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Jahrestag des Rana-Plaza-Einsturzes in Bangladesch
Mid-Season Sale, „heute im Sonderangebot“, „zwei Paar zum Preis von einem“ – jeden Tag werden wir Zeugen der Preisschlacht vieler Modeketten. Immer schneller wechseln die Kollektionen in den Geschäften und immer billiger soll unsere Kleidung sein. Das geht oft zu Lasten der Menschen, die sie herstellen.
Aber erst der Einsturz des Rana-Plaza-Gebäudes in Bangladesch am 24. April 2013 löste eine Diskussion über die Arbeitsbedingungen in Textilfabriken aus. Bei der Katastrophe kamen 1135 Menschen um. In dem Gebäude wurde Kleidung für deutsche und internationale Modeketten hergestellt.
Damit diese Debatte nicht abreißt, findet jedes Jahr am Tag des Einsturzes der „Fashion Revolution Day“ statt. Auch am fünften Jahrestag der Katastrophe machen Aktivisten mit unterschiedlichen Aktionen auf die immer noch unwürdigen Arbeitsbedingungen von Menschen, die unsere Kleidung herstellen, aufmerksam.
Einer, der jetzt schon etwas anders macht, ist der österreichische Designer Mark Baigent. Er lebt auf Bali und sammelte mit einer Kickstarter-Kampagne über 16.000 Euro, um dort eine Fabrik zu kaufen. Dort lässt er seine Kollektionen unter fairen Bedingungen herstellen.
jetzt: Was hat sich aus deiner Sicht nach der Katastrophe vor fünf Jahren in der Modeindustrie verändert?
Mark Baigent: Wenn ich ehrlich bin, hat sich aus meiner Sicht wenig verändert. Die betroffenen Unternehmen haben für die Opfer des Einsturzes einen Fond in Höhe von 30 Millionen Dollar eingerichtet. Aber im Vergleich zu deren Umsätzen ist das eine eher mickrige Summe. Der Modekonzern Mango hat zum Beispiel in der Rana Plaza Kleidung produzieren lassen. 2016 hatte das Unternehmen einen Umsatz von 2,2 Milliarden Euro.
Was muss sich grundsätzlich ändern?
Große Bekleidungshersteller müssen umdenken. Eine Firma wie H&M bietet im Jahr mehr als 32 Kollektionen an. Ist das notwendig? Firmen bringen meistens das Argument, dass die Nachfrage groß ist. Das stimmt sicherlich, aber die Gier nach Profit ist größer. Wenn die Konsequenzen der Bekleidungsindustrie so verheerend sind wie heutzutage, dann muss man seine Kunden dazu erziehen, dass nicht jedes Kleidungsstück unbegrenzt verfügbar ist.
War fair hergestellte Kleidung auch vor deinem Fabrikkauf ein Thema für dich?
Faire Arbeitsbedingungen waren mir immer schon sehr wichtig. Bevor ich nach Bali gekommen bin, habe ich meine Kollektionen in einer Fabrik in Indien unter fairen Bedingungen produzieren lassen. Es reicht nicht, wie H&M nur irgendwelche scheinheiligen Aktionen und Angebote zu machen. Etwa können Kunden alte Kleidung in einer Filiale abgeben. Nur circa ein Prozent dieser Sachen können auch wirklich wiederverwertet werden. Eine Leggings mit Elasthan-Anteil kann zum Beispiel nicht recycelt werden.
Was verstehst du unter fairen Arbeitsbedingungen?
Unter Fairtrade versteht man nicht, dass die Stoffe ökologisch sind. Es geht um die Menschen. Es geht darum, dass man ihnen ein faires Gehalt zahlt. Dass man quasi ein Arbeitsumfeld schafft, wie wir es in Europa gewohnt sind und die Angestellten ein 13. Monatsgehalt und Überstunden bezahlt bekommen. Auch die Anzahl der Pausen sollte fest vorgeschrieben sein. Ich weiß nicht, wie das in Deutschland ist, aber in Österreich ist es per Gesetz vorgeschrieben, dass man bei einem Acht-Stunden-Tag, eine Stunde Pause hat. Das ist bei uns in der Fabrik auch so. Wir bezahlen auch die Krankenversicherung für unsere Angestellten und ihre Familien. Das sind Standards, die in Indonesien nicht verpflichtend sind.
Gab es diese Standards schon, bevor du die Fabrik übernommen hast?Als ich die Fabrik übernommen habe, herrschten schon gute Arbeitsbedingungen. Dort wurden schon vor meinem Kauf die Versicherung der Angestellten bezahlt.
Gibt es auf Bali viele faire Fabriken?
Es gibt schon noch andere Unternehmen, die ihre Arbeiter gut bezahlen und die auch nach einer Fairtrade-Prämisse handeln. Ich würde aber sagen, das sind nicht viele. Viele Unternehmen, vor allem die von westlichen Leuten geführten, halten sich nicht daran. Viele sind nicht registriert. Das ist bei uns anders. Wir sind registriert und zu 100 Prozent legal.
Was macht dich zu einem guten Arbeitgeber?
Ich habe zum Beispiel Schals in meiner Kollektion und dafür kooperiere ich mit Weberinnen aus einem kleinen Dorf auf dem Festland. Das sind 50-jährige Mütterchen, die noch drei Zähne haben und meine Schals weben. Zu denen fliege ich hin und bringe ihnen Zeichnungen mit, wie ich die Schals gerne hätte. Sie machen dann erste Vorschläge. Gemeinsam kommen wir dann auf das endgültige Design. Ich kaufe die auch direkt vor Ort. Mir ist es wichtig, Menschen zu helfen, die sonst ihre Ware zu Dumpingpreisen an irgendwelche Mittelsmänner verkaufen müssen, die dann abkassieren.
Hat sich deine Mode verändert, seitdem du auf Bali bist?
Ja, sie hat sich verändert. Als ich noch in Österreich gearbeitet habe, war meine Mode sehr düster und androgyn. Das ist eigentlich überhaupt nicht mein Stil. Ich mag lange Ketten und wallenden Stoffe. Auf Bali hatte ich Zeit, mich wieder auf mich zu konzentrieren und wieder bin zu dem zurückgekommen, was ich gut finde.