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Mädchen fragen lesbische Mädchen: Nervt es nicht, einen eingeschränkten Dating-Pool zu haben?
Liebe lesbische Mädchen,
für diese Frage habe ich extra das Internet angeknipst und mal geschaut, wie groß euer Dating-Pool denn so im Schnitt ist. Und siehe da, genaue Zahlen sind schwerer zu bekommen als ein detailliertes Statement von Boris Becker zum Zustand seiner Finanzen. Über den Daumen gepeilt sind zwischen 0,6 Prozent der Frauen in Deutschland lesbisch, 19,5 Prozent der Frauen gaben im Jahr 2000 in einer Studie an, sich vom eigenen Geschlecht angezogen zu fühlen. Irgendwo dazwischen wird sich auf jeden Fall die korrekte Zahl der lesbischen Frauen befinden. Wenn wir jetzt mal von der niedrigsten Zahl (0,6 Prozent) ausgehen und annehmen, dass du in einer Großstadt mit etwa 1,5 Millionen Einwohner lebst, ergeben meine Rechenkünste folgende Gleichung: Bei 1,5 Millionen Einwohnern, wohnen in dieser Stadt 9000 lesbische Frauen, Mädchen, Omas, Babys und Teenies.
Jetzt verlassen wir schon wieder die Mathematik und begeben uns ins tiefe Tal der Schätzungen: Von den 9000 Frauen mit derselben sexuellen Orientierung wie deiner sind naturgemäß einige viel zu alt, andere viel zu jung. Sagen wir großzügig: die Hälfte, als 4500 Frauen fallen altersmäßig in deinen Dating-Pool. Von denen sind wiederum einige vergeben, ziehen wir also - rein hypothetisch - noch mal die Hälfte ab und damit sind wir bei 2250 Frauen. 2250 Frauen, die du theoretisch daten könntest. Aber ganz ehrlich: die eine hört völlig unironisch Taylor Swift, die andere fragt jeden nach dem Sternzeichen, die dritte hat so blöde Tattoos und die vierte bohrt ständig in der Nase.
Was ich damit sagen will: Selbst in einer Großstadt wie München ist die Zahl der date-baren Frauen für dich deutlich geringer als für heterosexuelle Menschen und sogar als für homosexuelle Männer (deren Zahl laut der von mir zitierten Studie nämlich größer ist als die der lesbischen Frauen). Was macht das mit der Liebe, wenn man so eine eingeschränkte Wahl hat? Wenn ich meine Hetero-Freundinnen schon jammern höre, wie wenig gute Männer es gibt: wie groß muss dann das Gejammer in der lesbischen Community sein!
Wird man da torelanter in Beziehungen, weil man weiß: so viel besser wird's voraussichtlich in nächster Zeit nicht mehr? Ist der Konkurrenzdruck zu anderen lesbischen Frauen groß? Wird einem ständig die tolle Freundin ausgespannt, weil die anderen sie auch gerne hätten? Ist man bereit, sehr weite Wege zu gehen für die Liebe? Oder hat der beschränkte Dating-Pool auch seine Vorzüge? Wenn man nicht dauernd denkt, da draußen wartet der noch tollere Lebensmensch, dann kann man sich ja auch darauf konzentrieren, die Beziehung mit dem anwesenden Menschen total toll zu machen. Oder?
Erzählt mal, bitte! Eure Mädchen
Die Antwort der lesbischen Mädchen:
Liebe Mädchen,
ich bin schon ein wenig begeistert von eurer süßen Rechnung. Allerdings lesen sich eure Fragen, als wären wir lesbischen Frauen verzweifelt auf der Suche nach Liebe. Ich kann da aber nur für mich sprechen. Ich bin es nicht. Liegt auch daran, dass ich für meine Freundin nach Leipzig gezogen bin. Bei uns beiden hat es sich eben einfach so ergeben – auch, weil ich dort ein Jobangebot hatte.
Aber: An eurer Dating-Pool-Theorie ist schon was dran. Hätte ich jetzt in Gummersbach (50.412 Einwohner) gewohnt, wäre ich als allererstes und mit ziemlicher Sicherheit in die nächst größere Stadt gezogen. Ja, vor allem, um eine Frau kennenzulernen. Für Sex. Oder für eine Beziehung.
Aber ganz ehrlich: Ihr solltet solche Themen nicht in Statistiken packen. Macht nämlich keinen Sinn. Es gibt einen viel größeren Dating-Pool, als ihr vielleicht denkt. Dazu gehe ich von meiner ganz persönlichen Statistik aus: Ich habe mit deutlich mehr heterosexuellen Frauen Sex gehabt, als mit lesbischen Frauen. Und ich habe auch mehr heterosexuelle und Bi-Frauen gedatet, als Lesben.
Da ich häufig in Bars unterwegs bin, die nicht für ihr homosexuelles Publikum bekannt sind, merke ich relativ schnell, ob mich jemand interessant findet. Oder wen ich gerne ansprechen würde. Man flirtet, man tanzt und am Ende geht man vielleicht gemeinsam nach Hause. Da stellt sich erst einmal nicht die Frage ob einer homo und der andere hetero ist. Man findet sich anziehend. Und dann passiert es.
Am nächsten Tag merkst du dann schon, ob du dein Gegenüber gerne noch einmal sehen möchtest. Oder es dich. Sei es auch nur für Sex. Geht man an diesem Abend nicht gemeinsam nach Hause, dann datet man sich vielleicht irgendwann noch mal.
Aber noch einmal kurz zu eurem Zahlenspiel: 2.250 Frauen sind doch völlig ausreichend! Mich persönlich stört auch die Sternzeichenfrage nicht. Und ich mag Taylor Swift, und zwar komplett unironisch. Und Tattoos. Und in der Nase bohren wir alle mal.
Eure lesbischen Mädchen