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Gestern Abend befand ich mich in einer Runde, in der Helles getrunken wurde. Hätte es Wein gegeben oder Schnaps, wahrscheinlich hätte ich mitgetrunken. Aber mir schmeckt Bier nicht besonders und da es auch sonst nicht viele Alternativen gab, zapfte ich mir halt ein Kraneburger.  Keine große Sache für alle, es gibt ja gerade bei den Damen viele, denen es genauso geht mit dem Bier. Und ich war auch topzufrieden. Später stieß jemand dazu, der sich extra Spezi mitgebracht hatte. Aber nicht, weil er wie ich kein Helles mag. Eigentlich trinkt dieser jemand sehr gerne Bier. Aber, verkündete er dann, er mache im Moment eine „Alkoholpause“. Er wolle mal einen Monat testweise auf Alkohol verzichten. Als er das sagte, bemühte er sich, sehr tapfer dreinzuschauen. Fast alle nickten anerkennend.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert



Dass es in sehr vielen Runden der Rechtfertigung bedarf, wenn man nichts mit Prozenten trinken mag, sei es immer oder ausnahmsweise, ist etwas, das ich noch nie verstanden habe. Nicht jeder, der Apfelschorle bestellt, ist eine kontrollsüchtige Spaßbremse. Ohne einen bestimmten Grund hatte ich mit Anfang 20 so eine Phase, in der ich kaum Alkohol getrunken habe. Ich wusste, welche Getränke mir schmecken und welche nicht, ich mochte auch die Effekte, die mit dem Konsum einhergingen – natürlich abgesehen von den Kopfschmerzen am nächsten Tag, die sich ja nicht immer vermeiden lassen. Ich hatte bloß einfach häufig keine Lust drauf. Aber ich wurde damals ständig nach den Gründen gefragt. Irgendwann habe ich daraufhin manchmal einfach behauptet, ich müsse gerade noch ein Antibiotikum schlucken.

Genauso wenig wie diesen Rechtfertigungsdruck habe ich das Wesen der Alkoholpause bisher verstanden. Das Prinzip, kein Alkohol innerhalb eines bestimmten Zeitraums, das natürlich schon. Aber nicht, was das bringen soll. Außer der Alkoholfaster macht gerade auch Diät. Es ist ja wirklich einfacher abzunehmen, wenn man auf die Kalorien von und den Fress-Flash nach Alkoholkonsum verzichtet. Ich habe aber nicht das Gefühl, dass es bei der Alkoholpause vorrangig um den Bierbauch geht, der verschwinden soll.  

Zum einen scheint es mir eine Variante meiner Antibiotikum-Rechtfertigung zu sein. Offenbar ist es okayer, einen vermeintlich heroischen Akt aus dem Verzicht zu machen, als mal bloß keinen Bock aufs Trinken zu haben. Denn wer sagt, er mache gerade eine Pause, signalisiert damit zugleich, dass er nämlich eigentlich doch sehr gerne trinkt – und bestimmt keine Spaßbremse ist. Und dass er sich gerade deshalb echt was abverlangt. Es ist ziemlich traurig, dass ein Eigentlich-mag-ich-aber-Bekenntnis notwendig zu sein scheint.  

Gleichzeitig ist aber dieses Überhöhen des zwischenzeitlichen Alkoholverzichts zu einer ganz großen Sache hochgradig albern: Es ist kein Marathonlauf oder eine Doktorarbeit, temporär nichts zu trinken. Genau dieses Überhöhen betreiben aber sehr viele dieser Pausierer. Und dann erzählen sie dazu noch ausschweifend, wie gut sie jetzt schlafen und welche interessanten Effekte sie sonst noch an ihrem Körper feststellen. Das interessiert aber niemanden. Deshalb: Trinkt oder lasst es bleiben. Beides völlig ok. Aber lasst uns mit euren Erfahrungsberichten in Frieden. Wir alle wissen, wie es ist, wenn man mal nichts trinkt, kommt ja gelegentlich vor.

Lasst eure Berichte von der Apfelschorle-Front bitte auch noch aus einem anderen Grund bleiben: Bei der Alkoholpause gibt es nämlich noch eine weitere Parallele zur Diät. Exzess ist attraktiv. Askese macht allen anderen dagegen ein schlechtes Gewissen. Genauso wenig wie ihr Alkoholfaster und wir alle anderen uns gerne Erlebnisse mit Low Fat, Low Carb oder Ab-18-Uhr-Kalorienverzicht anhören wollen, möchten wir wissen, wie schlimm und schön zugleich es ist, auf prozentige Getränke zu verzichten.  

Zum anderen scheint mir bei einigen die Alkoholpause aber tatsächlich aus Bedenken wegen des eigenen Trinkverhaltens zu resultieren. Dann - und auch, wenn sich die Pause wirklich wie ein heroischer Akt anfühlt - dann überlegt euch doch mal bitte, ob ihr das mit dem Trinken nicht nur zwischenzeitlich, sondern grundsätzlich bleiben lassen solltet. Drogen, egal ob Wacholderschnaps, Zigaretten, Schokolade oder meinetwegen auch was weniger Legales, machen schließlich nur Spaß, solange man sie nicht braucht.   



Text: veronique-schneider - Foto: pheebs/photocase.com

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