Eine Quote, die helfen soll, Frauen in Führungspositionen zu hieven, das klingt so altbacken, jammerig und unsouverän, dass man sich schämen möchte.
Und vor allem in den oberen Etagen der Wirtschaft gibt es viele Frauen (und natürlich Männer), die eine Quotenregelung absolut ablehnen. Piefig sei das, könne zu Ungerechtigkeiten führen und würde Personen auf Vorstandssessel bringen, die von Tuten und Blasen keine Ahnung haben. Und schließlich gäbe es doch auch hier in Deutschland weibliche Beispiele dafür, dass man es als Frau auch ohne Quote nach oben schaffen kann.
Man mag ihnen, die das so eloquent auszudrücken wissen, fast zustimmen. Eben weil Quote danach riecht, dass man es alleine nicht schafft und eine Räuberleiter braucht, um nach oben zu kommen. Das ist unsouverän und macht keinen Spaß. Notwendig ist die Frauenquote in Deutschland aber trotzdem
christina-waechter
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Ohne die Quote, das haben die letzten zwanzig Jahre in Deutschland gezeigt, schaffen es nicht genügend Frauen nach oben. Deutschland hinkt im Vergleich mit anderen Industrienationen so dermaßen nach, dass es schon peinlich ist.
Zwei Beispiele: Finnland und Amerika. Dort ist es völlig selbstverständlich, dass Frauen in Führungspositionen von großen Unternehmen sind. Nicht, weil die Finnen und Amerikaner die besseren Menschen wären. Sondern weil es in beiden Ländern Instrumente gibt, die dafür gesorgt haben. In Finnland gibt es eine strenge Frauen-Quote, in Amerika gibt es harte Anti-Diskriminierungs-Gesetze und Unternehmen stellen schon alleine aus Angst vor Klagen Frauen und andere „Minderheiten“ ein.
Niemand gibt freiwillig Macht ab, Männer erst recht nicht. Diese Illusion kann man getrost hinter sich lassen. Und deshalb müssen wir die Gleichheit der Geschlechter eben zumindest am Anfang erzwingen.
„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.
Illustration: Julia Schubert
Wieviele Frauen sind auf diesem Bild zu sehen? Das Foto entstand beim EU-Gipfel 1999.
Zweitens: Jeder Mensch braucht Vorbilder. Und wenn sich ein Mädchen überlegt, einen Beruf zu ergreifen, dann hält es Ausschau nach Vorbildern. Da immer noch die Doppelbelastung zum größten Teil auf weiblicher Seite zu suchen ist, wird es schauen: gibt es Frauen, die es schaffen, beides unter den Hut zu kriegen? Wie sehen die Frauen aus, die es nach oben geschafft haben? Verkniffen oder entspannt? Gibt es da welche, die Kinder haben? Wie viel arbeiten die und macht denen ihre Arbeit Spaß? Und je mehr Vorbilder zur Auswahl stehen, desto besser sieht dieses Mädchen: Es gibt mehr als zwei Lebensentwürfe, vieles ist möglich und es gibt viele Wege, sein Leben zu gehen. Das macht Mut und Mut ist wichtig, wenn man erfolgreich sein will.
„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.
Illustration: Julia Schubert
EU-Erweiterungsfeier 2004: Die Staats- und Regierungschefs beim Gruppenfoto.
Noch ein Grund für die Quote: Frauen einzustellen ist gut für das Unternehmen. Firmen, in denen Frauen im Vorstand und Topmanagement sind, sind wirtschaftlich rentabler als solche, die nur von Männern geführt werden. Das hat eine Zehnjahres-Studie der dänischen Ökonomieprofessorin Nina Smith ergeben, die dazu 2300 dänische Firmen untersucht hat. Wenn Frauen sich beruflich selbständig machen, scheitern sie seltener als Männer. Die gemeinnützige US-Organisation Catalyst belegte: Firmen mit hohem Frauenanteil auch und gerade in der Führungsebene produzieren bis zu 35 Prozent bessere Unternehmenszahlen als Firmen mit dem geringsten Frauenenführungsanteil. Weibliche Chefs sind beliebter als männliche. Lauter gute Gründe für Frauen eigentlich, oder?
Trotzdem haben Frauen vor allem in Unternehmen gute Aufstiegschancen, in denen mehr als 20 Prozent der Führungskräfte weiblich sind. Weil sie dann nämlich nicht als Minderheit und Kuriosum wahrgenommen und ausgegrenzt werden. Diese Beobachtung hat die Wirtschaftswissenschaftlerin Professor Desirée Ladwig von der Helmut-Schmidt-Universität in Hamburg gemacht. Und selbst wenn es Frauen nach ganz oben schaffen, ist das mitunter gar nicht nett, sondern gemein. Eine Studie der Universität Exter zeigt: Managerinnen kommen häufig dann auf den Chefposten, wenn das Unternehmen in der Krise steckt und dementsprechend die Gefahr des Scheiterns besonders groß ist.
„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.
Illustration: Julia Schubert
Die Außenminister der NATO-Staaten bei einem Treffen im Mai 2001 in Ungarn.
Leistung statt Quote wird von den Quoten-Gegnern immer wieder lauthals gefordert und dabei gerne übersehen, dass sich diese beiden Dinge nicht automatisch ausschließen. Natürlich gibt es Frauen, die es nach oben geschafft haben ohne jegliche Quotenregelung und Absicherung. Aber mit diesen hausieren zu gehen ist ähnlich sinnvoll wie eine Beweisführung nach dem Motto: es gibt Schüler, die trotz häuslicher Verwahrlosung hervorragende Noten bekommen. Also schaffen wir jegliche Förderung ab. Dass es einige dieser Top-Frauen nach ganz oben geschafft haben, ist kein Beweis gegen die Quote.
Noch ein paar Zahlen: Gut zwei Drittel aller deutschen Frauen arbeiten. Und obwohl junge Frauen meist besser ausgebildet sind, als ihre männlichen Altersgenossen hört die Gleichheit nach der Ausbildung auf. Dann – und das gilt genauso für Ingenieure, wie für Controller – verdienen sie bei gleicher Qualifikation und Stelle bis zu 30 Prozent weniger als ihre männlichen Kollegen. Wir brauchen die Quote immer noch. So schade und bedrückend das ist.
Fotos: dpa, ap, ddp