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Mädchen fragen Jungs: Wie wirkt Männerwerbung auf euch?
Die Mädchenfrage:
Liebe Jungs,
ihr seid vielleicht mal an dieser Werbung vorbeigelaufen, die derzeit in der Innenstadt Münchens hängt. Es ist eine Werbung für ein Kaufhaus. Ein Mann sitzt auf einem Motorrad und sieht sehr derb und männlich aus. Darunter steht: Männer suchen keine Jacken. Männer suchen das Abenteuer.
Saudämlich. Aber man kennt die Masche ja. Es gibt Werbung dieser Art ja auch immer wieder für Frauen. Das weibliche Pendant zu dieser Werbung wäre dann halt das umgekehrte Klischee: Frauen suchen nicht das Abenteuer. Frauen suchen Jacken. Obwohl es so oll ist, müssen wir uns immer wieder schrecklich aufregen, wenn uns sowas begegnet. Wir denken dann all diese Feminismus-Gedanken über Geschlechtergerechtigkeit, reflektieren über Normen und Bildmacht und billige Werbetricks und hohle Klischees - und sind am Ende ganz unglücklich darüber, dass ein solcher schubladendenkenfördernder Quatsch anscheinend im Mainstream immer noch so wahnsinnig gut zieht. Und sich daran vielleicht einfach nie etwas ändern wird.
Da können wir noch so tolle Ideale haben, Judith Butler lesen und uns schwören, unseren Kindern in spe niemals irgendwelche Geschlechterklischees anzuerziehen - am Ende wird unsere gefühlte Modernität immer nur verlachtes Nischenverhalten bleiben. Der Pulk will anscheinend was anderes. Der Pulk will rosa für die Frauen, blau für die Männer.
Wie denkt ihr darüber? An euch ist die zitierte Werbung immerhin gerichtet: Brummmm, Motorrad, Schlamm, Abenteuer, who needs jackets anyway? Mann ist der Mann! Spricht euch das an? Seht ihr das und denkt: Yo, ganz genau so. Oder denkt ihr (das hoffen wir): WTF? Oder ist es euch egal? Raus damit, erzählt uns von den Gefühlen und Gedanken, die solche antiquierten Werbekampagnen und Männlichkeitsbilder in euch hervorrufen.
Liebe Grüße,
das andere Geschlecht
Die Jungsantwort von Jakob Biazza:
Liebe Mädchen,
ich suche erst mal das Abenteuer, mache mich bei euch UND den männlichen Kollegen unbeliebt und sage: Klar spricht uns das an. Deshalb machen die das. Die Werber. Nennt es Fatalismus. Oder Selbstaufgabe. Mir egal. Ich glaube nämlich nicht an viel, aber ich glaube an die absolute, grausige Macht der Werbung und derer, die sie sich ausdenken.
Ich glaube, dass diese widerlichen Kreaturen genau so sind, wie Frédéric Beigbeder sie in „39,90“ beschreibt. Und ich glaube, dass die uns alles verkaufen können. Alles! Denkt an Furby, Bierhelme oder die Stoffe, die angeblich im Conditioner sind und Schäden an den Haaren auffüllen. Was ist dagegen schon eine Rindslederjacke für Männer?!
Das vorweg geschickt wirkt es vielleicht etwas weniger naiv, wenn ich im zweiten Schritt sage: Natürlich spricht uns das auch nicht an. Sätze, die der Welt erklären, was Männer wie warum machen, um echte Männer zu sein, haben für uns in etwa die Wahrhaftigkeit und Ästhetik von Sätzen, die mit „Ganz ehrlich“ oder „Ich habe ja nichts gegen Ausländer“ anfangen. Vordergründig. In den Arealen unseres Gehirns (sage ich jetzt mal; was weiß ich schon von Gehirnen ...), mit denen wir auch Bücher lesen, Diskussionen führen oder uns voll ironische Genderwitze über Judith Butler ausdenken. Aber in den Arealen drunter? Puh. Wer kann schon ermessen, was das da anrichtet?!
Was ich sagen will: Ja, wir halten das für Schubladenmüll mit einem kapitalen S. Aber ob unsere Reptilienhirnbereiche das auch wissen, da bin ich ein bisschen unsicher. Dieses Motorrad, die gute Frisur im Fahrtwind, Brumm und Schlamm – ich kann mir leider vorstellen, dass sich das schon irgendwo reinfrisst. Und von dort seltsame Signale sendet. Kernige, vollbärtige Signale. Schwer zu sagen, wer die hört. Schwer zu sagen auch, ob das Stereotype erschafft, unter denen wir irgendwann aktiv leiden.
Momentan hält sich die Pein für die meisten von uns halt in Grenzen. Und ich fürchte, das erklärt auch schon in großen Teilen, warum wir uns über all das nicht so schrecklich aufregen müssen wie ihr: Wir haben bei den Geschlechterklischees, die die Werbung bedient, eindeutig das bessere Los gezogen. Saufen, rauchen, erobern, Motorräder, Karren, Knarren – irgendwie macht das ja schon mehr Spaß als kleine Hündchen in großen Taschen rumtragen und Nagellackentferner. Man kann damit eher arbeiten und spielen. Kann es im Grundsatz ablehnen – und trotzdem im Stillen ein bisschen damit sympathisieren. So dumm und unfair das alles auch sein mag.
Und: Man darf ja auch nicht vergessen, wie weit wir seit den Fünfzigerjahren gekommen sind ...
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Und jetzt gehe ich shoppen. Es wird kalt in München. Da brauche ich eine warme Jacke. Weich und flauschig wäre schön. Leder aber halt auch.