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Jungs, sind eure Mamas die wichtigsten Frauen in eurem Leben?

Foto: funnyworld / photocase / Colalge: jetzt.de

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Liebe Jungs,

solange ihr klein seid, sind eure Mamas die wichtigsten Frauen in eurem Leben. Eure Mütter suchen euch die Klamotten aus, sagen dem Friseur, welchen Haarschnitt sie für euch wollen, und euch, dass ihr euer Zimmer aufräumen müsst. Während ihr aufwachst, ist Mama die erste Frau, mit der ihr euch streitet, die euch Grenzen aufzeigt und vielleicht noch versucht, euch ein bisschen Erziehung mitzugeben, bevor ihr endgültig der Pubertät zum Opfer fallt.

Dann kommt irgendwann Abschluss, Ausziehen, Arbeiten. Ihr seid inzwischen erwachsen und unabhängig. Aber wir haben das Gefühl: Wenn Mama anruft, dann wird immer noch alles und jeder zur Seite gelegt, denn: Sie geht vor.

Und nicht nur das: Eure Mütter scheinen euch etwas sehr Heiliges zu sein. Etwas Unantastbares. Die ganz harten Battlerap-Jungs rappen bestimmt nicht umsonst dauernd „Ich ficke deine Mutter“-Zeilen, wenn sie ihren Gegner besonders treffen wollen. „Ich haue deinen Vater“-Lines habe ich hingegen noch nie gehört.

Deshalb fragen wir uns: Welche Rolle spielen eure Mütter für euch, wenn ihr erwachsen seid? Wie wichtig sind sie euch wirklich? Und was steckt hinter eurer Mutter-Vergötterung? 

Und, wenn wir schon dabei sind: Was heißt das für uns als eure Freundinnen? Wenn wir mit euch zusammen sind und vielleicht auch irgendwann eine Familie mit euch gründen, sollten dann nicht wir euer Mittelpunkt sein und auf der Prio-Liste oben stehen? Wir fänden es nämlich nicht so lustig, wenn ihr immer erstmal eure Mama anruft, wenn es Probleme gibt – denn wir wollen eure Ansprechpartnerinnen Nummer eins sein. Und erst recht wollen wir keinen Konkurrenzkampf, in dem es darum geht, auf wen ihr mehr Rücksicht nehmt. Also: Werden eure Mamas für euch immer die wichtigsten Frauen bleiben? Und wie stellt ihr euch das im Laufe der Jahre vor, wenn ihr euch mit uns ein Leben aufbaut?

Erklärt uns das doch mal, liebe Jungs, wir wären gerne vorbereitet.

Und allen Mamas: einen schönen Muttertag!

Eure Mädchen

Die Jungsantwort:

Jungs-Antwort

Liebe Mädchen,

Fangen wir mit dem einfachen Teil an. Nämlich der simplen Feststellung, dass ihr recht habt. Unsere Mütter sind uns tatsächlich ziemlich wichtig. Die meisten von uns haben zu ihnen ein inniges Verhältnis. Wir versuchen, sie immer brav anzurufen, speichern uns mehrfache Erinnerungen ins Handy, um Mutter- und Geburtstag nicht zu vergessen, und wenn unseren Mamas jemand blöd kommt, muss er durchaus mit härteren Sanktionen rechnen.

Warum das so ist? Da wird es schon schwieriger. Nehmen wir zum Beispiel mal dein Gefühl von der großen Präsenz von Mütter-Zeilen im Battlerap-Kontext. Es  trügt dich nicht. Auf „Jung Brutal Guttaussehend 3“ zum Beispiel, dem umstrittenen und sehr erfolgreichen Album von Kollegah und Farid Bang, kommen 48 Mal das Wort Mutter oder Synonyme davon vor. Von Huren- oder Nuttensöhnen ist 27 Mal die Rede. Fast immer dienen diese Zeilen dem Zweck, eine vermeintliche Schwachstelle des (imaginären) Gegners anzugreifen. Wenn im Rap die Mutter eines anderen gefickt wird, ist das so ziemlich das Schlimmste, was man ihm zumuten kann.

