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Mixtape: Sophie Passmann über ihre Lieblingsmusik
In der Mixtape-Kolumne unterhält sich Jan Limpert mit kreativen und musikalischen Köpfen über ihre Lieblingssongs – und packt sie für euch in eine Spotify-Playlist.
Sophie Passmann ist Moderatorin, Autorin und Twitter-Influencerin. Sie ist unter anderem dafür berühmt, die Verhaltensweisen ihres Umfelds zu analysieren, zu entlarven und sie dann schonungslos auf den Punkt zu bringen. Mit ihrem neuen Roman „Komplett Gänsehaut“ ist der 27-Jährigen genau das wieder gelungen. Entsprechend landete sie auf der Spiegel-Bestsellerliste und den Talkshow-Sesseln Deutschlands.
Sophie Passmann liebt aber nicht nur die Literatur und das Schreiben, sondern auch die Musik. Dass diese Faszination weit über ihre 2019 erschienene literarische Liebeserklärung an Frank Ocean hinausgeht, wird im Gespräch mit ihr schnell deutlich. Warum sie ein Harry-Styles-Fan ist (und gleichzeitig auch wieder nicht), und welcher Musikgeschmack sie abturnt, erzählt Passmann im Mixtape-Interview.
Sophie Passmanns Mixtape:
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jetzt: Was war deine bisher größte musikalische Geschmacksverirrung?
Sophie Passmann: Ich war auf der Silvesterfeier eines Kommilitonen eingeladen und ich hatte eine Playlist erstellt, die die Gäste über drei Generationen hinweg begeistern sollte. Spoiler: Das war nicht der Fall. In der Playlist war Musik aus der Kategorie Pop-Radio-Banger, wie Alessia Cara, Justin Timberlake und Bruno Mars – ich bin einfach großer Fan von dieser Art Musik. Nach zwei Gläsern Wein meinte ein Freund zu mir: „Sophie bitte mach diese Playlist aus. Sie ist wirklich furchtbar.“
Na dann hoffen wir mal, dass die Playlist, die du für uns erstellt hast, besser ankommt. In deinem Buch „Komplett Gänsehaut“ zitierst du eine – wie ich finde sehr sinnvolle – Dating-Weisheit: „If you go home with somebody and they don’t have books, don’t sleep with them“. Welcher Musikgeschmack würde dich bei einem Date so sehr abturnen, dass du die Flucht ergreifen würdest?
Ich habe eine Grundregel, die ich jeder heterosexuellen Frau in meinem Alter ans Herz legen würde: Beim ersten Date mit Männern nie über Musik reden! Dann empfehlen sie dir nämlich meistens irgendwelche Platten von vor zwölf Jahren, die du eh schon kennst. Ich glaube, ich könnte mich mit allem anfreunden – außer Volksmusik. Aber ich fände es schon weird, wenn ich mit jemandem nach Hause gehen würde und es würde ein Poster von den Amigos über seinem Bett hängen. Oder er hört nur Männer, das wäre auch komisch. Aber je nach Verzweiflungsgrad wäre das keine „Red Flag“ für mich.
Was würdest du tun, wenn dein Date Harry-Styles-Fan wäre und ein Poster von ihm über seinem Bett hängen würde?
Dann würde ich nach Hause gehen, weil ich davon ausgehen würde, dass die Person homosexuell ist. Ich würde das aber auch traurig finden, weil ich sehr gerne mit dieser Person verheiratet gewesen wäre. Harry-Styles-Fan zu sein, ist immer eine gute Idee. Er ist einer der größten Glow-Ups der letzten Jahre für mich.
Als ich den Song „Fine Line“ in deiner Playlist gesehen habe, musste ich an deinen Auftritt bei Joko & Klaas' Männerwelten denken, bei dem du über toxische Männlichkeit gesprochen hast. Harry Styles ist ja – zumindest optisch – ein Gegenentwurf zu toxischer Männlichkeit.
Ich finde Harry Styles ist vor allem mit seinem Vogue-Shooting aus einer Komfort-Zone herausgegangen, die für Welt-Stars seiner Kragenweite existiert. Sich als Mann im Kleid auf dem Cover der Vogue zu zeigen, ist mehr als zu sagen: „Frauen sind auch Menschen.“ Das ist ein Bekennen zu weiblichen Codes! Er hat aber erschreckend viel Kritik von anderen Promis bekommen, die darüber einfach fassungslos waren. Ich bin bei Harry Styles aber auch zwiegespalten.
„Billie Eilish destilliert das Lebensgefühl einer ganzen Generation“
Wie meinst du das?
