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Wer nein zu Porno sagt, sagt nein zu Sex

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30 Jahre Feminismus und kein bisschen lustvoller – Alice Schwarzer belebt ihre PorNO-Kampagne zum dritten Mal in dreißig Jahren und wir lesen, dass es vom String Tanga nicht weit bis zum Gewaltporno ist. Und dann ist man auch schon ganz schnell bei Snuff Filmen, den illegalen Pornos, in denen real getötet wird. Pornos sind für Alice Schwarzer der Gipfel männlichen Sexismus, Frauen schreibt sie dabei immer die Opferrolle zu.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Um es gleich mal klar zu stellen: Ich finde Pornos gut und bin Feministin. Natürlich, weiß ich auch, dass das Patriarchat noch immer nicht besiegt ist. Aber deshalb ist doch Pornografie an sich nicht schlecht. Im Gegenteil: Das Genre Porno wäre eine wunderbare Form diese Strukturen aufzubrechen. Die Frage ist doch nicht ob, sondern wie man Pornos macht. Liest man Alice Schwarzers Text zur aktuellen PorNO-Kampagne, scheinen Feminismus und Sexfilme gänzlich unvereinbar. Sie rührt noch mal kräftig dreißig Jahre Porno-Kritik zusammen. „Wir erkennen Pornografie an der Verknüpfung von sexueller Lust mit der Lust an Erniedrigung und Gewalt“, schreibt Schwarzer. Moment, noch mal zurück auf Null: Pornografie ist lediglich die explizite Darstellung von Sex, also Genitalien inklusive. Das sagt noch nichts darüber aus, wie man Sex darstellt. Okay, in der kommerziellen Pornoindustrie lässt man sich oft nicht sehr viel einfallen. Das Ergebnis: Das übliche Rein-Raus ist unbefriedigend. Unmotivierter Sex vor der Kamera wurde in epischer Langeweile perfektioniert. Neulich war ich bei einer Ausstellungseröffnung in einer Galerie in Berlin-Mitte. Die Bilder des Künstler wurden als Diashow an die Wand projiziert, ein DJ lieferte Elektroklänge für die Performance. Teil der Performance war unter anderem eine nackte Frau, die auf einem Bett lag. Sie streichelte sich, spielte mit sich und einem gläsernen Dildo, stöhnte unmotiviert und gelangweilt. Das ganze sollte in dem Setting auch ein bisschen provozierend wirken, waren doch hauptsächlich Leute aus der Kunstszene anwesend. Ich war schockiert, dass das Publikum so leicht zu beeindrucken ist. Denn im Grunde war es einfallslos und langweilig. Wieso kämpft Emma nicht für einen souveränen Umgang mit Sex und Rollenbildern? Besonders weibliche Sexualität wirkt schnell provozierend, wenn sie von der Norm abweicht. Frauen, die sich einen Dildo umschnallen und einen Mann penetrieren – das wäre zum Beispiel mal ein anderer Blick auf Sex. Oder Frauen beim „Abspritzen“ sieht man auch nicht alle Tage. Doch für die Entwicklung eines weiblichen Blicks in der Pornografie ist bei Alice Schwarzer kein Platz. Anders beim Porn Filmfestival in Berlin, das dieses Woche zum zweiten Mal stattfindet. Hier sind 30 Prozent der Filme von Frauen gemacht - ein Anteil wie ihn auch „normale“ Filmfestivals nicht erreichen. Das Festival will unabhängige Filmemacher, Künstlerinnen und Porno-Regisseurinnen zusammenbringen, die Sexualität progressiv, politisch und einem anderen Blick, mit anderen Bildern darstellen wollen. Zusätzlich zum Pornoprogramm setzen sich Dokumentarfilme, Podiumsdiskussionen und Workshops mit der weiblichen Sicht auf Pornografie, aber auch mit Themen wie „Arbeitsbedingungen in der Sexindustrie“ auseinander. Natürlich gibt es nicht jeden Tag ein Festival, das einem die Auswahl an unkonventionellen Pornos erleichtert. Und in den Videotheken „da draußen“ stehen tatsächlich eine Vielzahl extrem langweiliger und abstoßender Pornos. Aber ich kenne auch schlechte Actionfilme, wird deshalb das Genre an sich in Frage gestellt? Wer dogmatisch nein zu Pornos sagt, sagt auch nein zu Sex. Natürlich sehen wir an jeder Straßen Ecke sexualisierte Bilder, aber was Alice Schwarzer die „pornografisierte Gesellschaft“ nennt, spielt sich nur an der Oberfläche ab. Gucke ich mir Pornos an, beschäftige ich mich dagegen mit meiner eigenen Sexualität, mit meinen Wünschen und Phantasien. Ist das nicht emanzipiert? Sex ist eine Geschmacksfrage und da muss man sich erst mal durchprobieren. Es gibt viele Wege seinen sexuellen Horizont zu erweitern- Pornografie ist definitiv einer davon und hey, es lohnt sich. Ich habe tatsächlich schon einige lesbische, schwule und heterosexuelle Sexfilme gesehen, die antörnend, witzig, künstlerisch oder originell waren. Wie konnte das passieren? Ich habe mich auf die Suche gemacht. Zugegeben mit schwulen und lesbischen Pornos fällt das leichter, weil schon mal die Rollenverteilung „Männer erniedrigen Frauen“ wegfällt. Im letzten Jahr, beim ersten Porn Filmfestival in Berlin, habe ich begeistert die Filme von Eon McKai gesehen. Die Darsteller hatten alle diesen Rock´n´Roll -oder Skaterstil, mit Tattoos, coolen Klamotten und Frisuren - für mich ein Traum. Subkultur goes Porn- vielleicht die Lösung. Mehr zum Thema unter pornfilmfestivalberlin.de

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