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Jungs, wollt ihr später eine junge Freundin?

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Die Mädchenfrage

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Die Mädchenfrage zum Anhören wird präsentiert von Süddeutsche Zeitung Audio - dort gibt es auch weitere Fragen zum Anhören! Silvio Berlusconi ist 72, Ministerpräsident von Italien und offensichtlich der Meinung, dass weiter nichts dabei ist, wenn er den 18. Geburtstag eines ihm bekannten Mädchen aufsucht. Ron Wood, der von Alkohol- und Drogensucht gezeichnete „Rolling Stones“-Gitarrist ist auch schon jenseits der 60 und hat nach über 23 Jahren Ehe beschlossen, seine Frau Jo gegen ein bedeutend jüngeres Modell einzutauschen: Eine 20-jährige Kellnerin namens Ekaterina. Während nun Berlusconi offensichtlich so etwas wie Schamgefühl und Diskretion für sich entdeckt haben will und massiv gegen eine Veröffentlichung von Beweisbildern vorgeht, verlustieren sich Wood und seine junge Geliebte vor den Kameras der britischen Paparazzi. Ich finde das, was die Herren da tun, eklig. Männer, die sich mit Frauen abgeben, die so jung sind, dass sie ihre Enkelinnen sein könnten. Und die offensichtlich nichts dabei finden, ihre runzligen Körper an dem babyglatten der Frauen zu reiben. Die sich einen fünften Frühling herbeivögeln und dabei immer haarscharf am Herzinfarkt vorbeiröcheln. Und die – und das finde ich die vielleicht fast noch empörender – für dieses eitle Getue oft schnurstracks ihre langjährigen Ehefrauen verlassen. Und jetzt kommt also die Frage: Ihr seid zwar noch keine weltberühmten Gitarristen und auch keine italienischen Ministerpräsidenten. Ist es dennoch eine Zukunfts-Option für euch, im Alter noch einmal eine sehr junge Frau zu begehren und sie auch zu begatten? Sehnt ihr euch heimlich manchmal danach, in einigen Jahren eure langjährige Freundin gegen ein neues Modell jüngeren Jahrgangs einzutauschen? Die Falten und die Gewöhnung gegen Fremdheit und Aufregung einzutauschen? Oder sehen wir bei den beiden prominenten Beispielen nur, dass zu viel Ruhm und Geld und zu wenig Verstand und Menschlichkeit nun mal immer zu desaströsen Verbindungen führen? Könnt ihr uns dahingehend beruhigen? Die Jungsantwort steht drüben!

Die Jungsantwort

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Die Mädchenfrage zum Anhören wird präsentiert von Süddeutsche Zeitung Audio - dort gibt es auch weitere Fragen zum Anhören! Also erstmal nerven mich knackige Mädchen, die angesichts eines alten Mannes am liebsten das Wort „eklig“ im Munde führen. Alter Mann in der Sauna ist eklig, alter Mann beim Baden ist eklig, alter Mann der sich modisch anzieht ist irgendwie eklig und alter Mann der einem Mädchen zulächelt ist obereklig. Ich würde sagen, wir Jungs sind da etwas ästhetikliberaler und nicht ganz so empfindlich. Jedenfalls ereifern wir uns nicht sofort, sobald eine hängebusige, vollkommen verfaltete Oma das Dampfbad betritt oder sich sogar neben uns setzt. Natürlich ist man jung, egoistisch und hedonistisch und will nichts mit den Runzeltypen zu tun haben, sie sollen verschwinden und aus dem Licht treten, schon klar, aber ein bisschen mehr Verständnis für ihre pure Existenz darf man schon fordern. Ich finde die Vorstellung von Ron Wood beim Sex mit einer ganz jungen Frau auch seltsam, aber aus der Männerperspektive tatsächlich nicht überwiegend eklig. (Vielleicht weil ich mich in dieser Vorstellung eher als Wood sehe, denn als Mädchen). Ich verstehe eben nicht, warum das Mädchen das macht oder, um mit euch zu sprechen, das erträgt. Ist vielen eurer Geschlechtsgenossinnen die Sexualität und damit einhergehende Ekligkeit dann doch so viel egaler als Geld, Ruhm, Glamour oder was immer die Frauen in diesen Alters-Allianzen suchen? Ist ihnen das Körperliche und ihre schöne junge Haut Mittel zum Zweck? Irgendwie hält sich dann mein Mitleid in Grenzen. Groß ist das Mitleid für die verlassene Ehefrau, weil sie nichts dafür kann, dass Männer eben oft keine Männer sind, sondern fast zwei Meter große Penisse. Die andere Frage ist natürlich interessanter, denn sie betrifft uns, unsere eigenen Falten in dreißig Jahren – und die unserer Frauen, die jetzt jung und schön und dann eben alt und vielleicht nicht mehr ganz so schön sind. Das ist schon eine Frage, die wir heute an die Väter und Großväter hätten – altert das Begehren sozusagen mit? Findet man mit sechzig eine Sechzigjährige attraktiv, wie man mit 15 die anderen 15-jährigen attraktiv findet und mit 30 eben seine 29-jährige Partnerin? Filtert also das eigene Altern die Altersmakel der anderen heraus? Ich fürchte ja leider nicht. Rein begehrenstechnisch wird die 20-jährige Bikini-Schönheit doch immer unsere Ikone bleiben und das Einzige, was später gefiltert wird, ist die richtige Einschätzung unseres eigenen Alters. Wenn ein alter Mann eine Studentin im Bus anlächelt, dann vermutlich, weil er irgendwie noch mit der Illusion spazieren geht, er wäre äußerlich noch nicht vollkommen uninteressant. Das ist tragisch, denn natürlich findet die Studentin den Stelzbock in 99 Prozent aller Fälle eklig. Unser Problem ist es, mit dieser Einsicht irgendwann mal klarzukommen. Das fällt uns, würde ich sagen, schwerer als euch. Dass es für das unwiderrufbare Ausscheiden aus dem großen Flirtspiel noch kein Patentrezept gibt, sieht man an den Alterswerken berühmter Schriftsteller von Goethe bis Walser, in denen der ewige Reiz der Jugend gegen jede Vernunft gewinnt. Das alles hat nichts mit Liebe zu tun. Es geht um Sex und frisches Leben, die zusammen das Sterbenmüssen verschleiern. Es ist deswegen, um zur Frage zurückzukommen, für uns grundsätzlich begreifbar, wenn sich alte Männer junge Frauen suchen. Nicht ganz begreifbar ist, dass sie auch immer welche finden. fabian-fuchs

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