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Wofür ist ein Bart?
Die Mädchenfrage
„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.
Na bitte, Brad Pitt, unser Brad Pitt, steht plötzlich auf der Liste der unerotischsten Männer der Welt, tolle Leistung. Meine Konzert-Damen und ich wissen auch, wer daran schuld ist: der Bart, den er in letzter Zeit in alle möglichen Teleobjektive reckt. Ein richtig fieser Holzhacker-Bart ist das, in einer Farbe die, wenn sie ein Geruch wäre, nach Käse riechen würde. Warum macht er das? Warum macht ihr das, Jungs? Wir beobachten in verschiedenen eurer Lebensabschnittsphasen die Tendenz zum Gesichtshaar. Irgendwann, so zwischen sechzehn und achtzehn, habt ihr was am Kinn. Später dann mal, wenn ihr verwegen sein wollt, kommt ihr mit Viertagebart um die Ecke, garniert mit neuer Sonnenbrille und Army-Mütze. Und kurz vor der Dreißig muss es ja unbedingt noch ein Vollbart-Versuch sein. Wir Mädchen nicken das zwar ab und ärgern uns dann doch ein bisschen, denn wenn ihr es jetzt endlich mal glauben wollt: Euer haariges Gesicht kratzt unser unhaariges Gesicht beim Küssen. Es kratzt nicht nur, es scheuert und pickelt und schuppert. Und wenn unsere Haut, die wir etwa seit zwanzig Jahren Tag für Tag skeptisch anstarren, ausnahmsweise mal aus ganz erklärlichen Gründen Zicken macht, kennen wir nicht viel Gnade mit diesen Gründen. Klar, manchmal sieht so ein Bart schon richtig gut aus, aber auf Dauer mögen wir uns auch ein wenig darüber ekeln und grausen. Warum macht ihr es trotzdem immer wieder? Habt ihr keine Lust, euch zu rasieren - das würden wir ja fast noch verstehen, aber wir tun es schließlich auch dauernd und zwar ausschließlich euch zuliebe oder wollt ihr mit dem Bart irgendwas markieren, ich meine, bedeutet das irgendwas? charlotte-schneider Die Jungsantwort
„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.
Es gibt in einer Jungsexistenz für gewöhnlich drei Denkereignisse, die in einem Bart enden: 1. Veränderungsbock Ihr Mädchen könnt die Haare hochstecken, die Fingernägel lackieren, mal sexy und mal damenhaft sein, schminken und schmücken, färben und den BH weglassen. Unsere Erscheinungsvariationen sind eher begrenzt, deswegen kommt ein Junge immer mal wieder zu dem zurück, was allmorgendlich aus der Backe sprießt und macht damit rum. Gerade in der Pubertät, wo wir die eigene Ausstattung als reichlich mangelhaft empfinden, ist der Bart so was wie die zweite Zusatzchance bei der Fernsehlotterie - vielleicht reißt das ja noch alles raus. Weil in diesen unruhigen Jahren aber meist nur am Kinn nennenswerte Haarplantagen gedeihen, kultivieren wir eben versuchsweise den Kinnbart. Es trifft sich gut, dass der mit unserer revolutionären Tendenz in diesen Jahren auch irgendwie in Verbindung gebracht wird. (Warum eigentlich?) 2. Faulheit Jeden Morgen rasieren – es gibt Phasen im Jungsleben, wo das ein bisschen viel verlangt ist. Gesichtrasieren ist nämlich nicht so wie Zähneputzen: Kolben in Mund und mit dem Kopf wackeln. Es ist Präzisionsarbeit, die auch nichts mit dem Ritsch-Ratsch zu tun hat, das ihr an euren Beinen veranstaltet. Es ist Kunst, die manchmal richtig Spaß macht und manchmal eben irgendwie überhaupt nicht hinhaut. Deswegen lassen wir es an grundschwierigen Tagen auch einfach sein. Das Problem, das dann auftritt, ist das gleiche wie beim Tagebuchschreiben. Hat man einmal ausgesetzt, fällt es am nächsten Tag noch schwerer, weil alles schon so lang ist und am dritten Tag gar, haben wir so wenig Lust darauf, dass wir uns Charles Schumann vorstellen und denken: Bei dem sieht Dreitagebart doch auch gut aus. Dass ein Schumann-Vergleich immer in die Hose geht, ahnen wir dann am vierten Tag, wenn wir abends feststellen, dass wir den ganzen Tag mit Kissenfedern rumgelaufen sind, die sich in dem Klettverschluss das unser Gesicht ist, verfangen hatten. 3. Kaschierung Auch wenn ihr das seltsam findet, aber ganz fremd ist uns der Gedanke nicht, dass man das schwellende Doppelkinn oder den Rückfall ins Pickeltum gut unter einer natürlichen Decke aus Barthaar vertuschen könnte. Genau wie die Trauer über eine verlorene Liebe nach einem Gesichtspanzer ruft, der unser vergrämtes Antlitz vor neugierigen Blicken schützt und gleichzeitig signalisiert: Der hat abgeschlossen, der ist jetzt ein ganz anderer. Im Winter kaschiert ein Vollbart, dass auch Jungs kalte Backen kriegen können und außerdem: Nach dem Überfall auf den Juwelier (nur für euch!) müssen wir uns natürlich auch einen Bart wachsen lassen, um inkognito zum Ort des Verbrechens zurückzukehren, ihr versteht.