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Jungs, wie erfindet ihr euch neu?

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Es klingt nach dem Klischee aller Klischees – einen wahren Kern hat es dennoch: Wenn wir Mädchen Veränderung wollen, rennen wir zum Friseur oder in den Klamottenladen. Ich habe das oft an mir und anderen beobachtet. Es ist wohl so: Brauchen wir einen Bruch – sei es, weil wir erwachsener, rebellischer oder hipper werden wollen, weil eine Beziehung gescheitert ist, oder ein neuer Lebensabschnitt beginnt –, wollen wir auch ein Signal nach außen setzen. Und die veränderbaren Dinge, die man an einer Person wahrnimmt, sind nun mal in erster Linie Haare und Kleidung.

Die wahrscheinlich wagemutigste Veränderung, die ich an meinem Äußeren je vorgenommen habe, war, mir trotz Locken einen ziemlich kurzen Pony schneiden zu lassen. Entgegen aller Ratschläge von Freundinnen und Friseuren. Ich hatte meine aussagelose lange Mähne einfach satt. Müsste ich daraus Rückschlüsse auf meine Psyche ziehen, würde ich sagen, dass ich damals wohl ein bisschen mehr Stellung beziehen wollte, etwas mehr anecken. Eine Freundin, die mit etwa sechzehn eines Tages mit geblümten Kleidern, gestreiften Strumpfhosen  und Hornbrille herumlief (alles gleichzeitig), wollte, wie ich vermute, so ihr Streber-Image abstreifen. Eine andere Freundin ließ sich nach der Trennung von ihrem Freund ihr taillenlanges Haar zu einem Bob absäbeln.

Geschichten solcher Art könnte ich ewig weitererzählen.

Müsste ich allerdings etwas Ähnliches über einen Jungen erzählen, würde mir nichts einfallen. Ich habe noch nie Beobachtungen gemacht, die mir verraten würden, wie das bei euch abläuft mit den Neustarts. In der Oberstufe konnte ich schon bei einigen von euch eine schleichende Veränderung vom von-Mutti-ausgesuchte-Klamotten-tragenden Bubi zum hemdsärmeligen Charmeur erhaschen. Aber wie gesagt: schleichend. Etwas Radikales war, so weit ich mich erinnern kann, nicht dabei.  

Meine Mutmaßungen dazu wären: Erstens habt ihr selten ausreichend langes Haar um eine wirklich nennenswerte Veränderung zu erzeugen, zweitens lauft ihr Gefahr, über eine krasse Stilveränderung schnell ins Metrosexuelle abzugleiten.

Jungs, wie ist das denn nun bei euch? Seid ihr mangels Möglichkeiten dazu gezwungen, euren Wunsch nach einem sichtbaren Wechsel einfach nur mit euch selbst auszuklamüsern, oder gibt es da etwas, das sich übersehe?

Die Jungsantwort von jakob-biazza findest du auf der nächsten Seite.



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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert


Ha! Du fragst das jemanden, dessen Kopf einmal so aussah: Kurzrasierte, blondierte Seiten (ergab ein ziemlich bescheuertes Gelb) über denen viele kleine Zöpfe wackelten, die mit Pfeifenreinigern in Rastafarben verschlossen waren. Zöpfe! Pfeifenreiniger! In Rastafarben! Metrosexualität? Kinderfasching!  

Ich würde jetzt gerne ergänzen, dass die Frisur in eine Zeit fiel, in der ich mich auf Raves getummelt und mehr Ecstasy als Nahrung zu mir genommen habe. Die Zeit gab’s aber nicht. Was ich also genau zum Ausdruck bringen wollte, kann ich heute nicht mehr sagen. Meine damalige Geschichtslehrerin wurde allerdings derart wütend, dass sie mich so lange ausgefragt hat, bis sie mir mit der selbstgerechten Genugtuung eines Menschen, der sich selbst sehr ernst nimmt, eine Sechs eintragen konnte. Immerhin.  

Seither hat sich viel verändert. Auf und in meinem Kopf. Allerdings: fast immer langsam. Gemächlich. „Schleichend“, wie du es genannt hast. Bei uns ist es mit der Veränderung nämlich ganz grundsätzlich so: Sie muss lang gar nicht sein. So, wie es ist, ist es meistens ziemlich gut. Es sei denn, es ist irgendwann richtig schlecht. Dann, und wirklich erst dann, werden wir aktiv. Das gilt für fast alles und im Besonderen für unsere Wohnungen, unsere Beziehungen und unsere Haare. Ich gehe zum Beispiel immer erst zum Friseur, wenn alle anderen Möglichkeiten (außer Zusammenbinden) ausgeschöpft sind. Also höchstens dreimal im Jahr.

Wie erfinden wir uns also neu? Grundsätzlich am liebsten gar nicht. Wir finden uns meisten ganz okay. Gar nicht so sehr auf eine narzisstische Art, eher auf eine genügsam phlegmatische. Wir suchen keine Brüche, keinen radikalen Wandel. Schritt für Schritt ist schnell genug. Deshalb funktioniert es ja auch besser, wenn ihr Wohnungsrenovierungen mit ein paar Bildern startet, statt gleich ein Zimmer lila zu streichen. Brüche, gute wie schlechte, kommen, wenn sie kommen, eher von außen: Gescheiterte/Neue Beziehungen, Beförderung/Jobverlust, Kinder, der Bauch, der immer dicker wird.

Dann sind wir zunächst sehr froh über jede Konstante, die uns bleibt, auch und gerade unser Aussehen. Und erst im zweiten Schritt (eigentlich erst im dritten, weil wir dazwischen noch mit Freunden einen Trinken gehen) suchen wir etwas, mit dem wir uns und die Umstände ändern können. Für uns. Im Stillen. Das muss nicht nur nicht jeder sehen, es soll am liebsten niemand mitbekommen. Denn noch schlimmer als Veränderung ist für uns, Veränderung auch noch diskutieren zu müssen.

Text: Mariel-McLaughlin - und jakob-biazza

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