und dann wieder aussteigen. Statt Topmodel ist sie nun eines der vielen Aushängeschilder von ProSieben und läuft über rote Teppiche bei Kinopremieren von Til Schweiger-Produktionen, aber nicht auf internationalen Laufstegen. Gleiches gilt für die Gewinnerinnen der zweiten und dritten Staffel, für den aparten Rotschopf Barbara Meier und die beneidenswert langbeinige Jennifer Hof, die zumindest auf Werbeplakaten des Düsseldorfer Bekleidungsunternehmens C&A zu sehen waren. Trotzdem sind diese zweifelsohne gutaussehenden Mädels keine Topmodels. Wie auch, wenn selbst ihre Mentorin Heidi Klum niemals ein Topmodel war.
„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.
Klum wurde Anfang der 90er von Thomas Gottschalk in dessen Model-Castingshow „Model ’92“ zum Nachwuchsmannequin gekürt (ja, selbst Gottschalk hatte solch eine Sendung!). Darauf folgte zunächst nichts, dann Klums Umzug nach New York und das Durchbeißen bei diversen Castings für Fotoproduktionen. Und dabei blieb es auch. Zwar gehört Heidi Klum zu den meistfotografierten Frauen - ihre Titelbilder für „Sports Illustrated“ sind weltbekannt - ein Topmodel war sie allerdings nie. Sie ist wohl mehr die verzweifelt gesuchte deutsche Antwort auf die amerikanische It-Girl-Welle, angeführt von Paris Hilton. Diese Paris ist allerdings das einzige Mode-Paris, das man mit Heidi Klum in Zusammenhang bringen kann.
Das Wort „Topmodel“ ist deckungsgleich mit dem Begriff „Supermodel“, der vor allem in den 80er und 90er Jahren durch die grazilen Schönheiten Eva Herzigová, Nadja Auermann, Tatjana Patitz, Helena Christensen, Linda Evangelista, Naomi Campbell und noch wenige andere geprägt wurde. Diese Frauen liefen während unzähliger Fashionweeks in New York, London, Mailand und Paris, sie liefen so lange, bis ihre Prominenz über den Modemikrokosmos hinausging, bis man sie auf der Straße erkannte, bis sie nicht nur Fashionfreunden, sondern ebenfalls der ganzen Welt bekannt waren.
Basis für ihre Berühmtheit war der anonyme Laufsteg, eine Einreihung neben Dutzenden anderen Models, die der breiten Masse ebenfalls nicht bekannt waren. Denn das ist die Grundvoraussetzung für den Karriereaufstieg zum Topmodel: Anonymität.
Laufstegmodels sollen Mode und damit einen Designer präsentieren, und nicht sich selbst. Ein gutes Model ist erkennbar daran, dass man ihr Gesicht immer wieder auf Werbeanzeigen in Hochglanzmagazinen entdeckt, ihren Namen aber noch nie gehört hat. Heidi Klum versucht in ihrer Show, das Pferd von hinten aufzuzäumen, und verschafft den Kandidatinnen einen kurz anhaltenden Bekanntheitsgrad - lange bevor sie ein Designerkleid am Körper tragen. Statt Supermodels kommen deshalb aus Klums Kaderschmiede B-prominente Mediengesichter, die nach wenigen Monaten vergessen sind.
Lena Gercke moderiert zwar nun die österreichische Version von „Germany’s Next Topmodel“ – eine Modenschau ist sie nach ihrem Sieg von „GNTM“ allerdings nicht mehr gelaufen. Das tun andere, die Supermodels der Gegenwart, Mädchen wie Lily Donaldson, Jessica Stam, Mariacarla Boscono, Toni Garrn und Cintia Dicker.
Wer?
Eben.
Text: julia-finger - Illustration: Katharina Bitzl