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Jungs, wie gut kennt ihr euren Körper?

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Was genau in diesem Moment in meinem linken Lungenflügel vor sich geht, weiß ich nicht. Auch nicht, aus wie vielen Knochen sich mein Skelett zusammensetzt. Trotzdem würde ich mir attestieren, meinen Körper ganz gut zu kennen – und in der Regel auf ihn zu hören: Ich kann einschätzen, welche Portionen ich essen kann, ohne mich vollgefressen zu fühlen. Wenn es mich fröstelt, dann weiß ich, dass mir in der Regel kein warmer Pullover, sondern bloß eine Mütze Schlaf fehlt. Gehe ich laufen, dann spüre ich, welche Distanz bei welchem Tempo ich mir noch leisten kann, ohne mir einen Muskelkater einzuhandeln. Einfach, weil ich meinen Körper beobachte und mir merke, was mir gut tut. Und was weniger.
 
 Das hat nichts mit den seit einiger Zeit modischen „Quantified Self“-Apps zu tun und ich denke da auch nicht groß drüber nach. Es ist eher eine Art natürlicher Impuls – und, wie mir scheint, typisch weiblich. Ich habe keine Freundin, die nach langen Nächten am nächsten Tag regelmäßig über ihren üblen Kater jammert. Denn in der Regel spüren wir, wie viel Unvernunft ohne Kopfschmerzen funktioniert und hören zwar nicht immer, aber doch meistens auf dieses Gefühl. Ihr dagegen hängt uns am Tag danach regelmäßig in den Ohren, dass ihr niemals wieder so viel Gin Tonic zu trinken und so viele Zigaretten zu rauchen gedenkt. Dieser Vorsatz hält in der Regel allerdings gerade mal bis zur nächsten langen Nacht. Außerdem habe ich fast jeden von euch schon mal eingegipst gesehen. Wirkt insgesamt nicht unbedingt so, als wüsstet ihr, wie viel ihr eurem Körper zumuten könnt.
 
Einige meiner Freundinnen hingegen schwören sogar, dass sie es fühlen, wenn sie ihren Eisprung haben. Vielleicht rührt unser Körperbewusstsein genau daher: dass man sich als Mädchen immer darüber bewusst ist, dass im eigenen Körper auch mal ein kleiner Mensch heranwachsen könnte, für den man dann die Verantwortung hat – ganz egal, wie weit weg das noch vom eigenen Leben ist.
 
Jungs, achtet ihr wirklich so wenig auf euren Körper, solange er halt einigermaßen funktioniert und ihr nicht auseinandergeht wie ein Hefeteig? Wie gut kennt ihr euren Körper? 

Auf der nächsten Seite: die Jungsantwort von jan-stremmel    


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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert



Eines vorweg, bevor die Kajakprofis und Zehnkämpfer empört den Kopf schütteln: Ja, es gibt sie, die Jungs, die ein Verhältnis zu ihrem Körper haben wie ein Mechatroniker zum Fahrwerk eines Porsche Cayman S. Diejenigen also, die genau wissen, welche Leistung sie wie abrufen können und mit welcher Stellschraube sich dieses oder jenes verbessern ließe. Sie sind aber, behaupte ich, eindeutig in der Minderheit.  

Bei den meisten von uns verhält es sich nämlich mit dem Körper doch eher so wie mit Mamas altem Passat Kombi: Nix zum Angeben wegen 14 PS und leichter Roststellen an der Heckklappe – aber dafür kaum störungsanfällig und immer da, wenn man ihn braucht. Und das ist für die ersten Anforderungen zwischen Fangsti auf dem Pausenhof und Hockeytraining am Dienstagnachmittag dann eigentlich schon genug.  

Wir haben also, würde ich sagen, seit jeher ein eher praktisches Verhältnis zu dem, was uns die Gene so mitgegeben haben. Selbst wenn das eigene Muskelgerüst leider keinen Felgaufschwung hergibt wie bei den Kerls im Leistungskurs Sport – das Ding hält schon irgendwie, kein Grund für irgendeine Art von Tuning oder gar größere Weichenumstellung, was den Lebenswandel angeht.  

Dann aber kommt er fast immer: der schmerzhafte Moment, in dem wir merken, verflixt, wir sind ja doch sterblich.  

Bei mir war das mit 21, als ich mich am ersten Tag der Skisaison ohne Aufwärmen über eine Schanze in der Größe der Cheopspyramide warf. Klar, hatte ich ja seit Jahren so gemacht, ging immer gut – diesmal aber krachte es gehörig in meinem Knie und es folgten sechs Wochen auf Krücken, eine OP, vier Monate Reha – und der Tipp eines Orthopäden, ab sofort mangels Meniskus auf Langlaufski umzusteigen.  

Wenn ich kurz nachdenke, hatte jeder meiner Freunde so einen Ikarus-Moment. Meist zwischen 20 und 25. Da rutscht zum ersten Mal die Bandscheibe, knirscht die Schulter oder fasert das Kreuzband. Diese Zäsur ist deshalb so prägnant, weil sie für uns schlagartig den Zweck des Sporttreibens an sich ändert: Statt zur kumpeligen Freizeitgestaltung dient der Sport nun plötzlich der schnöden Vorbeugung weiterer Wehwehchen. Vom Spaß wird die körperliche Ertüchtigung auf einmal zur Anlage für die Zukunft.  

In diesem Moment stellt sich dann auch normalerweise das ein, was bei euch vielleicht schon deutlich früher mit der ersten Menstruation kommt: Das aufmerksame Horchen auf unseren Körper, der nun ja doch so viele Kilometer auf dem Tacho hat, dass man hin und wieder mal den Ölstand prüfen sollte. Knarzt mein Knie heute beim Treppensteigen, weiß ich: Junge Junge, schon lange keine Kniebeugen mehr gemacht, was?  

Ach ja, weil du gefragt hast: Das alles hindert mich natürlich trotzdem nicht daran, in erschreckender Regelmäßigkeit mit einem fiebrigen Kater im Bett zu liegen. Aber hey: Bei meinem Skiunfall ist die Leber ja auch unbeschadet geblieben.

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