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Patagonia will keine Kleidung mehr an die Finanzindustrie liefern

Screenshot: Instagram / midtownuniform

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Als Bekleidungsfirma hat man üblicherweise wenig Möglichkeiten, sich seine Kunden auszusuchen. Man kann seine Klamotten natürlich sehr teuer machen, wenn man nicht von Hinz und Kunz getragen werden möchte. Damit kann man aber nicht verhindern, dass neureiche T-Shirt-Designer und Youtuber sich von Kopf bis Fuß in die Luxus-Marke kleiden, um Geschmack zu simulieren. Oder man entwirft so sperrige Mode, dass nur sehr mutige und Modeversierte Menschen Lust haben, die Marke zu tragen.

Was aber macht man, wenn die eigene, ökologisch und fair produzierte Marke plötzlich von superreichen Finance-Bros und Silicon-Valley-CEOs entdeckt wird, denen nichts zu teuer ist? Und die sich gerne ein nachhaltiges Image überziehen, während sie die Welt mit ihrem Turbokapitalismus an den Rand des Abgrunds steuern?

Genau das ist der Outdoormarke „Patagonia“ passiert. Tech-Bros, Finance-Bros, Sales-Bros – all diese Typen haben die „Power Vest“ , eine Fleece- oder Steppweste, für sich entdeckt und tragen sie mit einem solchen Enthusiasmus, dass die Weste es sogar in die Popkultur geschafft hat. Selbstverständlich sind nahezu 90 Prozent der Träger dieser Klamotten männlich, weiß und extrem privilegiert. Geschätzt die Hälfte von ihnen soll Gerüchten zufolge Chad heißen, die andere Brad.

Diese „Power Vest“-Business-Uniform hat sich in den Jahren nach der Finanzkrise 2007 entwickelt, als der bisher übliche, maßgeschneiderte Anzug plötzlich nicht mehr ganz so vertrauenserweckend aussah, sondern eher die Gier seines Trägers transportierte. Mit der „Power Vest“ (wichtig: das aufgestickte Firmenlogo, das dem Gegenüber gleich die Zugehörigkeit zur Wirtschafts-Elite signalisiert), gepaart mit Slacks und einem meist hellblauen Button-Down-Hemd, versuchten die Finanz-Bros ein lässigeres Image zu transportieren und sich den Normalos ein wenig anzunähern. Seit einigen Jahren ist diese Uniform in den Finanz-Hochburgen so verbreitet, dass sich sogar ein satirischer Instagram-Account Midtown Uniform über die Typen in Westen lustig macht. 

Dass sich diese Typen ausgerechnet die Outdoor Marke „Patagonia“ auserkoren haben, mutet da fast ironisch an. Denn die Marke steht so ziemlich für genau das Gegenteil der Turbo-Kapitalismus-Welt:

Seit der Gründung durch den Kletterer und Surfer Yvon Chouinard im Jahr 1973 hat das Unternehmen sich Jahr für Jahr mehr ökologischen und sozial verantwortlichen Regeln auferlegt und gilt heute als absolutes Vorzeigeunternehmen. „Patagonia“ ist Mitbegründer der Allianz „One Percent for the Planet“, in der Unternehmen vernetzt sind, die freiwillig ein Prozent des Gesamtumsatzes oder zehn Prozent des Gewinns an Umweltorganisationen spenden.

Dass sie als Lieblingsmarke der Investmentbanker und der Silicon Valley-CEOs gilt, scheint den Verantwortlichen bei „Patagonia“ gegen den Strich gegangen zu sein. Und so haben sie beschlossen, in Zukunft keine Großbestellungen von Finanz- und Investmentfirmen anzunehmen. In einer Mail an Binna Kim, Chefin einer Investment-Firma, erklärte das Unternehmen: „Patagonia hat nichts gegen Ihren Klienten oder die Finanzindustrie, wir wollen dort nur momentan kein Marketing mehr machen. (...) Wir konzentrieren uns jetzt darauf, nur noch mit Unternehmen und Marken zusammen zu arbeiten, die unsere Philosophie teilen: Sportarten, für die wir Ausrüstung herstellen, nachhaltige Landwirtschaft und Umweltaktivisten. Das ist eine relativ neue Richtung, in die unsere Marke geht und hängt mit unserer neuer Firmenphilosophie zusammen. Patagonia möchte nicht mit Unternehmen assoziiert werden, die in der Ölindustrie sind, Minen betreiben, (...) oder anderen Unternehmen, die von Patagonia als umweltschädigend betrachtet werden.“

Das Unternehmen bestätigte diese neue Maßgabe auch einer Reporterin von Buzzfeed. Mit dieser Maßnahme wolle man die Firmenphilosophie „Wir sind im Geschäft, um unseren Heimatplaneten zu retten“ weiter verfolgen. 

Mit den nun westenlosen Finanz-Bros muss man übrigens kein übermäßiges Mitleid haben. Das neueste Statussymbol soll angeblich ein überdimensionierter Turnbeutel sein, von Experten auch  „Douche Bag“ genannt. 

chwae 

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