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Tom Cruise und das Scientology-Sperma

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Das Leben als Paranoiker ist angenehm: Konto überzogen? Ist das Werk der Freimaurer. Schlecht geschlafen? Sind die Außerirdischen dran Schuld. Milch sauer? War der Mossad. Teufel, Teufel, Verschwörungen überall. Dabei – aber pssst, das muss geheim bleiben – ist die Wahrheit die: Hinter dem Ganzen, hinter den jesuistischen Satanisten-Zirkeln, den okkulten Geheimbünden der Illuminati und Opus Dei, hinter CIA, Sonnentemplern und dem großen Satan steckt die Unterhaltungsindustrie. Warum? Das ist doch klar: Die Unterhaltungsindustrie braucht den ganzen Krempel zu Werbungszwecken – denn wer als Star heutzutage nicht Gegenstand einer Verschwörungstheorie ist, der ist gar kein richtiger Star. Erst eine eigene Verschwörungstheorie adelt den Star zum Superstar. Beweise? Klar doch.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Cruise und sein Bart? Beispiel Tom Cruise. Was wäre Cruise ohne die Verschwörungstheorien über Suri Cruise, sein Kind? Tom Cruise, so heißt es unter den ewigen Besserwissern der Verschwörungstheorie, sei eigentlich schwul. Weil aber seine Religion und vor allem sein Status als Hollywood-Superstar es ihm nicht erlaube, offen schwul zu leben, habe er sogenannte „Beards“, Bärte, also Frauen, die offiziell die Lebensgefährtin oder Gattin eines Homosexuellen spielen. Damit ist für Verschwörungstheoretiker alles klar: Cruise und sein Bart Katie Holmes hätten einen Deal, sagen sie, über zehn Millionen Dollar, und für dieses Geld hätte sich Holmes angeblich mit dem eingefrorenen Sperma von Scientology-Gründer L. Ron Hubbard begatten lassen müssen - raus gekommen sei dann Suri, für deren Fotos "Vanity Fair" so viel Geld zahlen musste, dass kein Geld mehr fürs Retuschieren da war, um Suri wie das Kind Cruises wirken zu lassen. Super Verschwörungstheorie, oder? Und was wäre Tom Cruise ohne diese wirre Geschichte? Nur ein Star. Mit ihr ist er endgültig ein Superstar – wie alle die anderen: Was wäre Elvis schon ohne die großartige Geschichte, er habe einfach keine Lust mehr auf den ganzen Scheiß gehabt (Konzerte geben, schlechte Lieder aufnehmen, schlechte Filme drehen und von seinem Manager „The Colonel“ unterdrückt zu werden), deswegen seinen eigenen Tod vorgetäuscht und lebe jetzt friedlich und anonym irgendwo in Amerika, wo man ihn ab und zu an Tankstellen und Burger-Buden sehe? Was wäre Diana ohne die Verschwörungstheorie um ihren Tod, nach der sie vom britischen Geheimdienst ermordet worden sei, weil ein Mitglied des Königshauses nicht mit einem Araber liiert sein dürfe? Was wäre Fidel Castro ohne die Legenden um seine Aberdutzend Doppelgänger, um die Verschwörungstheorie, er sei ja eigentlich schon längst tot? Was wären Pete Doherty und Kate Moss ohne die Verschwörungstheorie, sie hätten nur zum gegenseitigen Gewinn von Marktwert eine Beziehung vorgegaukelt? Was wären die denn alle ohne Verschwörungstheorien? Na, eben.

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