- • Startseite
- • MeineTheorie
-
•
TV 2.0 – wie das Internet mich zum Fernsehen zurück gebracht hat
Es macht endlich wieder Spaß – und das liegt nicht an den Menschen, die das Programm gestalten, es liegt nicht an merkwürdigen Abkürzungen, die niemand versteht (IPTV, HDTV etc.) oder an einer technischen Ausstattung zum Preis einer Urlaubsreise. Dass mir Fernsehen seit kurzem wieder Spaß macht, liegt an den Menschen, mit denen ich neuerdings gemeinsam in den Bildschirm schaue. Sie sind mir persönlich nicht bekannt, aber sie sind schlagfertig. Sie treiben sich ziellos im Internet rum, aber nehmen kurz auf meinen Sofa Platz. Sie sind das, was man das Web 2.0 nennt, aber sie machen mir großen Spaß.
„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.
Die Schönheit des Fernsehens der Gegenwart lernte ich anhand der Buchstaben-Kombination #Tak kennen. Es handelt sich dabei um eine Abkürzung für die RTL-Sendung Teenager außer Kontrolle, in der besonders schwierige junge Menschen zum Zwecke der Therapie in die Wüste geschickt werden. Normalerweise ist mir diese Form der Reality-Show fremd, doch dank #Tak schaute ich sie zu Ende. Denn #Tak schenkt dieser Sendung eine zweite Ebene. Die Abkürzung ist der so genannte Hashtag, den diejenigen auf Twitter nutzen, die die Sendung ebenfalls gerade gucken. Sie kommentieren live, was sie auf ihrem Bildschirm sehen und machen so aus der „RTL führt junge Menschen vor“- Sendung ein zynisches Schauspiel der TV-Wirklichkeit. So wie der frühe Stefan Raab (und neuerdings auch Harald Schmidt) mittels kurzer Ausschnitte die Absurdität des Mediums vorführen, präsentiert das Live-TV via Twitter die Banalität des Fernsehens auf einer neuen Ebene. User kommentieren das Geschehen auf dem Bildschirm, liefern Zusatz-Informationen (dass RTL das Leiden in der Wüste mit Kettcar unterlegt) oder machen sich einfach nur lustig über das, was sie sehen. Was bei Formaten wie „Teenager außer Kontrolle“ als kollaborativer Distinktionsgewinn dient (wir machen uns zusammen drüber lustig), kann bei anderen „TV-Ereignissen“ zu einem echten Informationskanal werden. Als CNN beispielsweise am Samstagabend deutscher Zeit auf die Auswirkungen einer Tsunami-Welle auf Hawaii wartete, bewiesen die Nutzer von Twitter nicht nur, dass diese Form des Live-TV eindeutig aus dem US-amerikanischen Raum bestimmt wird (siehe dazu #hitsunami), sie verlinkten auch weitere Informationen und liefen dem plötzlich eher statisch wirkenden Breaking-News-Programm im Fernsehen den Rang ab. Dass der englischsprachige Raum Twitter allerdings keineswegs nur von Amerikanern dominiert wird, zeigten dann tags drauf die kanadischen Eishockey-Fans, die während des äußerst spannenden Eishockey-Finals zwischen Kanada und den USA den olympischen Hashtag #van2010 nutzen, um ihre Freude über den kanadischen Sieg zu verbreiten. Wann immer ich in den vergangenen Tagen den Fernseher einschaltete, ich schaute nebenher auch ins Internet. Dank Twitter bekommt die Glotze so einen Subtext, der mal informativ, mal zynisch aber immer unterhaltsam ist. Damit ist keineswegs gesagt, dass die Kommentare allesamt geistreich wären, aber sie holen das rein passive Glotzen hinein in eine echte Interaktion. Ich könnte auch selber aktiv werden, mitschreiben an diesem digitalen Public Viewing. Aber weil auch das reine Zuschauen schon sehr viel Spaß macht, eröffnet jetzt.de ab sofort eine eigene digitale Public-Viewing-Area: Hier kann gemeinsam erlebte Fernsehsendung disktuieren – und nebenbei Kommentare Twitter mitlesen. Inspiriert vom jetzt.de-Chat (Heidis Klümpchen) haben wir für dieses Fernseh-Test auf jetzt.de den Start der vierten Staffel von Germanys Next Topmodell am heutigen Donnerstag zum Anlass genommen. Hier kann man den ersten jetzt.de-TV-Chat nachlesen