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Magazinvergleich: Von Langhaarigen, Truckermiezen und Waffeninteressierten
Magazin 1: grow! Worum geht’s? grow! ist die Bibel derjenigen, die von niederbayrischen CSU-Politikern gerne gönnerhaft „langhaarige Beatnik-Bombenleger“ genannt werden, also Menschen, die sich statt einer Mass Doppelbock lieber eine Earth-Pipe Super-Skunk ins Gehirn jagen. Die bayerische Landesregierung wird es freuen, dass diese Menschen – wie an den von der Redaktion hier im Editorial veröffentlichten Fotos ersichtlich – genau so aussehen, wie es sich die Kollegen von der Rasterfahndung immer ausmalen: Man trägt die Haare bunt oder als Dreadlocks, dazu gerne gebatikte Hemden oder Latzhosen. Im Kern ist grow! aber ein knallhartes Zielgruppenmagazin: Hier findet sich alles über „unser geliebtes Kraut“/ „grünes Gold“ – von Anbau- und Zuchttipps über Erfahrungen mit den Strafverfolgungsbehörden bis hin zu „Fragen, auf die weder dein Reisebüro noch dein Reiseführer eingehen mögen“: Tipps also, wie man Haschisch zum Beispiel nach London schmuggelt oder welche Strafen einem Kiffer eigentlich in Bosnien-Herzegowina drohen. Das kann über das grundlegende Problem von grow! nicht hingwegtäuschen: Das Heft selbst kann man halt doch nicht rauchen. Die drei besten Headlines: 1. Die wunderbare Welt der Träume, Teil 2: Deutung 2. Guerilla Grower – Profi-Grower aus der Nachbarschaft 3. kochen&backen mit hanf, dieses mal: hanfschokoknuspies Der Leser im Heft: Mag Cosmic mögen oder die Rapper von „Blumentopf“, gerade aufs „Gymmie“ gehen oder in die Lehre als Gärtner – alle, alle kiffen sie. Oder growen. Oder growen und kiffen. Darüber kann man sich dann im Bereich „homegrowing – fragen&antworten“ auslassen, in der rubrik „drogenerfahrungsberichte“ davon erzählen, wie es einem als Kiffer so ergeht und in der „hanfpflanzengalerie“ die Fotos seiner besten Stücke ausstellen. Das schönste Bild:
„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.
Das sagt die Redaktion: „Mit dem Herbst kommt die Jahreszeit, die für alle Pflanzenfreunde von besonderer Bedeutung ist. Endlich sind die Pflanzen reif und die Früchte der Arbeit können geerntet werden. Dass es dabei auch einiges zu beachten gibt – um nicht im letzten Moment die Arbeit von Monaten zu zerstören – erfahrt ihr ab Seite 56. (…) Let it grow! Eure grow!redAktion Beste Werbung: Ist die Werbung der niederländischen Firma “Green House Seeds”, die mit dem Slogan wirbt: „Creators of Champions – 100% feminized!” Darunter finden sich Fotos von 18 Cannabis-Pflanzenarten, von Himalaya Gold bis Big Bang, dazu gibt es den Hinweis, die Firma habe bereits 30 Mal den „Cannabis Cup“ gewonnen. Was wir gelernt haben: Man kann selbst für Cannabis-Pflanzen-Namen wie „Arjan´s Ultra Haze #2“ ein „Eingetragenes Warenzeichen“ beantragen.
