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Mies aufgelegt: Patrick Pulsinger beim DJ-Battle ohne Battle
Mein größtes DJ-Desaster habe ich im Winter 1997 in Kanada erlebt. Während in Europa die Zeit der Mega-Raves längst passé war, florierte in Montreal noch eine Szene, bei der an einem Abend in einer Riesenhalle 50 oder mehr DJs hintereinander durchgeschleust wurden. Hauptsache richtig zugedröhnt und laute Musik im Ohr. Eigentlich kein Job für mich - wenn die Veranstalter nicht traumhafte Gagen versprochen hätten: Also steige ich in Wien in den Flieger, um mich gute zehn Stunden später in einem Gewerbegebiet irgendwo am Stadtrand von Montreal wiederzufinden. Eine alte Industriehalle sollte den Rave beherbergen. „Du legst in der zweiten Area auf“, erklärt man mir bei der Ankunft, „wir wollen da anspruchsvollen Electro als Kontrastprogramm zur Main Area hören.“
„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.
Was mich doch ein wenig wunderte: Die beiden Dancefloors schienen lediglich durch einen Vorhang voneinander getrennt – die dazugehörigen DJ-Pulte waren so aufgestellt, dass die DJs Rücken an Rücken, mit Blick auf ihren jeweiligen Tanzboden auflegten. Ansonsten aber schied sie nur ein Stück Stoff voneinander. Als ich meinen Koffer die Kanzel hochschleppe, blicken einige hundert Raver erwartungsvoll in meine Richtung. Bum, bum, bum dröhnt der brettharte Techno aus dem Main-Room hinter mir. Ich hieve meine erste Platte auf den Teller: „May The Funk Be With You“, eine Old School Electro Nummer von den Jedi Knights. Normalerweise der ideale Einstieg, um die Affinität des Publikums zu gebrochenen Beats zu testen. Die Nadel dreht sich bereits sekundenlang in der Rille. Doch ich kann partout nichts hören – bis auf ein ohrenbetäubendes bum, bum, bum, bum. Ganz klar der Sound von drüben. Stimmt etwa was mit der Anlage nicht? Ich haste auf die Tanzfläche, spitze die Ohren: Sind da irgendwo die Jedi Knights auszumachen? Fehlanzeige. Also zurück und probeweise die Regler der Anlage ganz runterfahren. Kein Unterschied zu vorhin. Die Menschen tanzen weiter, als wäre nichts geschehen. Recken die Hände in die Luft. Schreien verzückt, wenn mein Kollege hinter dem Vorhang einen Break spielt. Das Ganze funktioniert offensichtlich auch ohne mein Zutun: Also schiebe ich die halb ausgespielten Jedi Knights wieder in die Hülle zurück, hole mir einen, zwei, drei Drinks und blättere den Rest der Zeit zur Zerstreuung in meiner Plattensammlung herum. Zwei Stunden lang. Niemand beschwert sich am DJ-Pult. Alle sind offensichtlich glücklich – so lange es nur bum bum macht. Pünktlich zur Ablösung klopft mir der Veranstalter auf die Schulter: „Hey, super aufgelegt! Toll mit den zwei Räumen, oder? Unser Konzept ist voll aufgegangen!“ Ich nicke nur stumm. Und stecke lächelnd den Umschlag mit der Gage ein...