Das ganze Getue um Mütter gibt es nur, weil in dieser testosterongeilen Welt ein fragwürdiges Bild von ihnen vorherrscht

Das könnte man jetzt süß finden und sagen: Ist doch irgendwie nett, wenn diese schweren Jungs sich nicht nur um ihre Muskeln, sondern auch so sehr um ihre Mütter sorgen. Das wäre aber zu einfach: Denn zum einen bezweifle ich, dass Kollegah am Sonntag wirklich mit Muttertagsblumenstrauß bei seiner Mama auf der Matte steht. Vor allem aber ist die Mutter in solchen Texten ja nur Mittel zum Zweck. Das ganze Getue um sie gibt es nur, weil in dieser testosterongeilen Welt ein fragwürdiges Bild von Frauen im Allgemeinen und Müttern im Besonderen vorherrscht. Die Mutter selbst ist darin eigentlich vollkommen egal. Es geht vielmehr - mal wieder - nur um den Mann, den Sohn in diesem Fall, und den Status, den er qua Abstammung von seiner Mutter hat oder nicht hat.

Ein bisschen hat diese popkulturelle Mutter-Sohn-Beziehung auf Nicht-Rapper-Jungs auch abgefärbt, glaube ich. Wir alle haben schon mal über „Deine Mudda …“-Witze gelacht und unsere Kumpels damit zu ärgern versucht. Beides würde nicht funktionieren, wenn wir nicht einen Mama-Beschützerinstinkt in uns trügen, der uns sagt: Über unsere Mamas darf niemand schlecht reden. Und sie gröber angreifen erst recht nicht.

Interessant ist das auch deshalb, weil wir diesen Instinkt in Bezug auf unsere Väter nicht haben. Die können selbst für sich sorgen und sich selbst schützen, denken wir unterbewusst, die kommen schon klar. Unsere Väter werden, wenn es gut läuft, irgendwann zu sowas wie Kumpels, oder, wenn es nicht gut läuft, zu alten Männern, zu denen wir jenseits von aktuellen Bundesliga-Ergebnissen keinen Draht mehr haben. Unsere Mütter aber werden von den Frauen, die uns beschützt haben, eher zu welchen, die wir glauben, beschützen zu müssen.

Und das ist eigentlich absurd. Schließlich sind die Mütter genauso erfahren und weise wie unsere Väter. Mehr noch: Genaugenommen waren sie es ja, die all den Ärger mit uns hatten und uns ständig bewiesen haben, dass sie keinen Beschützer brauchen. Sie haben uns ins Krankenhaus gefahren, wenn wir mit dem Rad eine Bruchlandung hingelegt haben. Sie waren nach dem dritten Verweis in der Sprechstunde beim Klassenlehrer. Und verdammt, sie haben uns geboren!! Wer das durchgemacht hat, muss doch nicht von uns beschützt werden!

Wenn man optimistischer ist, könnte man sagen: Unsere Mutterverehrung ist unterbewusste Dankbarkeit

Vielleicht funktioniert unser Beschützerinstinkt also sogar ein bisschen nach dem Kollegah-Prinzip. Wir werten uns auf, indem wir für unsere Mütter da sind.

Oder, wenn man optimistischer ist, könnte man sagen: Unsere Mutterverehrung ist eine Art unterbewusste Dankbarkeit für all das, was unsere Mütter für uns getan haben. Und ein Zeichen des innigen Vertrauens, das wir seit jeher zu ihnen hatten, weil sie qua Rollenverteilung halt doch deutlich mehr von uns mitbekommen haben als unsere Nine-to-Five-Daddys. Unsere Mütter haben uns tausendmal weinen sehen, sie haben unseren ersten Pickel und den ersten Liebeskummer mitbekommen, sie haben uns beim Rauchen er- und uns den Mund abgewischt, wenn wir nach einem der ersten Räusche reiernd im Bad lagen. Deshalb ist – Beschützerinstinkt hin oder her – in unseren Hirnen die Verknüpfung von „Ich habe ein Problem“ zu „Mama anrufen“ in manchen Bereichen auch immer noch ausgeprägter, als es bei einem erwachsenen Menschen vielleicht manchmal logisch erscheint.

Sie kennen uns sehr gut, vielleicht besser als jeder andere. Und wir wissen, dass sie uns immer helfen werden, egal wie dämlich wir uns benommen haben. Gleichzeitig brauchen wir vor ihnen auch nicht den harten Macker zu spielen, der keine Probleme hat. Nehmen sie uns eh nicht ab.

Das heißt auch: Wenn ihr mit einem von uns zusammenkommt, habt ihr vielleicht tatsächlich erstmal einen gewissen Aufholbedarf. Aber macht euch mal keine Sorgen: Den werdet ihr locker und in schnellen Schritten meistern. Wenn nicht, ist vermutlich einfach an der Beziehung was nicht ganz in Ordnung. In Konkurrenzdenken gegenüber unseren Müttern solltet ihr bitte auf gar keinen Fall verfallen.

Eure Jungs

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