Magazin 2: Young family – Das Beste für junge Familien Worum geht’s? Um Prinzessinnen, kleine Lieblinge, süße Kerle – um Kinder also, und zwar je kleiner, desto besser. Young Family richtet sich laut Titel an „junge Familien“, aber darunter versteht die Zeitschrift nur Mutter und Kind, die Väter sind eher Gegenstand von Artikeln wie „Warum sehen so viele Männer fremd? Wenn sich der Mann nach jedem Rock umdreht“. Ansonsten greift die Redaktion gerne zum Streuer mit dem großen Gefühl, wenn es ans Heftmachen geht: alles dutzi-dutzi, und dazu gibt es Fotos kleiner Lieblinge satt – „Young Family“ blickt auf die Welt wie eine schürzetragende Großtante, die den jungen Müttern da draußen mal sagt, wie das so ist mit dem Scharlach, dafür gibt es aber auch mal nackte Männer-Oberkörper zu sehen, wenn irgendein Schauspieler der C-Klasse in einem großen Exklusiv-Interview unter der Überschrift „Vom Herzensbrecher zum Familienvater“ vorgestellt wird. Die drei besten Headlines: 1. Warum „sehen“ viele Männer fremd? 2. Schwanger? Heißhunger auf Schokolade und saure Gurken zugleich? Keine Sorge! 3. Wo Wichtel und Trolle wohnen Der Leser im Heft: „Oha! Ungläubig starre ich auf den Teststreifen, der sich langsam verfärbt. Elfeinhalb Jahre sind seit meiner letzten Schwangerschaft vergangen. Und jetzt soll alles noch mal von vorne anfangen? (…) Die Reaktion meiner Tochter ist eindeutig: „Ich hätte lieber einen Hund“, murrt sie.“ (Corina W., Mutter von inzwischen zwei Töchtern) Das schönste Bild:
„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.
Das sagt die Redaktion: „Boris Becker ging mit drei Jahren zum ersten Mal als Sieger vom Tennisplatz. Mozart komponierte bereits mit fünf, und Jürgen Klinsmann schoss schon als Achtjähriger Traumtore. Bewundernswert – aber keinesfalls erstrebenswert für Eltern ganz normaler, quicklebendiger kleiner Kinder. Klar, denn nicht in jedem Kleinkind steckt das Zeug zum Superman oder Superfrau. (…) Erziehungsexpertin Gerlinde Unverzagt (sic!) erläutert ab Seite 8, wie Sie verborgene Talente ans Licht locken und sie maßvoll fördern.“ Beste Werbung: Die Schleichwerbung auf S. 52. Da schreibt die Redaktion: „Schwangere brauchen Folsäure. Was viele nicht wissen: Synthetisch hergestellte Folsäure muss vom Körper erst in das sogenannte Folat umgewandelt werden. Nun gibt es einen neuen Wirkstoff auf dem Markt: Metafolin. Diese von der Firma Merck entwickelte Form der Folsäure kann ohne Umwandlung vom Körper verwendet werden.“ Das Extra: Das Extra-Heft zum Sammeln, das sich diesmal ganz der Frage widmet: „Wieder Lust auf Sex?“ Was wir gelernt haben: Väter haben es anscheinend schwer, wenn Frauen Mütter werden. Und: Die Top Ten der beliebtesten Namen für weibliche Babys in Schweden lauten: 1. Emma 2. Maja 3. Ida 4. Elin 5. Julia 6. Linnéa 7. Hanna 8. Alva 9. Wilma 10. Klara
Magazin 3: Fernfahrer Worum geht’s? Um Maschinen mit Rädern dran, über die „Fernfahrer“ Überschriften wie „Feuriger Finne“ oder „Kleiner Wicht“ setzt, immer bestrebt, den Königen der Landstraße das Neuste vom Neuesten zu unterbreiten, und wenn es die neuen EU-Arbeitszeitrichtlinien sind. Die Sprache richtet sich nach dem Klientel: Ständig ist von „Gang zurückschalten“ oder „Volldampf voraus“ die Rede. Das Layout des Heftes besticht durch seine schönen Fotos: egal ob Zugmaschinen oder sich in Fernfahrerkabinen räkelnde „heiße Truckerbräute“ in den Kleinanzeigen – alles ist schön Hochglanz. Dennoch ist Fernfahrer nicht etwa ein Magazin für Dumpfbacken: Hier darf der Trucker von nebenan auch mal seine Meinung zur Politik sagen („Die Nachbarländer lachen sich schlapp über Deutschland“, W. Weber, 62, aus Biebesheim). Dazu gibt es einen bunten Strauß an technischem Wunderwerk zu vermelden, zum Beispiel über den Scania R 620: „Die komfortable Vier-Balg-Luftfederung spart Gewicht, steht aber mit 1350 Euro in der Liste“. Aha. Gut, dass der Tester des LKW noch mal genau aufklärt: „So schnell und schaltfaul wie mit keinem LKW geht es mit dem R 620 über die Runde.“ Die drei besten Headlines: 1. Neue Frotteestraße 2. Fahrer vor Gericht 3. Volldampf voraus! Der Leser im Heft: „Die Truckerpfanne zum Frühstück war sehr lecker und reichlich.“ (J. Weber aus Leutkirch im Test des Autohofs bei Bad Rappenau an der A 6) Das schönste Bild:
„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.
