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Geht’s jetzt bald mal los mit den modernen Zeiten im Kino bitte?!

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Es ist keine Neuigkeit mehr, man muss es aber wohl doch mal wieder sagen: Wir sind im Internet-Zeitalter angekommen. Diese Erkenntnis scheint nämlich bis zu den Film-Verleihern noch nicht so recht angekommen zu sein. Statt den Regeln des weltumspannenden Netzes zu gehorchen, leben die weiterhin in einem Kleinstaaten-Denken. Aktuelles Beispiel: Der große Sommer-Blockbuster „Batman – The Dark Knight“. Der kommt in Amerika am kommenden Freitag in die Kinos – in Deutschland muss man sich noch bis zum 21. August gedulden. Das wäre nun an und für sich kein großes Problem, wenn es eben nicht das Internet gäbe. Dort kann jeder, der sich ein bisschen Englisch draufgeschafft hat, alles, aber auch wirklich alles über den Film erfahren. Die Trailer sind seit Monaten zu sehen, die Online-Ausgaben der Zeitungen überschlagen sich in Vorbesprechungen, gute Internet-Seelen scannen Interviews mit den Darstellern und stellen sie ins Netz und sogar die ersten fünf Minuten des Films konnte man sich online schon ansehen. Man muss gar kein Fan sein, um sich von der Aufregung, die da herrscht, anstecken zu lassen.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Nicht nur auf Batman, auch auf Wall-E muss man in Deutschland noch warten: Der kleine Roboter von Pixar erfreut in den USA bereits die Kinozuschauer, in Deutschland kann man offiziell nur von ihm lesen. Leider. Nur: so groß die Vorfreude auch sein mag, wenn man zu lange auf die Folter gespannt wird, lässt sie irgendwann nach und es stellt sich ein gewisser Sättigungsgrad ein. Irgendwann hat man das Gefühl, so viel über einen Film erfahren zu haben, dass man ihn gar nicht mehr anschauen muss. Und dann ist noch nicht mal die große nationale Vermarktungs-Strategie angelaufen, die einem den Rest gibt, weil man alle Informationen schon vor Wochen woanders und besser gelesen und gesehen hat. Nachdem man also monatelang von Informationen vollgepumt wurde, sackt man zum tatsächlichen Filmstart leer im Sessel zusammen und kann sich nicht mehr aufraffen, ins Kino zu gehen. (Ein Jahr später kauft man sich dann die DVD im Angebot eines Drogerie-Markts und schaut sie an einem öden Sonntagabend zuhause an.) Dazu kommt, dass der Film spätestens Samstagmorgen in einer Woche in sämtlichen Foren lang und breit diskutiert wird und ganz sicher auch inklusive ausführlicher Spoiler. Natürlich kann man dann mit zugekniffenen Augen das Internet nach gefahrlosen Stellen selektieren. Aber so richtig viel Spaß macht das nicht und in der Realität funktioniert es ebenso wenig. Die andere Möglichkeit ist, sich den Film zeitnah im Netz herunterzuladen und dann wieder mitreden zu können. Ist aber leider illegal und macht angeblich die Filmindustrie kaputt. Doch statt darüber zu lamentieren sollte diese sich ein wenig flexibel zeigen und sich an die neuen Verhältnisse anpassen. Indem sie die Filmstarts international synchronisiert und so den Menschen die Möglichkeit gibt, ein de facto globales popkulturelles Phänomen auch global wahrnehmen zu können. Und wenn dafür in Deutschland auf langwierige Synchronisation verzichtet werden müsste, dann kann man schnell noch die gute Nachricht verkünden: die meisten jungen Menschen würden sowieso mit Handkuss darauf verzichten.

Text: penni-dreyer - Foto: AP

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