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Super Sache: Die Unis werden zu Volkshochschulen
Jeder, der mit seinem Unternehmen ein brauchbares Produkt auf den Markt geschubst hat, müht sich irgendwann, den vielleicht ganz guten Namen des Produkts auch auf anderen Ebenen zu nutzen. So kommt’s, dass die Kaffeemacher von Tchibo bald sogenannte „Tchibo Worlds“ in der Nähe von Baumärkten eröffnen und auf viel mehr Quadratmetern als bisher vor allem keinen Kaffee verkaufen. So kommt`s, dass viele deutsche Zeitungsverlage Bücher und Musik verkaufen, so kommt es nun, dass deine Eltern im nächsten Jahr mit der Humboldt-Universität Berlin verreisen können.
„Die Universität zeigt nach außen was sie eigentlich kann und was sie eigentlich tut. Wenn Geld übrig bleibt - was nicht so oft und so häufig der Fall sein wird - dann geht das zurück in die Arbeitsgruppen“, sagte Dirk Radzinski gestern im Deutschlandfunk. Der Mann ist der Geschäftsführer von Humboldt-Innovation GmbH, einer Tochter der Humboldt-Uni und soll das, was die Uni erforscht oder was die Uni ausmacht in Geld verwandeln.
Die Uni ist nicht mehr die gute alte Uni, wo Professoren durch Jahrzehnte okayen Arbeitens schnorcheln konnten, wo Studenten den Geist zum Lüften aus dem Fenster hängen durften, ehe sie das Leben erfasste. Hochschulen funktionieren heute wie Unternehmen, in den Leitungsgremien sitzen Menschen, die die effiziente Verwendung von Geld nachweisen müssen, das vom Bundesland, von der Exzellenzinitiative, aus Studiengebühren oder von edlen Stiftern kommt.
Was müssen sie da zeigen? Sie müssen zeigen, dass sie "außenwirken", indem sie sich bei jeder Gelegenheit präsentieren und Kinder an die Uni laden oder prominente Personen von Zeitungsredakteuren im Audimax interviewen lassen oder gar Konzerte oder Kabarettisten an denselben Ort laden. Und sie müssen ihr Können verkaufen. So wird aus der Uni, wie sie die Älteren unter uns noch kannten, eine Volkshochschule. Die Technische Universität München schreibt Ihren einstigen Absolventen gerade gerne Briefe, in denen Ihnen höflich das allerdings kostenpflichtige Angebot unterbreitet wird, doch in einen der laufenden Sprachkurse einzutreten. In Seniorenstudien erobern jene das Wissen zurück, denen die Biografie ein Studium nicht ermöglicht hat und in Berlin nun können eher ältere Semester mit Professores auf Reisen gehen: 14 Tage Hawaii unter Führung von Professor Dr. Hannelore Hoch, Professorin für Systematische Zoologie am Museum für Naturkunde der Humboldt-Universität zu Berlin, kommen auf 6.550 Euro. 18 Tage Iran mit Dr. Mohsen Makki (wissenschaftlicher Angestellter mit Lehrauftrag am Geographischen Institut der Humboldt-Universität zu Berlin) kosten 3570 Euro. Als vorsichtiger Mensch könnte man nun mosern und sagen: ‚Hee, lasst die Professoren mal schön zuhause forschen und nehmt die nicht für solchen Kram in Beschlag!’ und außerdem: ‚Ganz schön teuer!’
Aber der Preis ist schon okay, das Angebot ist ja auch an eine kluge und geldbeutelstarke Klientel gerichtet. Und es ist bitte nichts dagegen einzuwenden, wenn die Hochschule zu einer noch viel wichtigeren Achse der Gesellschaft wird. Wissen ist heute so leicht zugänglich wie nie, also haben die Hochschulen die Pflicht, die Türen aufzumachen und dieses Wissens-Bohei zu moderieren und eine größere Rolle in unseren Leben zu spielen.
Wenn das nun bedeutet, Studienreisen zu organiseren - warum nicht? Der natürlichste Anbieter ist in diesem Fall sowieso die Universität.
Text: yvonne-gamringer - Foto: Screenshot