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Jungs, woher die Leidenschaft für Zwölf-Euro-Friseure?

Männer lassen sich gerne für wenig Geld rasieren und frisieren. Ist ihnen ihr Aussehen nichts wert?
Foto: AntonioGravante / photocase.de; Illustration: Federico Delfrati

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Liebe Jungs,

gegenüber von meiner Wohnung hat kürzlich ein Friseur aufgemacht. Einer mit einem kosmopolitisch klingenden Städtenamen wie Istanbul, New York oder Berlin im Titel, der vermutlich zeigen soll, dass hier Haarkunst von Welt angeboten wird. Bei diesem Friseur kleben sehr viele, sehr bunte Fotos im Schaufenster, die Menschen mit einrasierten Zickzackmustern oder sehr viel Gel im Haar zeigen. Daneben hängt eine Preisliste, bei der die Preise doppelt so groß sind wie der restliche Text: Kinder neun Euro, Männer 12 und Frauen ab 18 Euro aufwärts. Zwar stehen hinter den Preisen keine Ausrufezeichen, die Aussage ist aber eindeutig: HIER IST ES BILLIG!

Tatsächlich habe ich in diesen Friseur noch nie eine Frau reingehen sehen. Wann immer ich dort vorbeikomme, sitzen nur Männer auf den Stühlen, meist wird ihnen gerade der Nacken ausrasiert. Und, was soll ich sagen: Der Haarschnitt, mit dem sie rauskommen, wäre mir jetzt auch nicht mehr als zwölf Euro wert. Das ist dann entweder der Schnitt „Kantenkopf“ - unten viel wegrasiert und oben viel stehengelassen, aber das möglichst quadratisch – oder das Schnittmuster „Bundeswehr“. Also einfach alles abrasieren. Wobei man dabei fairerweise erwähnen muss, dass mittlerweile ja sogar in der Bundeswehr diskutiert wird, ob dieser Haarschnitt noch zeitgemäß ist.

„Sind euch eure Haare egal?“

Ihr selbst wirkt mit diesen Haarschnitten in den seltensten Fällen so richtig zufrieden. Neulich konnte ich das Gespräch von zwei Jungs belauschen, von denen einer in besagten Friseur gerade eintreten wollte. Das lief dann so ab:

Typ 1: „Ey, bist du sicher, dass du da nochmal hinwillst? Das sah letztes Mal doch scheiße aus!“ Typ 2: „Ja, Mann! Aber nur 12 Euro!“

Nun würde ich nie behaupten, dass ein guter Haarschnitt unbedingt auch teuer sein muss. Aber ihr Jungs fallt ja offenbar immer wieder auf diesen Typ Einkaufszentrum-Friseur rein, auch, wenn euch das Resultat unglücklich macht. Was mich zu der Frage führt:

Jungs, woher eure Leidenschaft für Billig-Friseure? Sind euch eure Haare egal? Ist es euch egal, danach mehrere Wochen scheiße auszusehen? Oder ist das einfach eine ökonomische Entscheidung: Viel abschneiden hält länger, man muss also noch seltener Friseur, ergo: marktwirtschaftlich mega? Aber wenn dem so ist: Warum dürfen wir dann nie eure Haare schneiden?

Eure Mädchen

Die Jungsantwort:  

jungsantwort

Illustration: Katharina Bitzl

Liebe Mädchen,

ein großer Beauty-Produkt-Hersteller, für den unter anderem Fußballstars Werbung machen, hatte mal ein Produkt im Angebot, das Jungs und das Verhältnis zu ihren Haaren ganz gut beschreibt. Ich kann mich leider nicht mehr an den genauen Namen des Produkts erinnern, er beinhaltete aber irgendwas mit „3 in 1”. Und das war das Tolle daran: Es war Duschgel, Shampoo und Rasierschaum in einem. Preiswert und praktisch – darauf stehen wir, wenn es um Haarpflege geht.

Den gleichen Enthusiasmus löst bei uns ein echt billiger Friseur aus. Haare schneiden ist für uns genauso lästig wie Arztbesuche, Behördengänge oder Supermarkt-Einkäufe. Die meisten von uns  haben keinen Spaß daran, uns Gedanken über neue Frisuren zu machen oder in einem schönen, teuren Friseursalon zu sitzen, wo es Latte Macchiato und die neue JWD gibt. Und weil der Gang zum Friseur für uns lästig ist, wollen wir nicht, dass er viel kostet.

Der von euch aufgeschriebene Dialog erscheint uns ebenfalls authentisch. Allerdings geht der meistens weiter und zwar so:

Typ 1: Ja stimmt, voll gut. Scheiß drauf, ist ja in zwei Wochen eh wieder rausgewachsen! Typ 2: Eben, alter. „Haarschneideparadies” regelt einfach.

„Drei Millimeter Seite, zwei Zentimeter oben” kriegt eigentlich fast jeder hin

Klar, manchmal sieht’s beim Billigfriseur scheiße aus, aber eigentlich ist das nicht die Regel. Die meisten von uns haben nicht gerade die kompliziertesten Frisuren auf dem Kopf. „3 Millimeter Seite, 2 Zentimeter oben” kriegt eigentlich fast jeder hin, auch für 12 Euro im Haarparadies. Und warum sollten wir für diese Prozedur, die meistens eh nur 15 Minuten dauert, mehr bezahlen als zwölf Euro? Ich weiß, dass jeder gut ausgebildete Friseur gerade im Strahl kotzt, aber so denken wohl leider die meisten Jungs.

Bei der Entscheidung für das  „Haarparadies” um die Ecke spielt meistens auch die Häufigkeit unserer Friseurbesuche eine Rolle. Alle vier Wochen Haare schneiden zu lassen, kann schon ins Geld gehen, wenn man dafür jedes Mal 65 Euro bezahlt.

Wir fassen also zusammen: Unsere Haare sind uns nicht egal. Aber aufgrund der wenigen vorhandenen Variationsmöglichkeiten der männlichen Frisur, sind sie uns wahrscheinlich nicht so wichtig, wie es euch eure Haare sind. Wenn ihr euch mit einer Langhaarfrisur dazu entscheidet einen Bob schneiden zu lassen, ist das ein großes Ding, weil ihr danach komplett anders ausschaut. Wenn wir nach vier Wochen wieder zum Haarparadies dackeln, rasiert uns der Typ dort unsere Seiten von einem Zentimeter auf drei  Millimeter. Da hängt jetzt nicht so wirklich viel Emotionalität und Typveränderung dran.

Und wer sagt, dass ihr uns nicht die Haare schneiden dürft? Das wäre der Traum für uns! Dann müssten wir nicht mehr alle vier Wochen zum Friseur rennen oder uns auf der Suche nach dem Haarschneider mit dem besten Preis-Leistungs-Verhältnis machen. Also, wenn ihr wollt: Ran an die Scheren und Frisuren, ich wette, die meisten von uns würden sich freuen.

Eure Jungs

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