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Mies aufgelegt: DJ Nadav und der Sonderwunsch
Mein merkwürdigstes DJ-Erlebnis hatte ich im Sommer 2007 am Jaffa Beach. Ich legte in einer Freiluft-Bar an der Mittelmeerpromenade von Tel Aviv auf, wo sich abends die Strandausflügler mit dem hipperen Club-Publikum mischten. Dank meines Serato Computerprogramms konnte ich hier auch ohne das Dutzend Vinylkisten einen ausufernden Mix fahren: Von Baile Funk über House und HipHop bis zu Baltimore Club Music. Ansonsten aber arbeitete ich wie jeder andere DJ auch: Mit zwei Controlplatten auf linkem und rechtem Plattenspieler regelte ich Geschwindigkeit sowie Ein- und Ausfaden der digitalen Dateien. Die Dämmerung hatte gerade eingesetzt, einige schon etwas angeheitertere Gäste begannen locker im Takt zu wippen und die Energie auf der Tanzfläche hatte einen kritischen Punkt erreicht. Jetzt vier, fünf einschlägige Nummern in Folge und ich würde auch die Masse der Unentschlossenen in Bewegung bringen!
„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.
Voll unentspannt: DJ Nadav (rechts) Konzentriert starrte ich auf den Bildschirm, wählte gerade eine Nummer von „Beat Conductor“ an. Da tippte mir ein junger Mann in Jeans und Polohemd auf die Schulter. Bestimmt ein Musikwunsch! Ein Kompliment für den originellen Mix. Oder das übliche „wie hieß denn das letzte Stück“. Auch mit einem „legst du mal um Mitternacht für meine Freundin ein Geburtstagslied auf“ hätte ich gerechnet. Oder: „Hier, spiel mal Nummer neun auf meiner CD“. Aber nichts von all dem. Nein, der Typ beugte sich zu meinem Ohr und raunte: „Kann ich mal deinen Laptop benutzen?“ Stirnrunzeln meinerseits. „Zwei Minuten bloß“. Wir schauten uns verständnislos an, ich jedenfalls konnte mir nicht vorstellen, was dieser Barbesucher mit dem wichtigsten Teil meiner DJ-Anlage vorhatte. War der selber DJ? Programmierer mit einem Update für Serrato? „Eine Minute, okay? Nur mal schnell meine E-Mails checken!“ – Ich musste mühsam ein Lachen unterdrücken. „Nein tut mir leid, dass ist mein Arbeitsgerät, außerdem habe ich hier gar kein Internet.“ Jetzt war er an der Reihe, die Stirn zu runzeln. Gereizt die Augen zu verengen. Und mich anzustarren, als hätte ich ihm gerade erzählt, in den Rillen der Controlplatten, mit denen ich dauernd hin und herdrehte, befänden sich Geheimbotschaften über seinen Kontostand und die Zukunft seiner Ehe. Den Rest des Abends schickte er mir – wenn schon keine E-Mails – so doch böse Blicke vom Nachbartisch. Und ich wartete die ganze Zeit vergeblich: Dass endlich die versteckte Kamera auftauchte – und mir ein Werbefilmer von Blackberry Internet-Handys lachend die Hand schüttelte…. [