Es hat mich ein bisschen irritiert, weil er letztes Jahr bei einer Spotify-Session einen Song eingespielt hat, in dem er sehr deutlich mit seiner Bisexualität kokettiert (Anm. der Redaktion: Es handelt sich um den Song „Girl Crush“). Und auch bei seiner Album-Promo hat er immer wieder damit gespielt, dass er bisexuell ist und eventuell sogar einen Freund hat. Und das nächste, das ich lese, ist, dass er mit Schauspielerin Olivia Wilde liiert ist. Da dachte ich mir kurz, ob wir nicht auf etwas reingefallen sind. Ich habe mich sofort an die Männer zurückerinnert, die sich im Studium die Nägel lackieren und denken, sie seien jetzt keine Sexisten mehr. Soweit würde ich bei Styles aber natürlich nicht gehen: Er trägt schon ein sehr progressives Männerbild nach außen, und repräsentiert eine Queerness, die in der Popwelt bis dahin selten repräsentiert wird, nämlich eine, die exzentrisch genug ist, um sie als Statement zu verstehen, aber beiläufig genug ist, um sie nicht nur als Performance begreifen zu müssen.
Apropos Queerness: Girl in Red wird in den Medien oft als eine Art Ikone queerer Popmusik gesehen. Zurecht?
Ich finde, Girl in Red haben den Titel Ikone noch nicht verdient – Styles übrigens auch nicht, dafür muss man doch länger im Geschäft sein. In meinen Augen sind solche Künstlerinnen wie Cher und Madonna sowas wie Ikonen – auch für Teile queerer Communitys.
Was begeistert dich an ihrem Song „I wanna be your girlfriend“?
Was ich toll fand, ist, dass er als Tiktok-Meme bekannt wurde und eine Debatte losgetreten hat. Mädels auf Tiktok haben Textzeilen aus dem Song in die Kamera gesungen, die davon handeln, wie Girl in Red sich in ihre beste, heterosexuelle Freundin verliebt hat. Lesbische Frauen haben dann darauf reagiert und gesagt: „Das passiert dir nicht, wenn du hetero bist, sondern wenn du lesbisch oder bi bist. Denk doch mal darüber nach, ob das nicht vielleicht mehr als ein Meme ist!“ Das fand ich sehr faszinierend, weil es gezeigt hat, mit welchen Vorahnungen Frauen in ihrer Teenager-Zeit auf Sexualität stoßen.
Ich glaube bei Billie Eilish werden wir uns eher einig, dass sie eine Ikone ist. Du bist ein riesiger Fan und kennst ihren Song-Katalog in und auswendig. Warum fiel die Wahl auf „Xanny“?
In meinen Augen ist das der größte Banger. Ich bewundere Billie Eilish sehr. Auf vielen Ebenen. Sie destilliert das Lebensgefühl einer ganzen Generation, wie ich das von keinem anderen Künstler, keiner anderen Künstlerin kenne. Ich halte sie musikalisch für eine Überbegabte. Das einzige, was ich sagen würde, ist, dass es mich ihre Songtexte als 27-jährige, im Leben stehende Frau nicht so sehr abholen. Das meine ich nicht herablassend. Da ist immer ein sanfter Subtext von „Ich bin anders als ihr“. Ich finde das nicht schlimm und für Teenager perfekt, nur holt mich das nicht ganz so ab. Der Song hat aber eine phänomenale Bridge. Eilish hat eine in meinen Augen neue musikalische Kategorie des Beat-Drops in die Popmusik gebracht, weil sie es schafft, dieses Konzept auf Radiomusik zu übertragen. Ich könnte mir den Song tausend Mal anhören und ich hätte immer noch Stellen, die ich nicht verstehe. Diese minutiöse Art Musik zu produzieren, diese perfekte Art zu singen, wo du ganz genau hören kannst, dass sie das Gegenteil eines One-Take-Wonders ist. Und bei „Xanny“ hört man das besonders gut.
Wenn dich „Xanny“ so begeistert, obwohl der Text dich nicht so abholt – geht dir das öfter so? Also achtest du generell weniger auf den Text, wenn du Musik hörst?
Ich gehöre grundsätzlicher in die Kategorie: Ein guter Text kann nicht über einen schlechten Song retten, aber andersherum ist es selten so. Da ist Billie Eilish die Ausnahme. Es gibt Bands, da komme ich gar nicht umhin, mir den Text genau anzuschauen, beziehungsweise anzuhören.
Bei welchem Song in der Playlist findest du denn den Text faszinierend?
Sophie Hungers Cover von Jaques Brels „Ne me quitte pas“. Das ist eine der wenigen Situationen, bei der das Cover eines Chansons schöner ist als das Original. Da geht es ja soweit, dass sie singt: „Ich durchwühle die Erde bis nach meinem Tod, um deinen Körper mit Gold und Licht zu bedecken.“ Das ist eine Art von Kitsch, die durch den Klang der französischen Sprache so aufgebrochen wird, dass es mich sehr berührt. Und ohne den Text wäre der für mich einfach nur ein gut gesungenes, französisches Lied.