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Mies aufgelegt Armand van Helden und die HipHop-verrückten Kasachen

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Mein miesester DJ-Abend? Das muss 2006 in Kasachstan gewesen sein. Ich hatte mich schon schwer gewundert, als mich ein Club in der einstigen Landeshauptstadt Alma-Ata buchte: Kannte mich denn da wirklich jemand? Andererseits: Mir winkte viel Geld – mein DJ-Lohn sollte ein Vielfaches der Durchschnitts-Gagen in meiner Heimatstadt New York betragen. Also nahm ich an, wurde am Flughafen fast staatsmännisch vom örtlichen Empfangskomitee begrüßt und in einer eskortierten Limousine zum teuersten Hotel Alma-Atas gefahren. Klar: Hier war ich ein Welt-Star. Man würde mich als Botschafter des fernen New Yorker House-Glamours feiern. Schließlich bekamen die Kasachen nicht alle Tage international renommierte DJs zu sehen. So dachte ich, als ich den Club Chrystal betrat. Ich hatte für den Gig eine Best-Of-Auswahl meiner House-Twelve-Inches in den Koffer gepackt: Von den Klassikern bis zum neuesten New York Underground. Gerade drehte sich einer meiner größten Hits „The Funk Phenomena“ auf dem Teller als der Chef des Clubs aufgeregt zur DJ-Kanzel gerannt kam: Ob ich nicht endlich mal „My Humps“ von den Black Eyed Peas auflegen könne? Ich stehe Wünschen aus dem Publikum generell offen gegenüber - sofern ich die entsprechende Platte dabei habe. Diesmal aber war ich doch überrascht: Und dafür einen Typen wie mich aus New York einfliegen? „Spielen Sie doch bitte ein bisschen HipHop!“ Ich schüttelte bedauernd den Kopf. Erklärte, dass ich damit nicht gerechnet hätte. „Warten Sie, ich hole schnell was aus meinem Auto“. Ein paar Minuten später stand der Schnauzbart wieder an meiner Kanzel, und hielt mir strahlend die CD-Auswahl unter die Nase, die er und ein halbes Dutzend Freunde zusammengetragen hatten: 50 Cent, Snoop Dogg, Busta Rhymes und noch ein paar selbstgebrannte Kompilationen aus dem Internet. Mehr amüsiert als gekränkt schiebe ich „My Hump“ von den Black Eyed Peas ein. So muss sich ein Stararchitekt fühlen dem man bescheidet, er dürfe bei vollem Lohnausgleich, dem Maurer die Mörtelschüssel halten. Waren die Kasachen bisher nur halb bei der Sache gewesen, schlägt die Stimmung sofort um. Blanke Euphorie auf den Gesichtern. Wedelnde Hände. Ein aus hunderten Kehlen mitgegröhlter Refrain. Vielleicht würde ich den Abend doch noch rocken? Snoop Doggs „Gin & Juice“, Busta Rhymes „Make It Clap!“, 50 Cents „In Da Club“. Die Stimmung ist ausgelassen. Zeit für ein bisschen House! Doch bereits bei der zweiten Maxi kommt der Clubbesitzer wieder angelaufen: „Können Sie wieder die Musik von vorhin spielen?“ Das geht noch zweimal so. Bis mir endgültig dämmert, dass von den 800 Besuchern wohl bestenfalls zwei Dutzend überhaupt etwas mit meinem Namen anzufangen wissen. Und ich mir das Mixen sowieso sparen kann: Um wie in New York eine Nummer nach einer Minute auszublenden, würde die Handvoll CDs nie ausreichen. Also lasse ich jeden Track ausspielen - bis zum letzten Beat. Als ich die letzte der geliehenen CDs aus dem Spieler nehme, übernimmt der lokale DJ: Ein Schrei geht durch die Menge. „My Humps“ … Am kommenden Samstag legt Armand van Helden in der Münchner Tonhalle (Grafinger Straße 6) auf

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