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Endlosschleifchen

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In einer Berliner U-Bahn Richtung Pankow: Vier junge Mädels sitzen mir gegenüber. Sie sehen aus, als hätten sie ein Abo von der ID und auch schon mal für sie gemodelt. Und dann sehe ich es an einem dieser jungen Schwanenhälse: Das Tattoo-Halsband. Wäre ich ein Emoji, würde ich die Hände an die Wangen klatschen und meinen Mund zu einem O formen. Die Mädchen plappern munter vor sich hin. Ich versuche unauffällig Kontakt zu anderen Fahrgästen aufzunehmen. Seht ihr das? Niemand rührt sich. Vielleicht fahren sie nur auf eine Bad-Taste-Party, denke ich. Aber dafür ist es noch zu früh am Tag.  

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Voll knorke. Tattoo-Halsbänder sind zurück.

Na klar, ich schäme mich ein bisschen für die Mädels, die sonst so stilsicher wirken. Aber da ist noch etwas anderes als Fremdscham: Es ist dieses Gefühl, das meine Tanten, meine Mutter, meine Lehrerinnen gehabt haben müssen, als wir mit 16 stolz unsere ersten Karottenhosen auftrugen und Freundinnen mit Vokuhila-Ansätzen nach Hause brachten. Es kribbelt in den Fingerspitzen, man will aufstehen und an den Bändchen zupfen: "Ernsthaft? Findet ihr das schön?"

Warum dieses Halsband? Warum gerade dieser Trend, der doch eigentlich vor zehn Jahren noch auf dem Schulhof gestorben ist? Plötzlich zu erkennen, wie ein Trend auflebt, den man selbst mal originell und cool fand zeigt mir: Für die Trägerinnen gehöre ich vermutlich schon zur Erwachsenen-Generation. Genau so fühle ich mich plötzlich: wie eine alte Tante, die aus einer anderen Generation kommt und deshalb den Hauptteil der Zeit mit einem Fragezeichen über dem Kopf herumläuft. Fühlt sich sehr merkwürdig an.

Atomkriege sind meistens einmalige Angelegenheiten, Modesünden zyklisch wie Naturkatastrophen.


Denn gleichzeitig ist da ein diffuses Gefühl von Verwirrheit. Darüber, dass irgendwer die eigenen modischen Fehlgriffe wiederholt. Ja, Wiederholung liegt in der Natur von Trends. Aber es gibt doch gewisse Dinge über die sich alle Menschen einer Generation einig waren: das brauchen wir nicht nochmal. Dazu gehören: Atomkrieg, die No Angels und Tattoo-Halsbänder. Ich frage mich: Wo ist dieser Konsens hin?  

Das Problem: Atomkriege sind meistens einmalige Angelegenheiten, Modesünden sind zyklisch, so wie Naturkatastrophen, Tsunamis oder Erdbeben. In der Zeit, in der sie gerade nicht wüten, können wir Dämme bauen und sichere Gebäude. Für Modetrends scheint das nicht zu gelten. Sie werden wieder und wieder reproduziert. Eine Studie, die ich vor kurzem gelesen habe, sagt, dass der IQ in den letzten Jahren nur noch sehr langsam steigt. Vor mir sitzt der lebende Beweis dafür, denke ich mir und ertappe mich wieder in meiner neuen Rolle als Kleider-Zupf-Tante.   

Ich blinzele noch mal vorsichtig zu den Mädels rüber, dann tauchen in meinem Kopf Bilder auf von mir und Freundinnen im Frankreichurlaub mit Batikhemden, Batikschals und Tattohalsbändern. Oder die Zeit, nachdem wir Save The Last Dance geschaut hatten und beschlossen, nur noch Baggies aus Synthetik-Stoff zu tragen. Vielleicht bin ich deshalb so erschrocken über dieses spezielle Revival, weil es mich an die Makel in meiner eigenen Modegeschichte erinnert. Es hilft nichts, in 20 Jahren werde ich wieder peinlich berührt sein, wenn ich jemanden in meinen Lieblings-Segeltuchschuhen in der U-Bahn sitzen sehe. 

Und dann beschließe ich, was auch schon viele andere Mütter, Tanten und Omas vor mir beschlossen haben müssen. Augen zusammenkneifen und respektvoll sagen: Mutig Mädels! Bestimmt ein Zitat, was ihr da am Hals tragt, oder? Eigentlich ja ein Zitat an mich.

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