Das sagt die Redaktion: „Wenn die Nachfrage wächst, steigt nicht nur – wie in einer funktionierenden Marktwirtschaft üblich – der Preis. Gleichzeitig ist der Mensch auch in höchstem Maß bestrebt, das jeweilige Angebot entsprechend zu erhöhen. So wurden aus Sammlern Landwirte, die Fischer tauschten Schnur und Haken gegen Netz und im Automobilbau ersetzte das Fließband die Garagenfertigung. Die Entwicklung einer mobilen, konsumorientierten Gesellschaft forderte einfach ihren Tribut.“ Beste Werbung: Eine Eigenanzeige des Magazins, in dem für ein neues Abo eine Leserprämie ausgelobt wird – ein „Big-Bobby-Quad im scharfen Wilde-Kerle-Design“. Die Redaktion: „Das Quad ist konzipiert für Kinder ab drei Jahren und schließt nahtlos an die Bobby-Car-Zeit an. Was wir gelernt haben: Fernfahrer hören „Madsen“. Und: Es gibt auch schwule Fernfahrer. Die haben aber alle eine Rechtschreibschwäche: Die einzige Homo-Anzeige zwischen den ganzen tabulösen Girls in den Kleinanzeigen („sexhungrige hausfrauen warten nur auf dich!“) warb mit einem goldkettenbehängten Typen und räumte mögliche Zweifel aus: „Lausche jetzt völlig anonym NO Comming Out“
Magazin 4: Visier – Das internationale Waffenmagazin Worum geht’s? Um Waffen, und das sind: Messer, Pistolen, Revolver, Bündelrevolver, Kipplaufbüchsen, Präzisionsbüchsen, Sturmgewehre, Selbstladegewehre, und noch hunderte von Arten mehr – alles, mit dem man schießen oder sonstwie „Stirb langsam“ nachspielen kann, findet sich hier. Sorgsam wird dabei die Wagenburg-Mentalität der Leser gepflegt, die natürlich keine Waffennarren sind, sondern sich nur für Schießgerät interessieren, gerne auch Historisches wie das Sturmgewehr 44, zu dem Visier Unglaubliches zu berichten weiß: Es gab 1944 viel mehr Munition für das Gewehr als man dachte! Donnerwetter, sagt das „Visier“, der Mangel sei doch Gesetz gewesen bei diesem Gewehr, und schreibt dann: „Für die innovative Waffe bedeutete die krisenhafte Versorgung mit der Patrone 8 x 33 einen deutlichen Karriereknick.“ „Visier“ ergeht sich in Studien über die soziale Ader von Schützen („Überraschendes Ergebnis: Offensichtlich fördern die Stunden auf dem Schießstand das Selbstwertgefühl und die emotionale Stabilität.“), das Nachspielen von alten Schlachten, den Umgang mit Militärwaffen oder kündigt stolz an, dass sie in der nächsten Ausgabe eine Exklusiv-Reportage vom internationalen Scharfschützenwettbewerb der Infanterieschule der Bundeswehr bieten wird. Die drei besten Headlines: 1. Serientäter (über einem Text über die Seriennummern von Militärwaffen) 2. Voll auf die Zwölf (über einen Bündelrevolver mit sechs Läufen) 3. Wildwest in Nordbaden: 3. EM im Cowboy-Action-Schießen Der Leser: „Die Lead-HP-Geschosse deformieren aus meinem Colt-2“-Revolver sehr gut, aus dem 4“ ist das Aufpilzen in Weichzielen ausgeprägt.“ (Th. Heintze aus Frankenhardt-Unterspeltach) Das schönste Bild:
„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.
Das sagt die Redaktion: „Das Klischee vom trinkenden und potentiell gefährlichen Waffennarren kann man getrost begraben. Schützen und Jäger sind vielmehr soziale und engagierte Menschen mit ausgeprägter Aggressionshemmung sowie hohem Verantwortungsbewusstsein und Selbstwertgefühl“. Beste Werbung: Die Kleinanzeigen, in denen AK47-Teile oder MG-Magazine angeboten werden Was wir gelernt haben: Frauen bevorzugen rosa lackierte Schnellfeuerwaffen.