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Mies aufgelegt. Heute: TRAXX verscherzt es sich mit Kanada

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Mein schlimmster DJ-Abend? Das muss 2002 in Montreal gewesen sein. Ich hatte gerade mein erstes Album für Gigolo Records aufgenommen und war als Doppelpack mit einem Labelkollegen in den angeblich besten Electro-Schuppen der kanadischen Metropole gebucht worden. Die Veranstalter hatten ordentlich geklotzt: Ich wurde erster Klasse aus Chicago eingeflogen, wohnte in einem Nobelhotel, das wohl auch für Popstars aus der Britney-Spears-Liga angemessen gewesen wäre. Entsprechend hochgestimmt sah ich dem Abend entgegen: Endlich die überfällige Anerkennung. Schließlich hatte ich in meiner Heimatstadt Chicago ein gutes Jahrzehnt damit verbracht, Kollegen zu beknieen, um jede Minute Spielzeit auf der DJ-Kanzel zu betteln. Ein ganzer Abend für mich? Das war lange undenkbar. So tingelte ich seit 1988 als DJ Reservebank durch örtliche House- und angesagten Clubs. Meist erntete ich nur ein Achselzucken. Und den Ratschlag, mich doch erst mal mit dem Besitzer anzufreunden. Ich nahm also, was mir blieb: Die Restzeit, wenn schon alle ihre Koffer packten, es dem hauseigenen DJ pressierte, nach Hause zu kommen: Das war mein Auftritt. Die letzten 10 –15 Minuten der Nacht. Mit müden Gästen und nervösem Personal. Um hier zu punkten, spielte ich immer extremeren Stoff, kombinierte frühe Househymnen von Steve Silk Hurley und Lil Louis mit altem Disco, James Brown und HipHop – Hauptsache man würde mich in Erinnerung behalten. So ging ich auch diesmal vor. Nachdem mein französischer Kollege wegen technischen Problemen das Handtuch geworfen hatte - sein Sampler funktionierte nicht auf amerikanischer Netzspannung – war es an mir, den Abend zu eröffnen. Ich wählte dafür eine meiner größten Raritäten: Ein unveröffentlichter Mix von IBM. Rohe Synthesizer, polterndes, aggressives Elektroschlagzeug, metallischer Sound. Der ganz große Schmutz, der mich seit jeher am Chicago House faszinierte. Auf der Tanzfläche stolperten ein paar verunsicherte Gestalten. Aber das Set hatte ja erst gerade angefangen - ich würde den akustischen Donnerschlag als Auftakt für eine Tour de Force durch die schwarze Discogeschichte der 70er bis 90er nutzen. So malte ich mir das aus. Bis der Clubmanager mit verkniffenem Gesicht zu mir an die DJ-Kanzel trat: Ob es in Ordnung wäre, wenn er mich auf der Stelle auszahlen würde? Volles Gehalt und ich dürfte mich gerne den Rest des Abends an der Bar vergnügen? Der hauseigene DJ würde dann übernehmen. „Sicher?“ Ich glaubte noch an einen Scherz. Da blätterte er mir schon die Gage hin. Ich steckte den Umschlag ein, nahm die Platte vom Teller: So viel Geld für gerade mal eineinhalb Minuten. Länger hatte IBM nicht gespielt. Und doch blieb ein bitterer Nachgeschmack: Ich war zu 110%igem Einsatz bereit gewesen, wünschte mir im Grunde nichts mehr, als das Publikum mit meinem Mix zu hypnotisieren, und dafür einen ganzen Abend Zeit zu haben. Warum der Manager mich so schnell loswerden wollte? Ich hatte mit allem gerechnet. Aber nicht damit. „Teufelsanbetungsmusik“ nannte er meine liebste Plattenkoffer-Rarität. Sollte ich meine Scheiben vielleicht umsortieren? Gospelnde Disco-Hymnen an den Anfang, und das höllische IBM-Teil für die letzten 15 Minuten, wenn schon alle ihre Koffer packten? Doch der fromme Vorsatz kam zu spät. Die Geschichte machte die Runde – in der Version des Clubmanagers. Ich wurde seitdem nie wieder nach Kanada gebucht...

Text: jonathan-fischer - Bild: Nation Artist

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