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Allgemein Menschliches und der Bart von Brad Pitt

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Auch wenn das komisch klingt: Klatschmagazine liest man nie umsonst, man kann immer direkt etwas anfangen damit. Letztes Wochenende, zum Beispiel, habe ich mir OK! und inTouch gegönnt. Ich war auch in der Ausstellung Bayern-Italien und habe endlich Panzerkreuzer Potemkin geschaut. Bloß haben der Panzerkreuzer und die Ausstellung niemanden wirklich interessiert – über das, was in OK! und inTouch stand, habe ich dagegen ziemlich viel geredet. Katies Holmes‘ verzweifelten Babywunsch („Suri fragt dauernd, wann sie ihr Geschwisterchen bekommt.“) fand Eli schließlich genauso strange wie ich. Christina Aguileras Mädels-Saufurlaub, Angelina Jolies Magerwahn und Katy Perrys Unterwäsche-Blitzer übrigens auch. Und sogar Tori Spellings „falsche Verbindung“ (bei einer Seance antwortete nicht ihr Vater, sondern – oh Schock! – Farah Fawcett) brachte Jan noch zum Lachen. Im Prinzip konnte ich beide Magazine komplett verwursten.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Ich kann das gut verstehen. Schließlich habe ich mir inTouch und OK! nicht zum ersten Mal gekauft. Dabei sind das – anders als die zumindest semi-seriöse Bunte oder Gala – richtig billige Drecksblättchen. Wobei zugegebenermaßen der Dreck das ganze irgendwo erst richtig interessant macht: Das Schmuddelige, das bisschen Fiese, das nur darauf aus ist, Promis auf Normalgröße zu schrumpfen, sie klein zu machen und konsumierbar. Das darin aber so gut gemacht ist, dass ich immer wieder gerne hinschaue, obwohl ich weiß, dass das eigentlich nicht ganz koscher ist, sondern eigentlich mies und ekelig. Einerseits, weil ich, wie bei einem Autounfall, bei allem Schaudern wissen will, was los ist. Andererseits, weil das ganze so direkt kommt, so offensichtlich auf meine niedersten, voyeuristischen Instinkte abgestellt ist, dass es schon wieder lustig ist Und das geht anderen auch so. Schreibt inTouch über Jessica Simpsons angeblichen Notfallplan, ihren schwulen Stylisten später für eine potenzielle künstliche Befruchtung heranzuziehen, macht es großen Spaß, sich gemeinsam über den „Nachrichtenwert“ solcher Meldungen zu mokieren. Man kann den Hauptsatz-Stil, das schreierische Layout, die überall hingeklatschten Fotos auch hervorragend gemeinsam grottig finden. Gleichzeitig wundert man sich, dass man so darauf anspringt, und interessiert sich diffus für das Thema. Oder zumindest dafür, was man selbst machen würde, wenn man 40, single und kinderlos wäre. Jessica Simpson ist dabei dann schnell egal. Überhaupt sind die konkreten Themen in Klatschmagazinen unwichtig, solange man auf einer Ebene einen Bezug dazu hat, irgendwo etwas damit anfangen kann. Und weil in, inTouch, OK! etc. eben Menschliches in Starform präsentieren, ist es so einfach, dazu eine Meinung zu haben. Indem sie zudem auf den Glamour einer Gala oder Bunten verzichten, kommen die trashigeren Magazine sogar besonders schnell auf den kleinsten Menschen-gemeinsamen Nenner. Wen lassen schließlich Todesfälle, Hochzeiten, Zusammenbrüche oder krasse Gewichtsschwankungen kalt? Eben: Kaum jemanden. Betrifft einen das alles aber nicht selbst, sondern irgendjemand in Hollywood, kann man gleich viel entspannter darüber reden. Und entspannt miteinander reden gehört mit zu den tollsten Dingen, die Menschen so machen können! Dass Klatschmagazine dafür Riesenmengen an vorgefiltertem Gesprächsstoff liefern, ist schwer praktisch. Dass der immer idiotensicher auf den Punkt geschrieben ist und in die unterschiedlichsten Situationen passt, auch. Mit Belanglosigkeiten wie Brad Pitts Vollbart (jetzt ja nicht mehr da) kann man Momente betexten, in denen es wenig gemeinsame Themen gibt, in denen Nichtreden aber irgendwo unangenehm wäre. Partys, zum Beispiel. Oder das Warten auf die mündliche Prüfung. Oder wenn man einem der indiskrete Kollegen in der Teeküche begegnet. Dabei ist Promi-Trash zuverlässig bunter als der Tatort vom Sonntag, unverfänglicher als echt Privates und ergiebiger als das Wetter. Wobei in Klatschblättern zusätzlich vieles steht, das man auch so gut brauchen kann. Das hat dann nicht unbedingt mit Promis zu tun, sondern fällt unter „allgemeine Lifestyle-Tipps“. In People-Magazinen werden schließlich gerne Eisteetrends ausgeplaudert (Hibiskus!), Make-Up-Kniffe verraten oder dänische Einrichtungsexperten befragt. Das genügt zwar nicht unbedingt Hipster-Ansprüchen, aber zumindest Lifestyle-Generalisten können sich da immer wieder mal etwas abschauen. Bei Kinofilmen und Serien sind Klatschmagazine übrigens top. Weil sie dauernd von Dreharbeiten berichten, sind sie oft der erste „Bewegungsmelder“ für Formate, die zu toll sind, um sie nicht zu bemerken. „MadMen“, zum Beispiel, oder Tina Feys „30 Rock“ fanden beide in People-Magazinen statt, lange bevor sie zum Großthema wurden. Klar musste man sich das „MadMen“-Konzept dabei erst einmal aus der allgemeinen Begeisterung über Christina Hendricks‘ Kurven herausfiltern. Aber das ist eben der People-Fokus – und der ist speziell, aber auch toll, lustig und mitunter besonders effektiv: Denn dass bald ein Film über John Lennon kommt, merke nicht nur ich mir besser, wenn der 20-jährige Hauptdarsteller seine 23 Jahre ältere Regisseurin geschwängert hat.

Text: therese-meitinger - Illustration: katharina-bitzl

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