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Jede Wette: Unsere Flirtlust hängt von der Temperatur ab

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Herrlich, der Frühling spannt sein blaues Band und die Gemüter der Menschen wirken wie in gute Laune getaucht. Womöglich sind das die wertvollsten Tage des Jahres, in denen uns die Witterung und viel mehr noch die Temperatur mit wunderbaren 20 Grad im Schnitt verwöhnt.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Illustration: daniela-pass Die Damen und Herren: Dies ist die Flirtzeit, time of the year, wer jetzt nicht Bande knüpft, der ist ein Tor! Denn, und das ist die Theorie: Die menschliche Flirtlust- und fähigkeit ist in hohem Grade von der Außentemperatur abhängig. Schreiten wir schnell zur vermeintlichen Begründung dieses Theorems, ehe die ersten Zweifler den Vorwurf der Spintisiererei aus den Schubladen des besseren Wissens kramen. Kesseln wir die Feststellung von der idealen Flirt- und Kontaktanbahnungstemperatur zunächst ein, indem wir die fassbaren Nachteile sommerlichen und auch winterlichen Flirtens erörtern. Der Winter. Ist ein widrer Gesell`, indem er uns einpackt und einpackt; gerade und eben in den vergangenen Monaten war Wolle neben Gold der höchstgehandelte Seelenwärmer. Was haben wir uns beim Weggehen nicht aus- und einpacken müssen, Jacke runter, Schal weglegen, Handschuhe ausziehen, rote Hände wärmen, Backen wärmen, Augenschlitze ziehen, die Haare richten, wenn wir uns den Pulli über den Kopf ziehen und noch mal Toilette, weil die Kälte von unten in die Blase kriecht und sie kitzelt. Es ist doch schon ein stetes Richten und Zupfen, bis man ist, wer man sein mag. Die Temperaturen zwingen uns zur Verwaltung des Körpers, nicht mehr. Wie geht Schönheit, wenn die Schneeflocken sich in leicht kräuselbaren Haaren verfangen und Kopflocken auslösen, die morgens im Bad nicht angedacht waren? Wann ist man im Winter – ganz selbst? Ganz selbstbewusst? Der Sommer. Der heiße Zausel zwingt uns in kurze Röcke, Shorts, Sandalen und T-Shirts. Er nötigt uns, die schönen Augen hinter Sonnenbrillendekor zu verbergen und mal ehrlich, Erotik hin oder her: So feierlich kann das auch die Damenwelt nicht finden, wenn schwitzende Männerblicke ins Dekolletee fallen wie Pfennige ins Sparschwein. T-Shirts müssen hellfarben sein, der Schwitzflecken wegen. Beine und Achseln – sollen rasiert sein, der Ästhetik wegen und Männer dürfen sowieso nicht aus den Jeanshosen schlüpfen, weil sich Beinfreiheit angeblich nicht gänzlich schickt. Wie kann man ob so vieler Umständ` man selbst sein? Wir sind zu dieser Jahreszeit, wieder und nur, mit der Verwaltung des Körpers befasst. Im Sommer ist es nur noch extremer, nur noch nervenreibender als im Winter. Deswegen das Frühjahr. 20 Grad. Ein Pulli tut´s für Draußen und Drinnen. Nicht schwitzen, nicht frieren, wir sind bei uns selbst. Das ist die Zeit, in der wir dem anderen Geschlecht mit erhobenem Haupt begegnen können. Wir zeigen uns – aber nicht zuviel. Wir können mit den wahren Möglichkeiten menschlicher Erotik spielen, weil wir nicht „gar nix“ zeigen und auch nicht „alles“. Wir dürfen Konturen ahnen und sehen in frische Gesichter, in denen das Lächeln nicht wintergequält und nicht sommerverbräunt ist. Was wir sehen ist was wir bekommen würden. Deswegen ist diese Zeit so reich an Augenzwinkereien, an verstohlenen Blicken und Herzpurzelbäumen. Zwischen 18 und 22 Grad, das ist die ideale Temperaturamplitude, das ist die Fruchtblase, in der wir schwimmen und uns wohlig winden und drehen. Wie kommt es sonst, dass wir, wenn vom Sommer die Rede ist, die lauen Nächte rühmen? 20-Grad-Nächte, Fruchtblasennächte, Verknallt-werden-Nächte. Sommernächte sind die schlechte Kopie des zahnenden Frühjahrs. Deshalb: Lasst uns alle rausgehen, heute noch. Lasst uns einander zeigen, denn: „So echt wie jetzt sind wir nur kurze Zeit. Zugreifen - bevor die Temperaturen steigen!“

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