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Mies aufgelegt. Heute: Lester Jones lernt Münchner Beamte kennen

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Mein schlimmstes Erlebnis als DJ? Das ist ein paar Jahre her, spielte sich auf dem Münchner Flughafen ab und drohte mir einen im Grunde gelungenen Abend im Nachhinein noch gründlich zu vermiesen. Ich war in London für einen Gig bei der „Eurobeat 2000“ Party engagiert worden. Zwei Koffer mit jeweils 75 ausgewählten Techno-, Elektro und House-Maxis waren mein wertvollstes Gepäck, als ich am nächsten Tag etwas übermüdet aus dem Flieger stieg. Jetzt nur noch eine halbe Stunde S-Bahnfahrt und ich könnte mich endlich zu Hause aufs Sofa hauen. Bis die Zoll-Fahnder mich am Ausgang des Gepäckbereichs zu sich heranwinkten: „Wir würden gerne Ihr Gepäck untersuchen“. Klar. Ich bin in München geboren, habe aber als Sohn eines Afroamerikaners eine dunklere Hautfarbe als die meisten anderen Passagiere. Dazu trage ich ausgerechnet Rastalocken. Ob sich ein Drogenkurier wirklich auf diese Weise tarnen würde? Ich bin wütend, dass es immer mich trifft. Würde den Gesetzeshütern, die mir bedeutetn „zurückzugehen wo ich herkomme“, gerne entgegnen, dass sie mich gerade genau daran hindern. Stattdessen halte ich die Klappe. Hatte mein DJ- Kollege Derrick May in einer ähnlichen Situation nicht 24 Stunden auf der Wache verbringen müssen, als er wegen eines „Radioaktiv“-Aufklebers auf seinem Plattenkoffer flachste, er sei von der Internationalen Atomenergie-Behörde? Ich schaute drei Beamten zu, die sich über meinen wertvollsten DJ-Besitz hermachten. Jede einzelne Schallplatte mit groben Bewegungen aus der Hülle reißen. Und dann – schon wieder kein gepresstes Marihuana – ohne jede Mühe um Ordnung auf einen großen Haufen zusammenwarfen. Mir taten die Finger der Beamten weh, mit der sie das Vinyl betatschen. Mich schmerzte jeder Knall auf den Plattenstapel. Am meisten aber verletzt die grobe Art mit der sie mich, den vermeintlichen Verbrecher, behandeln. Ja, verdammt, ich hatte Drogen dabei. Aber die waren legal und entfalten ihre Wirkung nur per Plattenspieler. Als die Beamten die letzte Maxi auf den Tisch pfefferten, ohne etwas gefunden zu haben, entschuldigten sie sich nicht etwa. Sondern baten mich, verärgert über den Fehlschlag, in den hinteren Raum: „Bitte mitkommen zur Leibesvisitation.“ Wäre doch gelacht, wenn man bei einem DJ kein Rauschgift finden könnte. Die Demütigung – nackt ausziehen, vornüber beugen – dauerte noch einmal eine knappe halbe Stunde. Dann durfte ich meine 150 Platten wieder einpacken, diesmal ohne Beamtenhilfe. „Auf Wiederschaun!“ brüllte es mir hinterher. Es klang wie eine Drohung...

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